Jesuiten 2015-1

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Frage nach dem Sterben – dem Sterben-Müssen und dem Sterben-Dürfen – erscheint heute vielleicht ambivalenter denn je: Obwohl uns der Tod tagtäglich vor Augen steht (in den Medien, in Kinofilmen, Krimiserien usw.), spielt er im alltäglichen Leben der meisten von uns keine Rolle: Im Leben ist der Tod oft nicht präsent. Der Tod einer geschätzten Bekannten oder eines geliebten Menschen aus Verwandtschaft oder gar Familie kann uns manchmal wie ein Blitz aus heiterem Himmel treffen. Andererseits stellen sich angesichts der Möglichkeiten der modernen Medizin immer neue Fragen: Wie lange sind lebensverlängernde Maßnahmen bei schwer kranken Menschen sinnvoll? Wie können wir – für Angehörige und für uns selbst – ein Sterben in Würde möglich machen? Gibt es genügend Hospize oder Hospizstationen? Auch die Debatte um den Suizid und eine mögliche ärztliche Assistenz, die 2014 im Bundestag begonnen hat, wäre hier zu nennen. Die Frage nach einem gelungenen Sterben, nach dem „guten Tod“, ist gesellschaftspolitisch höchst aktuell. Und sie betrifft jede einzelne und jeden einzelnen von uns existentiell: Was ist für mich ein guter Tod? Wie möchte ich selbst sterben können? Es gibt immer mehr Anlässe, die uns diese Fragen stellen lassen: Organspendeausweis, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht – wer aufmerksam und weitsichtig leben möchte, stößt bereits in jungen Jahren darauf. Zugleich ist die Frage nach dem „guten Tod“ ein sehr sensibles Thema: Kommt der Tod nicht oft zur Unzeit? Kann man angesichts eines verfrühten Todes, angesichts von langer Demenz oder eines Krebsleidens von einem „guten Tod“ sprechen? Vor diesem Hintergrund kann die Rede über gelingendes Sterben und den „guten Tod“ auch unerträglich werden und provozieren. Das Schwerpunktthema „Vom guten Tod“ sucht nicht nach letzten Antworten. Es will eine Vielfalt von Perspektiven aufzeigen und persönlichen Zeugnissen und Erfahrungen von Krankheit, Sterben und Tod das Wort geben. Die christliche Tradition kannte lange Zeit eine ars moriendi, eine Kunst des Sterbens. Auch diesen Fragen nach einer guten Vorbereitung auf den Tod soll nachgegangen werden. Was hieße eine solche in unserer schnelllebigen Zeit? Kann der Blick auf den Tod und die Tatsache, dass er unausweichlich zu unserem eigenen Leben gehören wird, einen neuen Blick auf das Leben ermöglichen? Sicher erfahren wir im Angesicht des Todes Angst, Schmerzhaftes, Trauer. Es wäre gewiss hilfreich, den Tod zu beschönigen. Aber vielleicht hat uns der Tod gerade in seiner Härte und Spröde viel zu sagen? Die einzelnen Beiträge zu diesem Schwerpunkt berichten von beidem, von Schmerz und Trost und Hoffnung. Eine gute Zeit der Lektüre und ein gutes Zugehen auf die Passions- und Osterzeit! Stefan Hofmann SJ Claus Pfuff SJ 1 Jesuiten n März 2015 n Vom guten Tod

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