Jesuiten 2012-1

Schwerpunkt Zwischen Verweltlichung und Entweltlichung Über die Mühe, auf einer schiefen Ebene aufwärts zu gehen Es beginnt mit zwei Reizwörtern. Das eine ist Verweltlichung. Darunter verstehe ich eine Art von Verwahrlosung, in die der Christ und die Gemeinschaft der Christen geraten können, wenn sie der Welt die Regie über ihr Leben überlassen. Das andere ist Entweltlichung. Darunter verstehe ich eine Art Reinigung, wenn nämlich der Christ oder die Gemeinschaft der Christen tatsächlich verwahrlost sind und wieder rein werden sollen. Doch was heißtWelt? Und was hat das alles mit dem Bild von der schiefen Ebene zu tun? Die Welt – eine Bühne mit schiefer Ebene. Für dieAntwort greife ich zurück auf eineVorstellung aus dem Exerzitienbuch des Ignatius von Loyola. Die Betrachtung über die Menschwerdung (EB 101) beschreibt die Weltanschauung des dreifaltigen Gottes. Gott blickt auf dieWelt wie auf eine Bühne, die in Schieflage geraten ist. Dort auf dem Erdenrund sieht er die bunte Vielfalt der Menschen. Er hört, was sie reden, und sieht, was sie tun. Sie könnten ein schönes Leben haben; aber sie tun sich viel Böses an, so dass ihnen das Leben immer wieder zur Hölle wird.Wie auf einer schiefen Ebene gleiten alle dem Tod entgegen, auf Nimmerwiedersehen. Welt und Menschheit sind schwer beschädigt. Der dreifaltige Gott entschließt sich jedoch zu handeln. In seinen Augen sind und bleiben die Menschheit und jeder einzelne Mensch gut und wertvoll. Er sinnt auf Rettung, und was er im Sinn hat, wird augenblicklich Tat: Er wirkt die Menschwerdung. In Jesus Christus betritt Gott selbst die schiefe Bühne der Welt und setzt sich dem aus, was die Menschen in den Abgrund zieht. Wie Mose und die Propheten warnt Jesus das Volk Israel – und damit uns alle – vor dem Abgrund. „Bleibt auf dem Weg Gottes! Weicht nicht von ihm ab! Geht unbeirrt aufwärts! Die Mühe lohnt sich!“ Jesus warnt, aber er erklärt auch, und er erklärt nicht nur, sondern er geht auch selbst denWeg bergauf, und er geht nicht allein, sondern mit uns. Dabei erfährt er Widerspruch: „Du bist auf dem falschenWeg! Du bist ein falscher Führer!“ Nach den Regeln der schiefen Welt wird er beseitigt. Er fällt in den Abgrund des Todes. Dort aber ändert er die Verhältnisse: Er schenkt den Toten aller Zeiten das Leben. In Jesus Christus rettet Gott rückwirkend. Mehr noch: In diesem Augenblick hebt Gott in Jesus Christus die Welt aus ihrer Schieflage wieder in die Waagerechte. Den Erfolg werden wir sehen, wenn er als Richter wiederkommt. Denn er ist ein Richter, der nicht nur urteilt und verurteilt, sondern das Schiefe wieder gerade richtet. Man muss nicht mit den Augen Gottes auf die Welt schauen, um festzustellen, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung ist. Warum kommen Adam und Eva noch immer nicht miteinander zurecht? Warum erschlägt Kain noch immer den Abel? Warum reden Leib und Seele so oft aneinander vorbei? Warum stehen sich Denken und Glauben so fremd und oft feindselig gegenüber?Warum vertragen sichWir und Ich so schlecht? Warum werden die einen zu Tä4 Jesuiten Schwerpunkt: Entweltlichung – Verweltlichung

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