Jesuiten 2014-1

„Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf.“ (Lukas 19,5) Zachäus fühlt sich durch den Blick Jesu erkannt, aber nicht entlarvt. Es ist ein wohltuender Blick. Ein Blick, der ihn nicht misst, bewertet oder abstempelt. Dieser Blick dringt durch die Panzer seiner Stellung und seines Gehabes. Zachäus fühlt sich achtsam wahrgenommen mit seinen Wunden und seinem Kampf. Sieht dieser Jesus mehr Möglichkeiten menschlichen Wachstums in ihm als er selbst? Bildung braucht „an-sehen“ Zwei Punkte. Ein Gebet: 1. Wir ahnten es alle. Wenn auch vielleicht nur unthematisch, so war es doch immer schon irgendwie klar: Das Wichtigste für den Lernerfolg einer Schülerin/eines Schülers ist der Lehrer oder die Lehrerin. Neben solidem Fachwissen und der Fähigkeit zu einer klaren Rahmengebung ist der entscheidende Faktor das Maß des entgegengebrachten, aufrichtigen Respektes! Das Wort Respekt, „respicere“, bedeutet in etwa: „berücksichtigen“, „beachten“, „noch einmal genau hinschauen“. Erlebt ein Lernender, dass ein Lehrender ihn um seiner selbst willen beachtet und ihm Wertschätzung entgegenbringt, kann dies angstbindend wirken und vollkommen neue Blickwinkel entfalten helfen. 2. Im Rahmen einer teilnehmenden Beobachtung eines Neugeborenen für die psychoanalytische Ausbildung wurde ich Zeuge einer Situation, die mich tief bewegte: Im Laufe einer Beobachtungsstunde wurde der Säugling immer unruhiger bis zu einem unerträglichen Schreien. Nach einer Weile stillte die Mutter ihr Kind und legte es dann wieder in seine Wiege. Kaum in der Wiege, begann es erneut herzzerreißend zu schreien. Nun geschah etwas zutiefst Anrührendes: Die Mutter beugte sich zum Kind und dachte halblaut vor sich hin, wie es ihm wohl ergehe, was wohl der Grund dafür sei, dass es so schreie. Sie nahm es, hielt Rücken und Köpfchen mit Unterarm und Hand. Das Kind, welches die Augen bis dahin geschlossen hielt, öffnete seine Augen und die Blicke der beiden berührten sich. In diesem „Augen-Blick“ stellte sich Ruhe und Frieden ein. Die Mutter legte das Kind wieder in die Wiege, und es brabbelte und spielte wie glücklich beseelt. Angesichts dieser beiden Punkte und im Blick auf die so eindrückliche Begegnung zwischen Jesus und Zachäus können dem Betenden diese Worte bleiben: „Herr, du allein weißt, wie mein Leben gelingen kann. Lehre mich das Geheimnis zu verstehen, wie in der Begegnung mit dir, wie in deinem Anblick und in deinem Wort, Menschen sich erkannt haben. Hilf mir zuzulassen, was in mir Mensch werden will.“ (Peter Köster) Marco Mohr SJ 9 Jesuiten n März 2014 n Zachäus

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