Jesuiten 2013-3

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, „ Herz, mein Herz nicht in der Weite, In der Nähe liegt das Glück! Glaube, liebe, hoffe, leide Und kehre in dich selbst zurück.“ Das Herz ist nicht nur unser zentrales, lebenswichtiges Organ. Wir verbinden mit ihm starke Emotionen. Das Herz hat auch eine große geistliche Bedeutung. Julius Sturm (1816–1896) spricht im Gedicht von Glaube, Liebe und Hoffnung. Er sieht die drei Grundtugenden eines christlichen Lebens im Herzen verankert. So formuliert auch das jüdische Glaubensbekenntnis: „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen.“ (Dtn 6,4-6) Der Dichter fügt ein viertes Wort dazu: „leide“! Er verweist auf die Verwundbarkeit des Herzens und auf die Passion – auf Leidenschaft und Leiden. Die Herz-JesuVerehrung hat genau dies hervorgehoben, indem sie Jesu Herz von Lanzen durchbohrt, mit Dornen umkränzt, blutend und brennend dargestellt hat. Jesuiten haben diese Frömmigkeit stark gefördert. Claude de la Colombière SJ war der Beichtvater von Marguerite-Marie Alacoque, mit deren Visionen sich im 17. Jh. die weltweite HerzJesu-Verehrung durchsetzte. Weihen an das Herz Jesu wurden durchaus auch politisch eingesetzt: in Tirol gegen den Josephinismus und während des Kulturkampfs in Deutschland. Durch Volksmissionen, Gebetsapostolat und religiöse Schriften hat der Jesuitenorden die Verehrung im Volk weit verbreitet. Heute sind die meisten dieser Bilder aus unseren Kirchen verschwunden. Doch nicht die Bedeutungstiefe des Herzens ist uns heute unverständlich geworden, es ist wohl eher die Bildwelt einer vergangenen Frömmigkeit. Die Jesuiten Pierre Teilhard de Chardin, Karl Rahner und der Generalobere Pedro Arrupe versuchten im 20. Jh. den Gehalt neu zu übersetzen. So kann die Gebetsbitte an Jesus „Bilde unser Herz nach deinem Herzen“ auch heute ansprechen. Der unmittelbare, persönliche Umgang mit Jesus führt heraus aus der Selbstbezogenheit und gibt ein Herz für andere, für die Welt. Es nimmt Maß an seinem Herz, das größer ist als die Welt. In der Christusbeziehung steht das Herz nicht so sehr für das verborgenste Innerste, in dem allein das Glück zu finden ist, wie das spätromantische Gedicht andeutet. Christen geht es vielmehr darum, das Herz zu öffnen und andere einzuladen. Nicht eine bestimmte Form der Herz-JesuVerehrung zu wiederholen, sondern auszuloten, was dieses Motiv des Herzens Jesu heute bedeuten kann – darum geht es den Autoren dieser Ausgabe. Wir wünschen Ihnen eine zu Herzen gehende Lektüre! Holger Adler SJ Marco Hubrig SJ Bernhard Knorn SJ 1 Jesuiten n September 2013 n Ein Herz grösser als die Welt

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