Jesuiten 2011-3

September 2011/3 Jesuiten 1 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an. Mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran. Mit 66 Jahren, da kommt man erst in Schuss. Mit 66 Jahren, ist noch lang noch nicht Schluss.“ Dieses Lied von Udo Jürgens aus dem Jahr 1978 wurde zu einem seiner größten Hits. Sein Erfolg über Jahrzehnte hinweg ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass die Aussagen dieses Lieds eine Sehnsucht vieler Menschen berühren: Im Alter sich eben nicht zur Ruhe setzen zu müssen, sondern noch einmal richtig aufleben zu können. Werde ich mir dann endlich meineTräume erfüllen können, wenn ich nicht mehr jeden Tag zur Arbeit gehen muss? Der Ruhestand ist in unseren Breiten mit der zunehmenden durchschnittlichen Lebenserwartung zu einer eigenen, oft durchaus langen Lebensperiode geworden, die wir gestalten können und gestalten müssen. Vielleicht berührt dieses Lied aber auch eine verdeckte Sorge:Wie werde ich mein Leben empfinden, wenn ich alt werde, nicht mehr so mobil bin, wenn ich sogar auf Hilfe angewiesen bin? Können wir dem Altwerden aber auch als Hingehen auf das Sterben ins Auge blicken? Unsere Kultur hat sich hierin gravierend gewandelt. Bis vor noch nicht allzu langer Zeit wollten viele gläubige Christen sich gut auf den Tod vorbereiten können. Denn nur so konnte man sein Leben wirklich getröstet in Gottes Hand legen. Dazu gehörte, sich in der Hoffnung auf Auferstehung von seinen Angehörigen zu verabschieden und sie um ihr Gebet zu bitten. Besonders aber wollte man nicht aus der Welt scheiden, ohne sich in der Beichte mit Gott versöhnt, ein letztes Mal die Heilige Kommunion und die Krankensalbung als Stärkung für den letzten Weg empfangen zu haben. Heute dagegen ist der größte Wunsch vieler Menschen, möglichst unbemerkt zu verscheiden, ohne eine lange Zeit des Leidens, ohne anderen Menschen zur Last zu fallen, ohne nur mehr von Maschinen am Leben gehalten zu werden. Doch haben die Fortschritte der modernen Medizin unser langes Leben überhaupt erst möglich gemacht. Altern geschieht aber überhaupt nicht nur am Lebensende! Unser gesamtes Leben ist vom Älterwerden geprägt. Junge Menschen wollen älter und damit reifer werden. So ist Altwerden auch von inneren und äußeren Absetzungsbewegungen und Auseinandersetzungen geprägt: Es ist herausfordernd – und kann doch so gelebt werden, dass man einfach im Jetzt lebt. Wie kann ein christlicher Zugang zu diesen vitalen Fragen heute aussehen? Wie können Christen ihr Altwerden gestalten?Welche geistlichen Haltungen helfen dabei? Mit diesen und vielen anderen interessanten Fragen rund um das Thema „Altwerden“ haben sich die Autoren dieser Ausgabe persönlich beschäftigt. In ihren Artikeln und kurzen pointierten Statements geben sie uns Einblick davon und hoffen, auch Ihnen damit Anregungen zum Weiterdenken zu geben – seien Sie jung oder schon in reiferen Jahren, denn betreffen wird es uns alle! Einen Einblick ins Altwerden anderer Art bieten die ausdrucksstarken Portraits alter Menschen. Wir danken Clärchen und Hermann Baus,die uns ihre Photographien für dieses Magazin überlassen haben, und freuen uns, damit ein Bildprogramm gestalten zu können, das den Blick zentriert auf das Geheimnis unseres von Gott geschaffenen Lebens. Eine gute Lektüre wünschen Ihnen Bernhard Knorn SJ Tobias Zimmermann SJ

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