Jesuiten 2014-4

Skrupel sind nicht die Stimme eines gnädigen Gottes. 12 Schwerpunkt Jesuiten n November 2014 n Jesuit sein heute? Gerade heute! Aus Momenten des Scheiterns lernen Am Anfang seiner Bekehrung schien für Íñigo, der sich später Ignatius nannte, alles klar zu sein. Beim Gedanken, nach Jerusalem zu pilgern und fortan ein strenges Büßerleben zu führen, hatte er nachhaltige Zufriedenheit und Freude empfunden. Daraus meinte der Adlige von Loyola einen doppelten Schluss ziehen zu können: zum einen, dass Gott ihn in seinen Dienst gerufen habe, und zum andern, dass Gottes Wille genau in dem bestehe, was ihm, Íñigo, durch den Kopf gegangen war, nämlich als Aszet im Heiligen Land zu leben. Nachdem er somit zu wissen glaubte, was er im Dienst Gottes zu tun hatte, wollte der Frischbekehrte sich durch nichts mehr davon abbringen lassen, seinen Plan, ins Heilige Land zu ziehen, in die Tat umzusetzen. Doch es sollte anders kommen, als ursprünglich vorgestellt. Nicht dass Íñigo völlig falsch gelegen hätte. Im Rückblick sieht er sich darin bestätigt, dass Gott ihn in seinen Dienst gerufen hat. Aber um zu begreifen, worin dieser Dienst besteht, muss der spätere Ordensgründer noch unterscheiden lernen zwischen dem echten Willen Gottes und einem mit religiösen Idealen ummäntelten Eigenwillen – und angesichts seiner Sturheit muss er dies „auf die harte Tour“ lernen. Auf seinem Weg gerät der Pilger immer wieder in Situationen, in denen seine Pläne scheitern. Diese Momente seines Lebens versetzen seiner Dickköpfigkeit und seinem überzogenen Vertrauen auf die eigenen Kräfte schwere Schläge. Falsche Gewissheiten zerbrechen. Der Stolz des jungen Basken erleidet tiefe Wunden. Aber gerade diese Krisensituationen erweisen sich als Zeiten, in denen der himmlische Lehrmeister dem irdischen Schüler zu einem besseren Verständnis des göttlichen Willens verhilft. Als Íñigo zum Beispiel auf seinem Pilgerweg in Manresa Halt macht, hat er eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie das Leben eines Aszeten auszusehen hat. Dazu gehört für ihn unter anderem das penible Beichten aller begangenen Sünden. Aber anstatt im Sakrament inneren Frieden zu finden, wachsen in ihm Skrupel an der Vollständigkeit seiner Beichte, und diese Skrupel lassen ihn immer mehr verzweifeln. Sie treiben ihn bis an den Rand eines Suizids. Íñigo fühlt sich versucht, seine neue Lebensform aufzugeben. In diesem Moment „erwacht“ der junge Baske: Die schlimmen Folgen seiner Skrupel lassen ihn erkennen, dass diese nicht die Stimme eines gnädigen Gottes sein können. Diese Einsicht lehrt Íñigo, seinen Skrupeln kein Gehör mehr zu schenken, und gerade so

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