Jesuiten 2013-2

Kann man Europa lernen? Erfahrungen aus der Jugendbildung Europa retten? Nichts leichter als das: Man nehme Jugendliche aus dem ganzen Kontinent und bilde sie zu überzeugten Europäerinnen und Europäern. Punkt. Wenn Sie jetzt skeptisch blicken, dann zu Recht, ist es doch einiges komplizierter, „Europa“ zu vermitteln. Leider kommt in den meisten Schulen das Thema Europa zu kurz – auch wenn es eigentlich in allen Bundesländern in den Lehrplänen steht. In der außerschulischen politischen Jugendbildung gibt es dagegen schon lange einen eigenständigen Zweig der europapolitischen Bildung, mit eigenen Konzepten und Veranstaltungen. Es sind im Wesentlichen drei Themenkomplexe, auf die die europapolitische Bildung abzielt: Erstens ist es die gemeinsame europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die Erzählung, dass die europäischen Staaten nach zwei Weltkriegen die Notwendigkeit erkannten, dass nur durch eine enge Kooperation zwischen den Staaten ein friedliches Europa möglich ist, ist hierbei der Kern. Für Jugendliche ist das heute zu wenig: Die Weltkriege des letzten Jahrhunderts sind weit weg, und Frieden gibt es, seitdem sie denken können. Dennoch ist es der Ausgangspunkt, um zu erklären, wie es überhaupt dazukommen konnte, dass sich Nationalstaaten auf diese einzigartige Weise voneinander abhängig machten. Das zweite Thema sind die europäischen Institutionen: das Europäische Parlament, die EU-Kommission, der Rat der EU – nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat. Auch für diese können sich die meisten Jugendlichen nicht auf Anhieb begeistern. Doch wie soll ohne sie erklärt werden, wie Europa funktioniert, wie und von wem Entscheidungen getroffen werden? Sie sind schließlich die Akteure, die über die europäischen Normen abstimmen, auf die inzwischen fast 80 Prozent der Gesetze in Deutschland zurückgehen. Der dritte Themenkomplex ist die Politik, die in und durch Europa betrieben wird. Sicherlich hat heute jedes Politikfeld eine europäische Dimension. Doch welches sind die politischen Fragen, die wirklich europäisch angegangen werden müssen und gleichzeitig aktuell sind? Für Seminare bieten sich vor allem die Umweltpolitik und die mit ihr eng verbundene Energiepolitik an. Nach wie vor gilt: Die Luftverschmutzung macht an nationalen Grenzen nicht halt – und dasselbe gilt auch für den Klimawandel. Migration ist das zweite große Thema, das nicht auf nationalstaatlicher Ebene alleine gelöst werden kann. An den Außengrenzen der EU wird eine Abschottungspolitik betrieben, die bei einem Europa-Seminar nicht verschwiegen werden darf. Das dritte Politikfeld, das aktuell in den Europa-Seminaren eine wichtige Rolle spielt, ist die Wirtschafts- und Finanzpolitik. 20 Schwerpunkt Jesuiten n Juni 2013 n Europa! © h368k742

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