Jesuiten 2014-1

Nicht dass sich das verändert hätte, was mich umtrieb, aber da war plötzlich eine Distanz dazu und das Gefühl, dass Gott all das trägt. Ich musste an Pater Grotz denken, der das Kyrie in der Marienkirche in Würzburg immer begann mit „Ja, so sind wir. Bist selber schuld, Gott. Hast uns ja so geschaffen. Dann wirst du es schon so wollen. Erbarm dich!“ Es tat plötzlich gut, wie Zachäus ins Blickfeld des Herrn und vom Baum kommen zu dürfen. Gottes Blick ist voller Barmherzigkeit. Die Veränderung betraf dann auch den Abschluss der Meditationen – das Kolloquium. Bisher war es eher ein Monolog – meinerseits. Das Kolloquium wurde wirklich ein Gespräch – wie eigentlich die ganze Meditation. „Herr, schau, das war da und das hat mich bewegt. Ich meine, das bedeutet für mein Leben …“ Das Gespräch mit Gott oder Jesus am Ende der Meditation lebt davon, dass ich einfach erzähle. Sie wissen, erzählen ist nicht erzählen. Es geht nicht darum, vor einem gelangweilten Prüfer Inhalte abzuspulen. Das Kolloquium entfaltet sich, wenn man Gott – so wie seinem besten Freund – ganz ohne Scham sein Herz öffnet und ohne Fassade Einblick gibt – und dann zuhört. Denn Jesus antwortet. Wenn ich mich öffne und ganz in der Wahrnehmung bin, gibt es ein Echo. Als ob ich wahrnehmen könnte, wie das Erzählte ankommt, wie Gottes Blick sich verändert, während ich spreche, und dann tauchen innere Bilder oder Sätze oder Gefühle auf. Fast so, als ob Gott sagen möchte … Manchmal höre, spüre oder fühle ich ein „Also schau das doch mal aus meiner Perspektive an!“ oder ein „Das ist stimmig!“ oder ein „Bist du dir wirklich sicher?“ Die Antworten Gottes im Gespräch haben einen herausfordernden Aspekt. Mehr als einmal hat mich mein Gesprächspartner ermutigt, Dinge zu tun, denen ich abwehrend oder ängstlich gegenüber stand, oder solche zu lassen, die bis gerade noch eine so gute Idee zu sein schienen. Ist das Selbstbetrug? Oder Selbstsuggestion? Darf ich meiner Erfahrung trauen? Auf alle Fälle habe ich es bisher nicht bereut, diesen Blick Gottes zu suchen und im Erzählen mein Leben mit ihm zu wagen. Ich meine zu ahnen, warum wir dem Leben trauen dürfen, und dass Gott es wirklich mit uns wagt. Johann Spermann SJ Schwerpunkt 21 Den Blick Gottes suchen und im Erzählen das Leben mit ihm wagen.

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