Jesuiten 2015-1

Das Archiv der Deutschen Provinz der Jesuiten Das Telefon klingelt, am anderen Ende der Leitung meldet sich – dem Vernehmen nach – ein Mann mittleren Alters. Er sei auf der Suche nach Unterlagen zu seinem Namenspatron, dem heiligen Kaiser Heinrich II. Die Versuchung war nicht gering, den Anrufer mit Hinweis auf die Lebensdaten des Ottonenkaisers († 1024) und das Gründungsdatum der Gesellschaft Jesu (1540) mit der Auskunft zu bescheiden, dass solche in unserem Provinzarchiv natürlich nicht zu erwarten sind. Einige kurze Rückfragen ließen aber schnell erkennen, wie der Mann auf unser Archiv gestoßen war. Auf der Suche nach dem Kaiser war er auf die Acta sanctorum der Bollandisten gestoßen, und von dort war der Weg für den (gleichwohl hartnäckigen) historischen Laien nicht mehr weit bis zur Gesellschaft Jesu und ihrem deutschen Provinzarchiv in München. Wenige Erläuterungen am Telefon und die Übersendung einiger Fotokopien aus einem historischen Lexikon haben damals den Anrufer mehr als zufrieden gestellt. Diese Episode mag verdeutlichen, was die Päpstliche Kommission für die Kulturgüter der Kirche 1998 als die „pastorale Funktion der kirchlichen Archive“ beschrieben hat. „Im Bewusstsein der Kirche sind die Archive Erinnerungsstätten der christlichen Gemeinden und Kulturfaktoren für die Neuevangelisierung.“ Es geht also in einem kirchlichen Archiv um mehr als um „qualifizierte Altpapierverwertung“; vielmehr versteht sich unser Archiv als Apostolat der Ordensprovinz, und dies ist bei rund 200 Benutzertagen und etwa 600 Posteingängen pro Jahr nicht gering zu veranschlagen. Das heutige „Archiv der Deutschen Provinz der Jesuiten“ bewahrt auf rund zwei Regalkilometern die Unterlagen aus den deutschsprachigen Provinzen seit 1810. Das älteste Stück des Archivs (siehe Foto Seite 31) stammt noch aus vorjesuitischer Zeit und beurkundet unter dem 15. Mai 1366 einen Vergleich des Koblenzer Zisterzienserinnenklosters St. Maria in der Leer mit Else von Winningen. Die Koblenzer Zisterzienserinnen waren 1580 nach Niederwehrt umgezogen und hatten im nunmehrigen Jesuitenkolleg ihr Archiv zurückgelassen. Aus diesem blieben drei Stücke auch über 1773 hinaus im Besitz des Ordens. 30 Vorgestellt Jesuiten n März 2015 n Vom guten Tod Unsere Papierstücke sind Echo und Spur des Weges der Kirche.

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