Jesuiten 2011-2

12 Jesuiten Schwerpunkt: Liebe Schwerpunkt Elternliebe Auf dem Weg in den Urlaub hatten wir unsere Tochter zu ihrem ersten Studienort begleitet. Am nächsten Tag wollten wir ohne sie weiter fahren. Plötzlich spürten wir große Traurigkeit und hatten das Gefühl, unser Kind alleine zu lassen. Auf der Weiterfahrt saßen wir schweigend und gedankenversunken im Auto nebeneinander und fanden lange keineWorte.In großer Dichte erlebten wir, was uns seither immer wieder begegnet. Nahe neben der Freude über den eigenenWeg der Kinder liegen Sorgen und manchmal Ängste darüber, ob er ihnen gelingt und es ihnen dabei gut geht. Elternliebe heißt hier, uns die eigenen Wahrnehmungen mitzuteilen und gut zu prüfen, was wir weitergeben. Zwei Jahre später zog unser Sohn aus. Obwohl unsere Kinder immer wieder nach Hause kommen, waren wir als Eltern jetzt allein. Zunächst zögerlich und in kleinen Schritten lernen wir seither wieder mehr Eigenes zu entwickeln – jeder für sich und als Paar. Jetzt freuen wir uns, unsere Kinder in ihren eigenen vierWänden zu besuchen und entdecken sie neu. Der veränderte Kontakt ermutigt, mit der eigenen Unsicherheit umzugehen und die Kinder in ihre Freiheit zu entlassen. Das eigentümliche Pendeln zwischen eigenen Bedürfnissen und den weiter bestehenden Anfragen an das Elternsein holt uns im Alltag wieder ein. Trotz zunehmender Eigenständigkeit sind wir nach wie vor mit „Rat undTat“ gefragt und schaffen Raum für Geborgenheit. Ein liebendes und oftmals schmerzliches Loslassen gelingt uns im Glauben daran, dass jeder in seiner Einzigartigkeit gerufen ist, die er zunehmend in Freiheit für sich selbst beantworten muss und dabei von Gott geführt wird. Burkhard und Eva Betz Hirtenliebe Im Noviziat träumte ich von meinen Einsätzen als Jesuit. Nur zwei Aufgaben wollte ich nicht: Jugend- und Pfarrarbeit. Und was habe ich unter meinen 40 Priesterjahren in Schweden gemacht? Jugend- und Pfarrarbeit! Ich bin dankbar dafür. So sinnvolle Aufgaben, so bereichernde Beziehungen, so viel Freude! Im NeuenTestament wird Kirche meistens mit vier Worten gekennzeichnet: Gottesdienst (leiturgia), Gemeinschaft (koinonia), Hilfe (diakonia) und Zeugnis (martyria). Das bedeutet für die Citypfarrei St. Eugenia in Stockholm ein Mosaik von verschiedensten Aufgaben. Priorität hat das Gotteslob. Danach kommen die Menschen: eine multikulturelle Gemeinschaft zu bilden aus den 80 Nationen, sich um Bedürftige in der Stadt und weltweit zu kümmern und in unserer entchristlichten Gesellschaft ein Schaufenster von Kirche zu sein. St. Eugenia liegt am Kungsträdgården, dem vermutlich zentralsten Platz in Schweden,was eine einzigartige Chance darstellt. Mit dieser Aufgabe muss ich das große Wort „Liebe“ ausbuchstabieren in viele kleine Worte: mitfühlen und mitleiden, respektvoll zuhören, meine Zeit verschenken, vertrauensvoll delegieren, geduldig erklären, bessere Auffassungen akzeptieren, zielgerecht arbeiten, Problemen nicht ausweichen, ermuntern und loben usw. Als Pfarrer muss ich wie ein Jongleur ständig mehrere Bälle in der Luft haben. Das Seelsorgsgespräch und das Planen von Visionen und vieles andere lösen einander ab.Ich bin „kyrkoherde“, Kirchen-Hirte, wie man auf Schwedisch sagt: Das bezeichnet eine verantwortliche Aufgabe, obwohl ich nicht mehr als ein Assistent für den Guten Hirten sein kann. Klaus Dietz SJ

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