Jesuiten 2015-1

Der „gute Tod“ – früher und heute „Wie möchten Sie einmal sterben?“ Diese Frage würden wohl die meisten Zeitgenossen mit „möglichst schnell und im Schlaf“ beantworten; denn auf diese Weise, so kalkulieren wir, bleiben uns Pflegebedürftigkeit und Schmerzen erspart. Ganz anders die Menschen früherer Jahrhunderte: Sie wollten auf keinen Fall unvorbereitet sterben. Im Mittelalter und in der Barockzeit galt der „gute Tod“ als wichtiges Ziel: das Sterben im Kreis der Familie oder Ordensgemeinschaft, im Vertrauen, zu Gott „heimzukehren“; im „Stand der Gnade“, nicht in Angst vor den Strafen eines langen Fegfeuers oder gar der Hölle, sondern in der Hoffnung, ja Vorfreude auf die Vollendung in Gott. „Selig die Toten, die im Herrn sterben“ (Off 14,13). Das motivierte dazu, sich nicht erst im hohen Alter, sondern schon mitten im aktiven Leben auf das Sterben vorzubereiten. Zu diesem Zweck gründete im Jahr 1648 der Generalobere des Jesuitenordens Vincenzo Caraffa in Rom eine „Bruderschaft vom guten Tod“, die in Italien und anderen Ländern zahlreiche Mitglieder gewann und mancherorts auch „Bruderschaft von der Todesangst Christi“ hieß. In Graz gehörten ihr bald 7.000, in Köln über 13.000 Frauen und Männer an. Ziel war die Erlangung einer seligen Sterbestunde, und um sich rechtzeitig darauf vorzubereiten, verpflichteten sich die Mitglieder zu einem intensiven christlichen Leben mit häufiger (nicht nur jährlicher) Beichte und Kommunion und regelmäßiger Andacht sowie gegenseitiger Hilfe. Vor allem sollten sie dafür sorgen, dass keiner ohne die Sterbesakramente sterben muss. Manche Bruderschaften trafen sich jede Woche, andere jeden Monat zur Andacht mit Lied, Gebet, Predigt und Generalkommunion. Die Predigten und Gebete handelten vorwiegend von der Todesangst und dem Leiden Jesu. Hat das die Gläubigen nicht belastet? Es hat wohl eher dazu beigetragen, die natürliche Angst vor dem Sterben zu verarbeiten und den Tod zu akzeptieren, indem man sich in das Gebetsringen Jesu versenkte. Jesu Leiden sollte als Zeichen seiner Liebe zu uns wahrgenommen werden, wie ein Barockprediger sagte: „Durch Dein süßestes Herz, geliebter Jesu, träufle meinem Herzen, wenn es dereinst bricht, nur ein Tröpflein Deiner Liebe ein.“ Heute gibt es nur noch wenige Gut-TodBruderschaften. Eine stark diesseitsorientierte Mentalität neigt dazu, das Sterben zu tabuisieren oder überlässt das Thema den Ärzten und ausgebildeten Sterbebegleitern. Letztere zeigen im Geist der Hospizbewegung meistens wieder Verständnis für den Gedanken, dass zu einem „guten Tod“ auch die Verwurzelung im Glauben gehören kann. Bernhard Grom SJ 2 Schwerpunkt Jesuiten n März 2015 n Vom guten Tod

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