Jesuiten 2015-3

Seht das Lamm Gottes „Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt.” Mit diesen Worten werden wir zur Kommunion eingeladen. Johannes der Täufer weist mit diesen Worten auf Jesus hin (Joh 1,29), um gleich danach die Worte „Seht das Lamm Gottes” an zwei seiner Jünger zu richten und sie auf den Weg zu Jesus zu bringen. In der Messe sprechen wir den Herrn dreimal mit dem Ruf „Lamm Gottes“ an und bitten ihn um sein Erbarmen und um Frieden. Aber auch im Gloria wird gebetet: „Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt.“ In der lateinischen Version heißt es dort erstaunlicherweise „qui tollis peccata mundi“, also Sünden im Plural. Beides hat seine Berechtigung. Die deutsche Version bezieht sich auf Joh 1,29, die lateinische auf 1 Joh 3,5, wo es heißt: „Er erschien, um die Sünden hinwegzunehmen.“ Die vielen Sünden vollziehen das eine Nein zu Gott mit. Das Entscheidende ist, dass Gott sich von diesem Nein hat treffen lassen und es auf diese Weise überwunden hat. Gott ist nicht eine abstrakte Idee, sondern Leben. Eine bloße Idee bleibt unberührt vom Nein zu ihr. Aber Gott ist lebendige Wirklichkeit, und die kann getroffen werden. Gott lässt sich treffen und zeigt so seine Lebendigkeit. Er zeigt sie verwundbar durch das Böse, aber auch durch das Denken, das angesichts von Leid und Bosheit Gott verneint. Folgender Dialog unter Juden ist überliefert: Der eine sagt: „In Auschwitz habe ich den Glauben an Gott unwiederbringlich verloren”. Der andere: „Dann hat Hitler vollkommen gesiegt. Alles hat er uns dann genommen, nicht nur Hab und Gut und Leben, sondern auch Gott und mit ihm die Moral und auch deren Mitte: die Menschenwürde. Können wir ihm diesen Sieg zubilligen?” Der Christ kann sich an diesem Disput beteiligen. Er kann anknüpfen an die Lieder vom Gottesknecht beim Propheten Jesaja. Sie sind Zeugnis eines sich im Exil vertiefenden Glaubens an Gott, dessen Macht auch in der äußersten Ohnmacht da ist. Aber wie zeigt sie sich dort? In jenen Liedern ist der Gottesknecht der „Erwählte”. Gott ist in seinem Zeugnis selbst gegenwärtig. Eben diese Gegenwart ist im Christentum radikalisiert. In einem konkreten Menschenleben hat Gott sich treffen lassen von Bosheit und Leid. Aber so hat er sich manifestiert als der lebendige Gott. Er hat gezeigt, dass alles Nein zu ihm letztlich keine Chance hat, da die 16 Schwerpunkt Jesuiten n September 2015 n Messe feiern Gott ist nicht eine abstrakte Idee, sondern Leben.

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