Jesuiten 2011-1

6 Jesuiten Schwerpunkt: Die Welt erforschen – Gott finden Schwerpunkt Impulse Pierre Teilhard de Chardin „Herr,da ich heute,ich Dein Priester,weder Brot nochWein noch Altar habe, will ich meine Hände über das All des Universums breiten und seine Unermesslichkeit zur Materie meines Opfers nehmen. Ist nicht der unendliche Kreis der Dinge die endgültige Hostie,die Du verwandeln willst? Ist nicht der überschäumende Schmelztiegel, darin sich die Tätigkeiten jeder lebendigen und kosmischen Substanz vermengen und sieden,der Schmerzenskelch,den Du zu heiligen wünschst? Es gibt eine Weise, die Welt zu betrachten,die uns in ihr nichts als eine Summe ungleichartiger oder feindlicher Elemente sehen lässt.Überall um uns her,so scheint es, unheilbareTrennung und angeborenerWiderstreit.Überall das Gemeine ins Kostbare gemischt – der Weizen Seite an Seite mit dem Unkraut.Überall Nutzlosigkeit,Ausschuss, Abraum...Du hast mir die Gabe verliehen, mein Gott,unter dieser Zusammenhanglosigkeit der Oberfläche die lebendige und tiefe Einheit zu fühlen,welche Deine Gnade erbarmungsvoll über unser verzweifeltes Vielerlei geworfen hat. Du hast mir die wesentliche Berufung der Welt enthüllt, sich zu einem Teil, der aus all ihrem Sein ausgewählt ist,in die Fülle Deines fleischgewordenen Wortes zu vollenden.“ Pierre Teilhard de Chardin SJ: Frühe Schriften. Freiburg/München 1968,251-252. Carlo Maria Martini Die jüdischen Schriftgelehrten erzählen davon, wie Abraham Gott kennengelernt haben könnte: Unter den verschiedenen Weisen,die sie erwägen,ist auch das poetische und romantische Bild eines Abraham,der in den Himmel blickt:Abraham schaut auf zu den Sternen und spürt,dass dort etwas mehr ist;es muss jemanden geben,der diese Dinge beherrscht,der sie in der Hand hat.Er spürt in sich eine tiefe Verehrung, eine Anbetung gegenüber jenem Geheimnis,das ihn ergreift. Und so kommt er allmählich zu jener natürlichen religiösen Erfahrung, die ihre Tiefe und ihren Reichtum hat;sie ist an die Natur und den Kosmos gebunden und wird fähig,aus dem Innersten heraus das Leben zu prägen. Aber auch diese Erfahrung ist zwiespältig; denn sie wurde durch eine persönlicheVertiefung erworben und ist daher begrenzt auf dieses Blickfeld,auf die Beziehung zwischen Gott und dem Kosmos.Das ist die Grenze der Glaubenserfahrung,ihr Hindernis,vielleicht sogar eine Verzerrung des Wortes Gottes. Sie führt dazu,dass man sich mit einer vagen Religiosität begnügt,die zwar vertrauensvoll ist,aber die aus sich selbst heraus beten will.Jeder von uns hat etwas davon in sich.Abraham wird zuletzt vom Wort Gottes bekehrt. Er versteht, dass Gott der Absolute ist,der ganz Andere, voller Licht und voller Anziehungskraft. Er erkennt den Gott,der in Freiheit spricht und handelt,der eingreift in sein Leben wie Er will, nicht wie er es sich vorstellt,nicht nach dem Maßstab des Kosmos,sondern in unvorhersehbarer Weise. Dieser Gott ist der NichtErforschbare,der Unerkannte. Carlo Maria Martini SJ: Abraham, der Weg eines Suchenden. München 1985, 33-35

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