Jesuiten 2013-3

Schwerpunkt 13 Das Herz des Nazoräers Der unvergessene Pater General Pedro Arrupe hat den Jesuiten „ein Herz“ gewünscht, „größer als die Welt“. Nun ist medizinisch gesehen ein großes Herz nicht unproblematisch. Und schon sind wir mitten drin in einer Betrachtung über das „Herz“ und seine symbolische Bedeutung. Denn das ist klar: Pater Arrupe wünschte den Jesuiten etwas, das mit dem menschlichen Organ nur im übertragenen Sinne zu tun hat. Es geht um das Wesen, um die Mitte der Dinge. Es geht um das Zentrum des Menschen: um sein Denken und Fühlen, um sein Wollen und Handeln. Das Herz gleicht im biblischen Sinn dem Blut, das durch das Herz strömt, und ist damit Symbol des Lebens schlechthin. Es ist das Organ, in dem sich Gott an den Menschen wendet und mit dem der Mensch seinem Gott antwortet. Dieser biblische Hintergrund wird schließlich die Mitte, aus der Jesus von Nazareth sein Leben gestaltet. Wenn wir sein Menschsein ernst nehmen, dann dürfen wir davon ausgehen, dass er die Worte der Tora, die Verheißungen der Propheten und die Gebete der Psalmen, die er täglich gelesen oder gehört hat, in sich lebendig werden ließ, diese sich zu Herzen nahm. Das ewige Wort Gottes, in endlichen Worten vermittelt, wurde auch auf diese Weise in ihm buchstäblich Mensch bzw. Herz. Seine einmalige Beziehung zu Gott, den er Vater nennt, lässt dies alles noch einmal in einem neuen Licht erscheinen. Die jüdische Tradition, aus der er lebt, und seine Erfahrung, dass sein himmlischer Vater ihn und alle Menschen bedingungslos liebt, prägen sein Wesen und werden zum Zentrum seines Denken und Handelns. Das Herz Jesu, das ein Herz für die Menschen hat, wird zum Herzen der Welt. Das kam nicht durch eine wundersame Transplantation zustande, sondern ist die Konsequenz der Menschwerdung Gottes. In unserer Zeit ist dadurch die Erfüllung dessen, was Gott seit Ewigkeiten ist, erfahrbar geworden. Wie können wir uns diesen Jesus aus Nazareth als „Menschen mit Herz“ vorstellen? Wir sehen vor uns einen Menschen, der aus einer Mitte lebt, authentisch ist, Liebe und Wärme ausstrahlt und eine Freiheit hat, die uns tiefer atmen lässt. Etwas Ansteckendes, ja Verzauberndes haben Menschen mit Herz. So stelle ich mir Jesus vor: mit einem hörenden und sehenden Herzen. Er begegnet mir so, dass ich mir selber transparent werde: Ohne Angst und Scham. Diese Wahrheit wird es sein, die uns frei macht. Dies ist das Wunder des Glaubens, dass jemand zu uns kommt, uns seine unbedingte Liebe spüren lässt ohne Wenn und Aber und uns so leben lässt, dass unser Herz bis zum Himmel schlägt. Weiter als die Welt. Werner Holter SJ Roland Peter Litzenburger, Schutzmantelchristus, 1971 Jesuiten n September 2013 n Ein Herz grösser als die Welt © Nachlassverwaltung, Gretel Kunze

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