Jesuiten 2014-2

dem auseinandersetzen können, was sie unbedingt angeht. Religion ist und bleibt ein Lernprozess – auch für die Lehrenden: Denn die Suchbewegungen der Heranwachsenden lassen sich nicht lenken und auf eine feste Auslegung von Gott und Welt ausrichten, die mit der Lehre unserer Kirche(n) übereinstimmt. Dem steht die religiöse Vielfalt heutiger Lerngruppen entgegen, aber auch unser Bildungsbegriff: Ich bilde mich, verrät die Sprache; eine Form der Bildung hingegen, die mir Andere aufprägen, macht mich nicht zu einem Gebildeten, sondern zu einem Gebilde. Gleichwohl bin ich darauf angewiesen, dass Andere mich auf meinem Bildungsweg unterstützen – im Sinne jenes diakonischen Grundzugs von Kirche, den Papst Franziskus erfreulich stark macht. Die Konfessionalität des Unterrichts sieht unter katholischen Vorzeichen anders aus als unter evangelischen oder jüdischen oder muslimischen. Entscheidend erscheint mir die Option, eine spezifische religiöse Tradition als die Quelle zu verstehen, die Prozesse religiöser Bildung zu inspirieren und Anreize zu einer eigenen Positionierung zu schaffen vermag. Auf diese Weise können Schülerinnen und Schüler in der Vielstimmigkeit ihrer Welt zur eigenen Stimme finden. Sie lernen mündig mit der grundgesetzlich verankerten Religionsfreiheit umzugehen. Eine solche Bewegung kann aber nur einsetzen, wenn religiöse Phänomene in ihrem eigenen Zusammenhang gelesen, aus einer Innenperspektive nachvollzogen und rekonstruiert werden. In konfessionell kooperativen Lernprozessen kommt es zudem darauf an, dass religiöse Phänomene durch Außenperspektiven in Frage gestellt und dekonstruiert werden, allemal in der Auseinandersetzung mit Ignatius und Luther. Klaus Kießling 15 Jesuiten n Juni 2014 n Ignatius und Luther © KNA-Bild / Ebel Martin Luther im Kreis von Reformatoren, Genfer Refomationsmuseum

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