Jesuiten 2013-1

Kirchenbaumeister Hans Schädel Ihr Machtverlust in der Säkularisation sowie die gesellschaftlichen Umwälzungen seit Beginn der Industrialisierung haben in der Kirche die Unsicherheit wachsen lassen. Angesichts der Frage, wie sie auf diese neue Situation reagieren soll, besinnt sich die Kirche im 19. und im beginnenden 20. Jahrhundert auf vermeintliche „Hochzeiten“ zurück: die Romanik als Zeit der Macht, die Gotik als Zeit geistlicher Blüte. Sie greift diese Baustile auf, um sich mit diesem architektonischen Rückzugsgefecht der gegenwärtigen Aufgabe zu entziehen. In einer verschwommenen, wenn nicht sogar verfälschten Rückbesinnung versucht sie der neuen Zeit zu begegnen. Die historischen Bauten sind letztlich Zeugnisse der kirchlichen Kraftlosigkeit, sich den neuen Anforderungen gebührend zu stellen. Die in der Nachkriegszeit gewonnene Kenntnis des sich weiter entwickelnden modernen Kirchenbaus in der Schweiz, vornehmlich von Baur und Metzger, öffnet den Blick für neue Möglichkeiten. So löst sich Hans Schädel schnell aus der Bindung an den Vorkriegsentwicklungsstand des modernen Kirchenbaus und beschreitet einen als Aufbruch im Kirchenbau beurteilten eigenen Weg, der die Sakrallandschaft des Bistums Würzburg prägt. Am 14. Februar 1910 wurde Hans Schädel in Randersacker geboren. Er absolvierte eine Lehre als Steinmetz sowie eine Ausbildung zum Bautechniker. Die aufgrund zeitbedingter wirtschaftlicher Verhältnisse gelernte Beschränkung auf das Notwendige und Wesentliche findet später in seinen Kirchenbauten ihren Ausdruck, eine wohltuende und sachgemäße Bescheidung, die sowohl ihn als Person als auch sein Werk charakterisiert. 1946 wurde er zum Leiter des bischöflichen Bauamtes der Diözese Würzburg ernannt und mit dem Wiederaufbau der zerstörten kirchlichen Gebäude im Bistum betraut. In seine nun folgende Tätigkeit fließen das väterliche Erbe und seine handwerkliche Ausbildung ein – die Beziehung zum Stein und zur Steinmetzarbeit, wovon viele seiner in Bruchsteinmauerwerk aufgezogenen Kirchen künden. Des weiteren wird in seinen Bauten die Auseinandersetzung mit der liturgischen Erneuerungsbewegung in deren Besinnung auf die feiernde Gemeinde in gemeinschaftlicher tätiger Teilhabe an der Liturgie spürbar, so dass schon in seinen Frühwerken die Linie der späteren konziliaren Liturgiereform nachvollzogen werden kann. Die Christen-Kirche ist Haus Gottes. Sie ist es in der Christenheit in einem neuen, tieferen Sinne, weil in ihr von der Gemeinde der Gläubigen das vom Erlöser gestiftete Mahl in unablässiger Erneuerung gefeiert wird. Die Glaubensgemeinschaft wird zur Tischgemeinschaft, die Feier des Mahles ist das Lebensgesetz der Kirche: aus dieser unveränderlichen Grundtatsache ergeben sich auch die Richtlinien und Gesetze für den Bau der Kirche, aus ihr erhält der Kirchenbauer seine Wegweisung. 6 Schwerpunkt Jesuiten n März 2013 n Die Sprache der Steine

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==