Jesuiten 2011-2

Juni 2011/2 Jesuiten 15 Schwerpunkt Feindesliebe Liebe kann zärtlich und romantisch sein.Aber die Liebe, die uns das Evangelium vorlegt, ist es nicht immer. Sie kann schmutzig und blutig sein, wie der Körper dessen, den der barmherzige Samariter am Wegrand aufliest. Sie ist Kräfte zehrend, wie das Aushalten des Mitchristen in der Gemeinschaft, an dem einem fast alles gegen den Strich geht. Sie ist widersinnig, wie die Vergebung für den, der einem die Pistole an die Schläfe setzt, um das Leben zu nehmen. Es ist die Trias von Nächstenliebe zum Bedürftigen, Geschwisterliebe zum Mitchristen und Feindesliebe zum Mörder. Drei ganz verschiedene Formen der Liebe, die uns das Evangelium lehrt. Und doch hängen sie im Tiefsten zusammen, weil sie auf dem Vertrauen zu Gottes Liebe in uns aufbauen. „Von Göttern und Menschen“ war 2010 der erfolgreichste Film in den französischen Kinos, er lief auch in Deutschland. Er versucht die Geschichte der sieben Mönche einesTrappistenklosters in Algerien zu erzählen, die 1996 mutmaßlich von islamistischen Gruppen entführt und ermordet wurden. Der ruhige, fast stille Film kann ahnen lassen, dass und wie die drei Formen der Liebe zusammenhängen. Nächstenliebe war für die Mönche, einem Volk treu zu bleiben, das von vielen mit Verachtung belegt worden war. Auch das ist eine Form, sich als Nächster dessen zu erweisen, der unter die Räuber geraten ist. In einem letzten Brief dankt der Trappistenprior Gott, „und auch Du bist eingeschlossen, Freund meines letzten Augenblicks, der Du nicht weißt, was Du tust!“ – Feindesliebe. Fähig zur Liebe werden die sieben aber in dem treuen Miteinander geschwisterlicher Liebe in einer betenden Gemeinschaft. Martin Löwenstein SJ

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