Jesuiten 2010-4

Dezember 2010/4 Jesuiten 23 einen Moment aufgehört,und der Geist konnte sich entspannen.Anstatt also ärgerlich zu werden,wenn beispielsweise der Bus nicht kommt,lässt sich das Rumsitzen an der Haltestelle auch als kleine Freiheit genießen.Zumal es durch schlechte Laune sowieso nicht zu ändern ist. Eine solche Unterbrechung kann auch zeigen,dass sich die Erde selbst dann weiterdreht,wenn nicht alles plangemäß verläuft. Normalerweise wird nicht sofort umgebracht, wer zu einerVerabredung zu spät kommt. Sich dies vor Augen zu führen, kann eine ungeheure Entlastung sein und Gelassenheit verleihen. Der außerplanmäßige Tag ist dann nicht schon von vornherein gestorben,sondern kann noch im besten Sinne außergewöhnlich werden.Vielleicht gerade durch die Gelassenheit, die den Verlust des eigenen Planes nicht so tragisch nimmt und die entstehenden Chancen nutzt. So wächst Vertrauen darauf, dass nicht alles zusammenbricht,nur weil eine Sache nicht klappt. Wem ungeplant Zeit geschenkt ist und wer sich darüber nicht ärgert,der ist auch fähig,in liebevoller Aufmerksamkeit die Menschen um sich herum wahrzunehmen.Das kann dazu führen,dass sie als das in den Blick kommen, was sie sind – individuelle Meisterwerke des göttlichenVaters. Durch den Zeitgewinn kann sich der innere Horizont öffnen und den Blick freigeben auf den Nächsten als Bruder und Schwester. Wenn wir den Gedanken zulassen,dass Gott uns tatsächlich einfach mal rumsitzen lässt. ■ René Pachmann SJ

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