Jesuiten 2011-1

10 Jesuiten Schwerpunkt: Die Welt erforschen – Gott finden Schwerpunkt Physik Die Physik? Das ist die beste Weise, Gott in seiner Schöpfung zu loben! Ich hatte das große Glück,mich fast mein ganzes Leben lang mit der Schöpfung Gottes zu befassen.Und zwar einerseits in der Form der Physik und andererseits in der Auseinandersetzung mit Karl Rahner,der mich gelehrt hat, dass Theologie das Geheimnis Gottes betrachtet,und zwar sowohl als Natur als auch als Gnade.In der Physik war ich nicht eingeschränkt auf einen Bereich,also etwa auf das,was man gewöhnlich Atomphysik oder Kernphysik nennt.In gewissem Sinn musste ich noch nicht einmal zwischen Experimentalphysik oder theoretischer Physik wählen,sondern konnte mich im Institut Laue-Langevin (ILL) in Grenoble auf höchstem Niveau an vorderster Front der Forschung in allen diesen Gebieten schöpferisch betätigen.Ich hatte eine sehr wirksame Methode entwickelt,Neutronen zu polarisieren und damit eine neue Art Strahlung verfügbar zu machen.So konnte man in allen diesen Bereichen dieses neue Licht anwenden,um die Dinge dort anzuschauen.Deshalb war es mir in einem sehr weiten Bereich der Schöpfung möglich,neue Einsichten zu gewinnen,von der Biophysik bei der Untersuchung von Ribosomen bis zur Elementarteilchenphysik bei der Untersuchung des Zerfalls von Neutronen in Protonen,Gamma-Strahlen und Neutrinos. So konnte ich also in ganzer Bandbreite sehen, dass die Physik eigentlich die Buchstaben darstellt,mit denen die Schöpfung geschrieben ist. Selbst der Gipfelpunkt der ganzen Schöpfung, Jesus,der Mensch gewordene Gott,braucht z.B. für sein Gedächtnis die physikalische Tatsache, dass die Erinnerung dadurch geschieht,dass an den Enden der Gehirnzellen,an den Synapsen, elektrische Ladungen gespeichert werden.All das geschieht nach physikalischen Gesetzen. Aber gleichzeitig kann man dort,wo man es mit komplexen Dingen der Schöpfung zu tun hat,auch sehen,dass zwar die Buchstaben der Schöpfung die physikalischen Gesetze sind, aber schon die Wörter und erst recht die Sätze der Schöpfung ihren Sinn von woanders her bekommen. Ein Beispiel:Es ist die Eigenart des Menschen, mit seinem Gedächtnis größere Zeiträume zusammenschauen zu können.Damit ist er das Wesen,das in seinen freien Entscheidungen etwas aus sich machen muss,etwas,das sich lohnt, für alle Ewigkeit gespeichert zu werden.Er ist also ein Wesen, das nicht allein in der physikalischen Zeit lebt,in der jeder Moment vergehen muss,damit ein neuer Moment erscheinen kann.In der physikalischen Zeit ist nur eine Art von Gedächtnis möglich:Indem zum Beispiel das Licht im Weltall, um von einem Stern zu uns zu kommen,Milliarden von Jahren braucht,sehen wir in ihm das,was sich vor Milliarden Jahren ereignet hat.Wir sehen also im Sternenlicht eine Entwicklung von Milliarden von Jahren,aber eben doch ohne eine eigentliche Speicherung,die dem Gedächtnis des Menschen eigen ist.Im Gedächtnis des Menschen ist in jedem Augenblick gleichsam die ganze frühere Geschichte dieses Menschen enthalten.Es geht nichts vom Leben verloren. Jede entscheidende Handlung geschieht vielmehr mit allem,was der Mensch bisher aus sich mit oder gegen die Gnade Gottes gemacht hat. Seine Vergangenheit lässt er nicht hinter sich, sondern nimmt sie mit durch die Gegenwart hindurch in die Zukunft. Diese Eigenart des menschlichen Gedächtnisses beginnt sich schon im Lebendigen anzudeuten.So ist zum Beispiel die Pflanze ausgespannt zwischen dem,was sie ist,und dem,was sie sein soll – dem Samenkorn und dem entwickelten Baum mit seinen Jahresringen.Und der eigentliche Kern des Lebens ist die DNS-Dop-

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