Jesuiten 2014-4

Die Menschen in ihren Entscheidungen unterstützen Früher gab‘s mehr Berufungen als heute!? Volkskirchlich gesehen bin ich total das Kind der 80er Jahre, mit vollen Kirchen, reichlichen Kirchenfesten, tollen nahbaren Pfarrern, Spaß in der Jugendarbeit etc. Volkskirchlich gedacht, war das doch eine herrliche Zeit – alles in Ordnung mit der Kirche. Spätestens während meines Studiums in den 90ern wurde immer klarer: Wenn wir so weitermachen, ist bald keiner mehr da. Und die Aussagen von vielen lauteten dagegen: „Ach, so schlimm wird es schon nicht kommen!“ Diese Einstellung, die leider fast alle Verantwortlichen in Kirche und Orden haben, fällt uns nun schon länger auf die Füße. Und ich? Ich muss gestehen, ich habe auch immer noch dieses Denken im Kopf, ich habe immer noch diese Brille auf. Ich werde dieses Denken so schwer los! Aber diese Kirche gibt es nicht mehr und wird es nicht mehr geben. Ein Mitbruder sprach nun von der Entscheidungskirche. Da ist was dran. Wir müssen uns von den alten Denkmustern verabschieden, und in diese Richtung entwickeln. Das heißt, volkskirchliche Strukturen, die es ja noch gibt, nicht mehr zu stärken, und dafür entscheidungskirchliche Strukturen, Haltungen, Schritte etc. zu fördern. Nun befindet sich die Kirche in genau dieser Phase dazwischen. Wenn ein System in die Krise gerät, dann zieht es sich meist auf das Establishment, auf die Funktionäre zurück. Die Gefahr ist gegeben, dass unsere Kirche zum Funktionärstum verstaubt. Aber es gibt keine Berufung bloß zum Funktionär. Im Rückzug auf das Funktionieren zeigt sich, wie das Volkskirchliche schwindet, und zugleich, wie es um sein Überleben kämpft. Da wundert es mich nicht, dass in die Noviziate und Priesterseminare keine Massen kommen. Denn die, die sich heute für Kirche interessieren, sind schon keine Kinder der 80er mehr. Sie erlebten in großen Teilen den Verfall und Niedergang der Volkskirche in Deutschland im eigenen Umfeld, oder sie sind schon gar nicht mehr mit Kirche in Berührung gekommen. Die Fragen, die sich aus diesem Wandel ergeben, sind mittlerweile zentrale Fragen der ganzen Kirche, nicht nur einiger Leute, die für Berufungen werben sollen – wenn man überhaupt für Berufungen werben kann. Die Zeit der Konzepte ist vorbei! Die Menschen, die sich auf Konzepte einlassen konnten, sind anders geworden sind. Theoretische Konzepte für Bestandswahrung in der Volkskirche übersehen ohnehin, dass es bei der Frage nach dem Glauben auch um das 4 Schwerpunkt Jesuiten n November 2014 n Jesuit sein heute? Gerade heute! © SJ-Bild/Ender

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