Jesuiten 2010-4

Dezember 2010/4 Jesuiten 1 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, oft trennen wir: hier der Alltag mit seinen vielfach völlig profanen Aufgaben und seiner rationalen Weise zu funktionieren, mit seinen Zielen und mit seinen Zwängen – dort das religiöse Leben,das zweckfrei ist und schön, voller Sehnsucht und mit starken Gefühlen, bisweilen mühsam und trocken,dann wieder freudig und erfüllt. Der Titel dieses Heftes heißt nun aber „Heiliger Alltag“.Damit versucht er,das so oft Getrennte zu verbinden,ja zu verschmelzen.Wie können wir den Alltag heiligen? Wie kann das Heilige den Alltag durchdringen? Was hilft uns, mit unseren alltäglichen Freuden und Leiden in eine intensive Beziehung zu Gott zu gehen? Ich lade Sie ein zur Begegnung:mit einer Kleinen Schwester in Berlin,mit einem JesuitenBruder,der ganz früh aufsteht,mit einem heiligen Bruder,der vor 100 Jahren lebte,mit Ignatius und seinen Essensregeln,mit einer Ordensschwester in Bethlehem oder mit dem Missionsprokurator auf Reisen.Die verantwortlichen Redakteure René Pachmann SJ und Ansgar Wucherpfennig SJ haben Autorinnen und Autoren gewonnen,die Zeugnisse aus ihrem Glauben geben und anregen wollen,das Paradox des heiligen Alltags tiefer zu leben. Unsere Ordensprovinz wurde im vergangenen Jahr von den Missbrauchsskandalen erschüttert.Tief beschämt mussten wir eingestehen, dass Böses mitten unter uns waltet,meist verborgen und verdeckt,aber doch mit grausiger Wirkung.Einige unserer eigenen Mitbrüder sind schwer schuldig geworden.Ein schmerzhafter Prozess der Aufarbeitung,der Umkehr und der Versöhnung hat nun begonnen. Aufklärung,Hilfe für die Opfer,Genugtuung und Prävention sind entscheidende Elemente in diesem Prozess.Wir verbinden damit die Hoffnung, dass die Schatten der Vergangenheit weichen und dass dieses Böse in Zukunft, soweit irgend möglich,aus unserer Mitte verbannt bleibt. Von Ihnen,unseren Freunden,haben manche zu Recht mit Irritation reagiert.Andere haben uns immer wieder ihr Vertrauen ausgedrückt und uns auf dem oft schweren Weg der Aufklärung bestärkt.Für alle Solidarität und Unterstützung danken wir Ihnen von Herzen. Ich hoffe sehr, dass die Wahrheit und die Versöhnung uns allen helfen, neu zueinander zu finden und im Glauben an jenen Gott zu wachsen,der alles Böse überwindet und uns in seinen Frieden führen will. Von Herzen wünsche ich Ihnen eine besinnliche Adventszeit,ein frohes und friedvolles Weihnachtsfest und reichen Segen für das Jahr 2011! Stefan Kiechle SJ Provinzial

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