16 Jesuiten Schwerpunkt: Die Welt erforschen – Gott finden Schwerpunkt Theologie Mein Ringen mit der Schöpfungstheologie Im Drei-Jahres-Rhythmus habe ich seit 1986 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt GeorgenVorlesungen und Seminare zur „Theologie der Schöpfung“ gehalten. Unter all den dogmatischen Traktaten, die mir in den 35 Jahren meiner Lehrtätigkeit übertragen wurden, war das Thema „Schöpfung“ für mich eindeutig die schwierigste Herausforderung.Allein schon die Fülle an Grundkenntnissen,die auf jeden Fall vermittelt werden mussten,kann einen ratlos machen:Der biblische Schöpfungsglaube und sein religionsgeschichtliches Umfeld,die lange kirchliche Glaubenstradition mit vielen komplizierten Themen (z.B. das TheodizeeProblem,die Lehre von der „Erbsünde“ u.a.), das Verhältnis zwischen Schöpfungsglauben und klassischer bzw.moderner Religionsphilosophie,der Einfluss der neueren naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auf den Schöpfungsglauben,die Fragestellung der modernen ökologischen Ethik usw.Von Semester zu Semester habe ich neue Schwerpunkte und Zugangsweisen gewählt,um das Ganze in eine übersichtliche Ordnung zu bringen.Und doch war ich am Ende nie richtig zufrieden mit demVorgetragenen. Die Schöpfungstheologie schien eine (jedenfalls von mir) nicht mehr zu vollendende Baustelle zu bleiben. Erst eine Anregung von Pater Norbert Lohfink SJ und seinem Kollegen Pater Georg Braulik OSB bescherte mir vor etwa zehn Jahren die rettende Inspiration,die mich motivierte, doch noch einmal kurz vor Toresschluss (sprich:Emeritierung) einen neuen Entwurf auszuarbeiten. Ostern:Der Lobgesang der Schöpfung Was war der Auslöser? Der Vorschlag der beiden Fachleute für Altes Testament und Liturgie klang überraschend,aber er ließ mich nicht mehr los:„Geh von der Osternachtliturgie aus und nimm sie als Portal zum eigentlichen Kern des christlichen Schöpfungsglaubens!“ Über zwanzig Jahre lang hatte ich bis dahin mit einer Spessart-Gemeinde die Osternacht in großem Stil gefeiert.Jetzt begann ich,sie auf einmal aus der Perspektive der Schöpfungstheologie ganz neu zu betrachten und zu reflektieren. Und in der Tat: die nächtliche oder morgendliche Feier der Auferstehung Jesu Christi vermag durch ihre reiche Symbolik sehr anschaulich das Tor zumVerstehen des ganzen Dramas der Geschichte Gottes mit seinerWelt zu öffnen – vom Anfang in Schöpfung und Sündenfall an, durch alle Höhen und Tiefen der Geschichte des Volkes Gottes hindurch über die entscheidende Wende zum Heil in Tod und Auferstehung Jesu bis hin schließlich zur Vollendung der Welt in der Auferstehung der Toten. Das alles holt die Osternachtfeier symbolisch-liturgisch in unsere Gegenwart hinein;die Mitfeiernden können mit allen Sinnen erfahren,wie sie mit hineingenommen werden in dieses auch heute noch rettende Handeln Gottes.Denn in verschiedenen Variationen bringt die Liturgie dieses „Festes der Feste“ immer von Neuem das eine zentrale Leitmotiv der bewegten Gottesgeschichte zum Klingen:den Lobgesang der Schöpfung für den rettenden Übergang von der Nacht zum Tag („Es werde Licht!“), von der Schuld zur Versöhnung („Oh selige Schuld!“), vom Tod zum Leben („Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“).
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