Jesuiten 2011-2

14 Jesuiten Schwerpunkt: Liebe Schwerpunkt Der Missbrauch des Eros Es waren die Theorien und die Praktiker der Reformpädagogik, die in ihren Konzeptionen und Strukturen den ursprünglich auf Platon zurückgehenden Begriff des „pädagogischen Eros“ im 20. Jahrhundert wieder in den Vordergrund rückten. Beschrieben wird damit eine innere Haltung des Erwachsenen, in der er sich dem Jugendlichen frei von Eigennutz und zum Ziel seiner Bildung zuwendet. Dann wurden im letzten Jahr Fälle sexuellen Missbrauchs gerade auch in reformpädagogisch orientierten Schulen bekannt, also dort, wo Verantwortliche gerne und häufig vom „pädagogischen Eros“ redeten und Ästhetik und Körperlichkeit eine besondere Bedeutung hatten. Plötzlich drängte sich der Verdacht auf, dass hier eine gegenüber dem Ursprung verfälschte Deutung des Begriffs als Legitimation für Missbrauch und Gewalt benutzt wurde. Es erscheint mir nicht alsVerlust für die Pädagogik und für das erzieherische Handeln, wenn der Begriff nun in der Folge aus der Diskussion verschwindet. Zu diffus ist schon in den griechischen Anfängen die Abgrenzung zu Pädophilie und Päderastie, zu leicht führen heutige Assoziationen beim Stichwort „Eros“ auf gefährliche Irrwege.Vor allem für asymmetrische und deshalb besonders heikle Beziehungen sind solche Unklarheiten Gift. Alle Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden und grundsätzlich zwischen Erwachsenen und Kindern müssen in ihren Motiven klar und reflektiert sein. Das gilt auf jeden Fall für den beteiligten Erwachsenen, der in einer solchen Situation immer eine besondereVerantwortung trägt. Liebe zum Kind Schwierig und riskant, aber für mich persönlich unverzichtbar bleibt hingegen die Rede von der „Liebe zum Kind“, auch im Raum außerhalb der Familie: Schwierig und riskant, weil sie so leicht verwechselbar ist.Angebliche Liebe zum Zögling wird angeführt und ist doch nur einVorwand für brutalste Egoismen. Dabei ist Liebe doch gerade das Bemühen um das Gegenteil aller Egoismen. Eigentlich meint Liebe zum Kind die entschiedene Haltung, jede Manipulation zu vermeiden: Bei allem Hoffen, Bangen und Mühen darf sich das Kind und der Jugendliche nach eigenem Willen entwickeln und ist nicht dazu da, meine Erwartungen oder Bedürfnisse zu erfüllen. In der Liebe des Schöpfers zum Geschöpf kann Erziehung dafür ein Modell finden. Und ebenso kann gelingende christliche Erziehung ein glaubwürdiges Zeugnis sein für den liebevollen Respekt, den der Schöpfer seinem Geschöpf entgegenbringt. Axel Bödefeld SJ

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