Jesuiten 2015-2

System Je nachdem? In der Betrachtung von der Menschwerdung lädt Ignatius, die Menschen auf der ganzen Erde ein, zu meditieren, „in so großer Verschiedenheit sowohl der Kleidung wie des Verhaltens…“ (Geistliche Übungen 106). Die eine Antwort auf alles Elend der Welt, die Mensch gewordene Barmherzigkeit Gottes, muss in sehr verschiedene Kontexte übersetzt werden, wenn sie verstanden und angenommen werden soll. „SJ - System Je nach dem“ spöttelt man bis heute, ohne zu würdigen, dass jesuitische Flexibilität in der Unterscheidung der Geister wurzelt und kein Hinweis auf mangelnde Standfestigkeit ist. Schon Ignatius hat bittere Erfahrungen mit Kirchenoberen gemacht, die humorlos reagierten, wenn er und seinesgleichen (zu) sehr auf den Geist und „die Unterscheidung“ vertrauten und sich bei ihrem Handeln darauf beriefen. Gab es nicht für alles schriftliche Regeln der Hierarchie?! Die um Inkulturation der christlichen Botschaft in Indien bemühten Jesuiten mussten herbe Maßregelungen hinnehmen, die das Wachstum der Kirche vor Ort für Jahrhunderte blockieren sollten. Heute postuliert ein jesuitischer Papst: „Eine übertriebene Zentralisierung kompliziert das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, anstatt ihr zu helfen.“ Für Ignatius selbst war es typisch, den Mitbrüdern sehr detaillierte schriftliche Anweisungen für ihre Mission mit auf den Weg zu geben. Wenn die Verhältnisse dann vor Ort aber so waren, dass es den Gefährten ratsam erschien, seine Anweisungen nicht zu befolgen, vertraute er darauf, dass sie andere und für die Situation angemessenere finden würden. So wichtig Ignatius seine Kirchlichkeit, zumal der Gehorsam gegenüber Sendungen des Papstes, war, hat er Konflikte nicht gescheut, wenn er tief davon überzeugt war, damit der Kirche zu dienen. Der Titel eines Buches ist denn auch: „Das dramatische Kirchenverständnis des Ignatius“ (Schwager). Köstlich zu lesen in einem seiner Briefe: „Wenn Gott der Herr nicht die Hand dazwischen hält, werden wir Magister Laynez (einer der ersten Gefährten) als Kardinal haben. Aber ich versichere Euch, dass es dann mit soviel Lärm geschieht, dass die Welt versteht, wie die Gesellschaft (Jesu) solche Dinge annimmt.“ Gerade in Fragen der Seelsorge tun wir Jesuiten uns schwer mit jeder Form von Legalismus. Persönlich erinnere ich mich oft an den letzten (!) Paragraphen des Kirchenrechtes (CIC) über Versetzungen von Pfarrern, in dem es heißt, man möge „das Heil der Seelen vor Augen [haben], das in der Kirche immer das oberste Gesetz (!) sein muss.“ Stefan Dartmann SJ 13 Jesuiten n Juni 2015 n Gott will es? Unterscheiden!

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