Juni 2012/2 Jesuiten 15 Schwerpunkt Wie das Geld die Bildung verändert Von der Wirtschaft lernen heißt siegen lernen. Solche Slogans inspirierten die Politik in den vergangenen 15 Jahren, eine Hochschulreform in Gang zu setzen, die nicht primär von pädagogischen oder wissenschaftlichen Zielen geleitet war, sondern von der Vision, dass Universitäten dann am besten ihre gesellschaftliche Aufgabe erfüllen, wenn sie wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden. In diesem Zusammenhang wurde ein Bündel von Maßnahmen umgesetzt: • Leistungsbezogene Bezahlung der Professoren. •Permanente Evaluation von Lehre, Forschung und Dienstleistungen mit dem Ziel einer nachhaltigen Qualitätskontrolle. •Umstellung der Forschungsförderung auf antragsbasierte Projektförderung. •Abbau dauerhafter Planstellen zugunsten drittmittelfinanzierter Projektstellen. •Relativierung der universitären Selbstverwaltung zugunsten der Kontrolle durch extern besetzte Hochschulräte. Die direkten Zuweisungen der Länder an die Hochschulen steigen bis heute nicht linear mit den Studierendenzahlen. Die Regierungen lassen die Hochschulen trotzdem nicht im Regen stehen. Für die Forschung ist ein sattes Geldpolster vorhanden, das für erfolgreiche Einrichtungen jederzeit abrufbar ist. Kurz und ohne Übertreibung: Das Geld für Forschung „liegt auf der Straße“. Wissenschaftler müssen sich jedoch der Mühe unterziehen, ihre Projektideen in die Form respektabler Anträge zu bringen, damit sie von den anonym mitlesenden „peers“ ihres Fachs akzeptiert werden. Professoren klagen weniger über die Mechanismen der Forschungsförderung als über den Druck in Folge des permanenten Evaluiertwerdens. Beim Kollegenranking zählen oft nur messbare Kennzahlen (Summe der eingeworbenen Drittmittel, Zahl der Publikationen, Zahl der Studienabschlüsse). An dieser Stelle rächt sich, dass die Steuerung einer Hochschule den Betriebswirten überlassen wird. Wie nehmen die vom Orden getragenen Hochschulen an den Veränderungen hin zu mehr Marktorientierung teil? Wir möchten an der Idee einer sich selbstverwaltenden Hochschule, die allen Gruppen, auch den Studierenden, Mitspracherechte einräumt, festhalten. Ich kann dem Gedanken eines extern besetzten Aufsichtsrats, der die strategischen Grundlinien vorgibt und jederzeit in das operative Geschäft eingreifen kann, nichts abgewinnen. Mir ist aber bewusst, dass sich unsere Professoren noch stärker an den heute üblichen Modellen der Forschungsförderung beteiligen, Drittmittel einwerben und die Bereitschaft mitbringen müssen, sich evaluieren zu lassen. Unsere Studierenden sehen wir auch in Zukunft nicht als Kunden, sondern als Junior-Partner auf der gemeinsamen Suche nach Wahrheit. Heinrich Watzka SJ
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