Jesuiten 2011-3

6 Jesuiten Schwerpunkt: Altwerden Schwerpunkt Altert die Kirche? Das ist eine merkwürdige Frage – ich stolpere über sie. Bekommt die Kirche Falten, Osteoporose, Abnutzungserscheinungen aller Art – eben wie alternde Menschen? Setzt sie Moos an, wie die alte Burg bei dem Ort, wo ich aufgewachsen bin? Oder entwickelt sie tiefe Wurzeln und blüht immer wieder, wie der (angeblich) 1000-jährige Rosenstock in Hildesheim? Aber das sind nur Bilder, um mich ein wenig dem Thema anzunähern. Neuer Ansatz: Ist die Kirche in die Jahre gekommen – und das hat ja auch mit Altern zu tun –, wenn die meisten leitenden Personen über 60, 70 oder 80 Jahre alt sind (wie auch die meisten Gemeindeglieder)?Wenn sie übervorsichtig, ängstlich wird, nur die Ordnung im Sinn hat – gut ist, was früher war? Wenn manches an die Frau von Lot erinnert, die zurückblickt und zur Salzsäule erstarrt? Hütet sie nur noch die Asche, wie ein Freund spontan meinte? Ich rufe mich zur Ordnung: Es gibt doch gottesdienstliche Gemeinschaften, Gruppen, die leben, Menschen, die glauben, die ihren Glauben leben in der Welt. Und überhaupt: Mein Bild von der Kirche als einer göttlichen Gründung durch Gottes Sohn in der Welt – nicht von der Welt –, der Gemeinschaft der Heiligen, derer, die schon da waren, gegangen sind, derer, die jetzt da sind und derer, die kommen werden … ER hat zugesagt, bei ihnen, bei uns zu bleiben, bis zum Ende der Welt – da steckt ja der Zeitaspekt drin, und zwar als eine Zusage gewissermaßen für „alle Zeit“! In der Zeit zu stehen, ist für die Lebenden das „Normale“ – darin zu arbeiten, den Glauben zu leben. Damit ist auch das Altern des Einzelnen – er ist ein Mensch – normal. Er sitzt damit auf der „Zeitschiene“ – aber da darf die Kirche als Stiftung Gottes und zugleich als ständigesWerk der Menschen nicht ihren einzigen Sitz haben. Ihr Ort ist die Erde – aber ihr Geist kommt von Gott, und da hört die schlichte Zeit auf. Da stecken Potenzen, Gaben, Fähigkeiten, Aufgaben drin, die über einfach Humanes, Vitales, Zeitliches qualitativ hinausgehen. Die Kirche darf das nicht vergessen – sie darf diesen Geist nicht vergessen, nicht verlieren oder Aus dem Kleinen leben Die Rückschau auf das Leben kann einen ins Grübeln bringen:Welche Bedeutung hatte es eigentlich? Es lief doch alles so alltäglich und gewöhnlich ab.Was habe ich denn schon bewegt? Doch sollten wir uns nicht irre machen lassen.Auch das Kleine, Alltägliche hat im menschlichen Zusammensein Wirkungen entfaltet, die anderen von Nutzen waren; und wenn auch noch so gering. Doch vom Kleinen leben wir. Ich kann dankbar sein, was Gott in seiner Güte durch unser Dasein in der Welt möglich macht. Jesu Abschiedsreden (Joh 1417) zu meditieren schenkt Zuversicht und vor allem Vertrauen, dass letztlich alles, aber auch alles gut ausgeht, dank der Liebe Gottes zu uns. Paul Greif SJ, Frankfurt

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