Jesuiten 2012-1

30 Jesuiten Vorgestellt Vorgestellt Was hat sich an unseren Schulen getan? Prävention gegen sexualisierte Gewalt „Inzwischen müsstet ihr es doch überstanden haben.“ „Merkt man noch etwas von den Ereignissen?“ „Sind die Anmeldezahlen zurückgegangen?“ So oder ähnlich werde ich immer wieder angesprochen von Schulleitungskollegen, von Bekannten oder auch von Unbeteiligten, die das Öffentlichwerden sexualisierter Gewalt und das Sprechen der Opfer an unserer und anderen Schulen verfolgt haben. Und die Versuchung ist groß, einfach mit einem „Ja, Gott sei Dank“ oder „Nein“ und nochmals „Nein“ zu antworten und innerlich das beschämende Kapitel der Geschichte der Schule abzuschließen. Natürlich mit der zynischen Konsequenz, das Erschrecken über die Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen zu verdrängen und mit ihr den Skandal, dass das Schweigekartell kirchlicher Institutionen die Opfer mundtot machen konnte und die Täter einfach an einen anderen Ort verschoben wurden.Aber nicht nur unsereVerantwortung für die Opfer derVergangenheit,sondern auch unsere Verantwortung für unsere heutigen und künftigen Schülerinnen und Schüler verbieten kategorisch solche Versuchungen. Stattdessen bemühen wir uns, fünf Schritte in Richtung Prävention zu gehen. 1. Sich dem Thema „sexualisierte Gewalt“ stellen Das Nicht-Sehen-Wollen von sexualisierter Gewalt oder auch das Nichtbeachten der Opfer hatte einen wichtigen Grund: Für die meisten der Schulangehörigen war es unvorstellbar,ja so angstauslösend, dass sich ein Priester oder Mitbruder, eine Lehrerin oder ein Mitschüler an Schülern vergreift; dass die Kinder und Jugendlichen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben, möglicherweise Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind – egal ob in der Schule,im familiären Umfeld oder im Freizeitbereich. Die Schulen und ihre Kollegien werden nun unerbittlich mit dem Faktum konfrontiert, dass ehemalige Schüler sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren. Sie müssen nun schmerzhaft lernen, dass auch heutige Schülerinnen und Schüler in ihrer körperlichen und psychischen Unversehrtheit bedroht sein können. Sie müssen lernen, dass in Institutionen, die unweigerlich durch komplizierteAbhängigkeitsverhältnisse geprägt sind, offensiv einer strukturellen Gefährdung begegnet werden muss. Und sie müssen lernen, dass damit auch der vertraute Umgang mit Nähe und Distanz zu Schülerinnen und Schülern immer wieder der Reflexion bedarf. Es ist für das Kollegium einer Schule nicht einfach, sich überhaupt desThemas anzunehmen und eigene Wege zu entwickeln. 2. Hilfe von außen holen und zulassen Sexualisierte Gewalt ist bislang bedauerlicherweise kein Thema der Lehrerausbildung. Folglich sind Schulen auf das Wissen und die Kompetenzen von externen Experten angewiesen, um auf diesem Feld sprach- und handlungsfähig zu werden. Altersangemessene Präventionsver-

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