Jesuiten 2015-2

Typische Fallen und mögliche Hilfen Was Menschen davon abhalten kann, den guten eingeschlagenen Weg in Ruhe und Frieden zu gehen, ist so vielfältig wie die Menschen selbst. Die wichtigsten Fallen sind Täuschungen in Bezug auf sich selbst, auf die äußere Realität, auf die Mitmenschen und nicht zuletzt in Bezug auf Gott. In meiner Arbeit in der Kontaktstelle der Katholischen Kirche für Lebens- und Glaubensfragen in Leipzig erlebe ich als Seelsorgerin am häufigsten die Täuschungen in Bezug auf das eigene Selbst. Aus diesem Grund beschränke ich mich hier darauf und nenne einige Beispiele und mögliche Hilfen. Die Selbsttäuschung zeigt sich in zwei entgegengesetzten Versuchungen: Manchmal besteht sie darin, dass man im eigenen Ego nur das Gute sieht und nicht wahrnehmen will, dass das eigene Innere auch Schwächen, Gefährdungen und dunkle Seiten enthält. Schuld wird in unserer Leistungsgesellschaft oft verdrängt, verschwiegen und ausgeblendet. Die andere Seite der Täuschung besteht darin, dass man, weil man die eigenen Schwächen als übermächtig erlebt, jede Hoffnung auf eine Verbesserung des eigenen Lebens verloren hat. Oft geht diese Haltung dann mit einer grundsätzlichen Ablehnung nicht nur der eigenen Person, sondern auch mit der Ablehnung der Außenwelt und Gottes einher. Eines der einfachsten und treffendsten Beispiele für die Vermeidung der Selbsterkenntnis ist die Erfahrung, die wir im Raum der Stille in der City von Leipzig machen: alle Menschen suchen die Stille und loben den Raum. Doch wenn sie dann tatsächlich einmal – und sei es nur für 25 Minuten – still sein sollen, sind viele überfordert und hilflos. Sie werden unruhig, empfinden Gefühle wie Sorgen, Ungewissheit und Angst viel stärker als sonst, und manche reagieren gar mit Schmerzen. Oft haben diese negativen Gefühle mit der Selbsteinschätzung zu tun: sobald man untätig ist, wackelt das eigene Selbstbild. Ich rate den Menschen, trotz dieser Schwierigkeiten die Stille zu suchen. Die christliche Tradition würde wohl von einem entschiedenen „agere contra“ sprechen. Im Raum der Stille will Pater Bernd Knüfer den Menschen Hilfen an die Hand geben, wie sie mit den „Dämonen“ umgehen können, die sich in der Stille zeigen. Als ein Beispiel nenne ich den Einsatz von guten, aufbauenden Texten, an denen sich 14 Schwerpunkt Jesuiten n Juni 2015 n Gott will es? Unterscheiden! © Fotolia/furtseff Seine Schwächen nicht verbergen, sondern einem geeigneten Menschen offenbaren.

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