Jesuiten 2012-1

14 Jesuiten Schwerpunkt: Entweltlichung – Verweltlichung Schwerpunkt Gott zwischen den Kochtöpfen finden Lange Jahre stand in meiner Nähe die Spruchkarte „Gott ist auch zwischen den Kochtöpfen zu finden“ – ein Zitat aus den Schriften der großen Theresa von Avila (1515-1582). Sicher, es gehört auch zu einem Jesuiten, dass er sich zwischen Kochtöpfen zurechtfindet und mit ihnen vielleicht so umgehen kann, dass andere sich über ein gutes Essen, je nach Talent zubereitet, freuen können und damit sogar zu einer Ahnung von Gott und der Schönheit seiner Schöpfung finden können. Doch der Satz geht tiefer. Er offenbart eine Lebens- und Glaubenshaltung, die mit einer Spiritualität zu tun hat, die Alltag und Fest verbindet, die Glaube und Welt in Zusammenhang bringt, die die Menschwerdung Gottes ernst nimmt und konkret macht. Der Satz bringt zum Ausdruck, dass ich Gott bei allem, was ich tue, auf die Spur kommen kann, wenn ich es in einer bestimmten Weise tue. Oder von ihm her gesprochen: dass Gott mir und meiner Sehnsucht nach Sinn und Heilung, nach Glück und Vollendung auf die Spur kommen kann, wenn ich mich für ihn und seine Welt öffne, ganz gleich, wo ich stehe, ob bei den Kochtöpfen oder vor Schülerinnen und Schülern, ob bei der Pflege von Kranken oder beim Suchen nach einer neuen Vision für ein Projekt, das ich beginnen soll. Doch worauf kommt es an, welche Weise des Tuns ist gemeint? Welche Haltung tut Not? Ignatius schreibt einmal: „Nicht das Vielwissen sättigt die Seele, sondern dasVerkosten der Dinge von Innen her.“ Anders gesagt: Nicht das Ansammeln von Wissen, nicht das immer mehr und immer anders, nicht die Quantitäten führen uns zur Erfüllung, zum Ankommen beim Wesentlichen, bei uns selbst und bei Gott, sondern dasVerweilen undVerstehen des Einzelnen, die Suche nach seiner Mitte und das, was hinter ihm steht und was es im Innersten trägt. Es geht um Schauen, Schmecken und Verkosten, es geht um Begegnung und Beziehung, es geht darum, den zu entdecken, der allem Dasein gibt, Wachstum und Werden. Und das Glück des Menschen zeigt sich in der Erfahrung, beim Wachsen und Werden, das jedem menschlichen Dasein aufgegeben ist, mitwirken zu dürfen. Mitzuwirken in der Haltung der achtsamen Hingabe, mit Herz undVerstand und dem Bewusstsein, darin mit IHM verbunden zu sein und dem zu dienen, der der Grund von allem ist: Gott. Und diese Welt ist der Ort, wo nach Gottes Wille und Menschwerdung Himmel und Erde sich berühren, wo Gott Wohnung genommen hat, damit wir IHN und ER uns findet. Auch wenn Seine Welt nicht einfach von unserer Welt ist. Vielmehr soll unsere Welt immer mehr von Seiner Welt werden. Deshalb dürfen wir auch bitten, wie es Hanns Dieter Hüsch einmal formulierte: „Er möge von seiner Heiterkeit ein Quentchen in uns hineinpflanzen, auf dass sie bei uns wachse, blühe und gedeihe, und wir unseren Alltag leichter bestehen… Wir bitten ihn um seinen Trost, um seine Hilfe, um seinen Verstand und um seine Gnade. Und darum, dass der Hass die Welt verlasse und die Liebe in allen Menschen wohne, um uns von Gottes Zukunft zu erzählen.“ Ja, unsere Welt werde immer mehr von Seiner Welt. Deshalb ist ER Mensch geworden, deshalb ist „ER auch zwischen den Kochtöpfen zu finden.“ Und wer sich auf die vielen „Kochtöpfe“ einlässt, steht in einer guten Tradition von Mystik und handfestem Glauben und er weiß Theresa von Avila, Ignatius von Loyola und manch andere an seiner Seite. Joachim Gimbler SJ

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