Jesuiten 2014-4

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit dem Wort „Berufung“ verbinden wir meist, dass einige Christen einen „geistlichen Beruf“ haben, d.h. sie sind Ordensmenschen oder Priester geworden. Und gleich hören wir die Klage mit, heute gebe es leider kaum noch „Berufungen“. Es stimmt, dass heute bedauerlich wenige Menschen in Ordensgemeinschaften eintreten oder Priester werden. Wir Jesuiten in Deutschland und in Europa haben immer Nachwuchs gehabt und haben weiterhin jedes Jahr Eintritte – dafür sind wir sehr dankbar, aber wir wissen auch, dass es viel mehr sein dürften! Nun sind aber alle Christen berufen. Alle sollen die Liebe leben, sie sollen barmherzig zu Schwachen sein, wahrhaftig und ehrlich, gläubig und bereit zum Engagement für andere. Alle sollen ihr Leben mit Christus und nach dem Vorbild Christi gestalten. Alle sollen die Größe und Güte Gottes bezeugen. Diese Berufung aller Christen ist die grundlegende – das ist der Kirche in den letzten Jahrzehnten neu und tiefer zu Bewusstsein gekommen. Welche konkrete Gestalt diese Berufung bekommt, ist dann weniger wichtig. In jeder Lebensform und in jedem Einsatz können und sollen wir liebende Menschen und damit Christen sein. Gibt es nicht auch hier einen Mangel an Berufungen? In dieser Ausgabe denken wir Jesuiten über unsere Berufung zum Jesuit sein nach. In vielen Beiträgen geht es allerdings zuerst um unser Mensch- und Christsein in heutiger Zeit. Als keineswegs perfekte Menschen wissen wir Jesuiten uns schließlich zum Jesuit sein gerufen. Auch dieses „Sein“ ist immer ein „Werden“, ein lebenslanger Prozess, und wir brauchen dafür die Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Wer den Weg des Jesuiten mit Hingabe lebt, erlebt ihn meist als erfüllend und fruchtbar. Mit dieser Ausgabe wollen wir unseren Dank für die Berufung ausdrücken. Es wurde von Holger Adler, Marco Hubrig und Björn Mrosko zusammengestellt. Vielleicht kann es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einiges zum Nachdenken und zur Freude über Ihre eigene Berufung mitgeben. An Weihnachten feiern wir, dass Gott ein Mensch wie wir wurde. Er hat uns damit gezeigt, wie wir als Menschen und Christen unsere Berufung leben können. Ich wünsche Ihnen Wachstum auf Ihrem Weg des Menschwerdens und des Gerufenseins. Herzlich wünsche ich Ihnen die Gnade und den Frieden der Weihnacht und ein gesegnetes Jahr 2015. Stefan Kiechle SJ Provinzial 1 Jesuiten n November 2014 n Jesuit sein heute? Gerade heute!

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