Jesuiten 2011-1

22 Jesuiten Geistlicher Impuls Geistlicher Impuls Gott ist da Gott ist da.Eigentlich etwas,was sich für einen religiösen Menschen wie eine Binsenweisheit anhört.Aber vielleicht trotzdem zu sehr reserviert für den Gebetshocker oder die Kirchenbank.Aber wie ist es beim Aldi an der Kasse? Dreizehn Leute vor mir und wieder versucht jemand,97 Cent einzeln abzuzählen. Gott ist da. Naja gut, aber davon wird das Warten ja nicht weniger lästig. Gott ist da. Jaja,schon verstanden,aber… Moment… Jetzt? Und hier? Wo ich doch gerade so eine miese Stimmung habe und mich so ungeistlich fühle wie es nur geht? Gott ist da. In der Fußgängerzone:Bei jedem einzelnen, den ich in der Menge sehe.Bei jedem,den ich vom Anschauen her schon längst irgendwo eingeordnet habe.Gott ist da. Im Zug:30 MinutenVerspätung und die Fahrgäste,ich selbst eingeschlossen,gehen mit ihrer Ungeduld sehr unterschiedlich um. Gott ist da.Bei dem,der gerade die Schaffnerin runterputzt,bei dem,der sich gerade am Laptop einen Film anguckt. Was bringt das? Dieses sich ständige Erinnern an Gottes Gegenwart? Macht es den Alltag erträglicher? Nicht unbedingt.Macht es mich zu einem besseren Menschen? Da müsste wohl schon mehr passieren.Wozu also? Eine neue Perspektive Wir brauchen Perspektive,weil uns ansonsten dieWelt zu eng wird.Wenn das einzige, woran wir unser Leben,unsere Mitmenschen,unseren Alltag messen,das ist,was wir sehen,dann wird es uns wirklich eng.Dann ist vielleicht auch manchmal die Vorstellung unerträglich, sich mit dem andern,der uns so auf die Nerven geht, die gleiche Welt teilen zu müssen. Dann scheint auch unser Leben,unsere Geduld,unsere Liebe so wenig und so begrenzt.Die Erinnerung daran,dass Gott da ist und dann auch irgendwann der Glaube, dass er nicht nur da ist,sondern für uns,für mich da ist,kann dem Leben eine weitere Perspektive verleihen.Nicht,dass dadurch alles relativiert wird,so nach dem Motto „Naja,vor Gott sind das ja alles kleine Fische“,sondern im Gegenteil,dass man dadurch Mut gewinnt, sich der Enge und Begrenztheit auszusetzen und darum die Dinge an sich heranlassen kann.Nicht,weil man damit eine bequeme Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag hat, sondern damit man sich auch im Alltag daran erinnert,dass man nicht allein ist. Gott ist froh,dass es uns gibt Gott ist da.Eine merkwürdige Zusage.Gerade dann,wenn man einübt,sich diesen kleinen Satz immer wieder in den gewöhnlichsten Momenten ins Gedächtnis zu rufen.Man hat ja eigentlich gar nichts davon.Es geschehen keine Wunder, die die kleinen Missge-

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