Jesuiten 2013-2

Ein Blick auf Europa vom Rande her: Malta Europäische Flaggen, die Seite an Seite neben maltesischen auf öffentlichen Plätzen wehen und Euromünzen in den Brieftaschen sind selbstverständliche äußere Zeichen, die uns beständig daran erinnern, dass Malta nun schon für sieben Jahre ein Mitglied der EU ist. Aber sind wir auch mit dem Herzen schon in Europa angekommen? Gesetzgebung: Die Anpassung der maltesischen Gesetzgebung an EU-Richtlinien verlief relativ schnell. Aber die Übernahme einiger Gesetze (z.B. das Verbot der Vogeljagd) wurde doch nur zähneknirschend akzeptiert. Während ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Umweltschutz in Malta wächst, so machen doch manche Lobbygruppen solch „traditioneller” Freizeitbetätigungen Druck, Ausnahmeregelungen von der EU zu erwirken. Dies erregt dann oft mediale Aufmerksamkeit und schadet dem Image Maltas als sonnige und ruhige kleine Insel. Von diesen „traditionellen“ Gruppierungen abgesehen zeigt sich aber deutlich, dass die Mehrheit der Malteser eher noch europäischer werden will. Dies hat sich z.B. im „Ja” zur gesetzlichen Möglichkeit der Ehescheidung in einem Referendum 2010 deutlich manifestiert, die es so vorher nicht gab. Abgesehen von diesem strittigen Punkt ist man im Allgemeinen der Ansicht, dass Malta von der Einführung von EU-Richtlinien profitiert hat, insbesondere bezüglich Fragen der Gesundheitsfürsorge und Sicherheitsbestimmungen. Gesellschaft: Wenn man die Hauptstadt Valletta besucht, sind die vielfältigen europäischen Einflüsse augenfällig. Die Stadt und ihre Kirchen wurden im für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts typischen Barockstil von den Söhnen des europäischen Adels erbaut, den Rittern des Malteserordens. Die Bewerbung und schließlich die Entscheidung, dass Valletta europäische Kulturstadt 2018 wird, hat eine immense Renovierungs- und Bautätigkeit in Gang gesetzt. Besucht man hingegen kleinere maltesische Städte und Dörfer, so bemerkt man hier, dass der mediterrane Einfluss die Überhand gewinnt. Aber auch hier macht sich die Nutzung von EU-Geldern für Infrastrukturprojekte positiv bemerkbar. Das Schöne dabei ist, dass die meisten Zuschüsse dazu dienen, die typisch maltesische Kultur zu erhalten. Ein Brennpunkt: Illegale Einwanderung. Aufgrund seiner strategischen Position befindet sich Malta seit 2002 in einer heiklen Lage. Seitdem versuchen viele Afrikaner illegal über Malta nach Europa einzuwandern. Dieses Phänomen wird in der maltesischen Gesellschaft kontrovers diskutiert und anfangs hoffte man, dass die damit verbundenen Probleme von Brüssel schnell gelöst werden. Da es sich hier aber um eine komplexe Realität handelt, konnte die EU bisher keine schnelle und befriedigende Antwort auf diese Herausforderung präsentieren. Zumindest kann man feststellen, dass wenigstens einige Migranten, die oft aus verzweifelten Situationen fliehen, von 10 Schwerpunkt Jesuiten n Juni 2013 n Europa! © David Woolfenden

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