Jesuiten 2015-3

Kirchenasyl Im Dezember letzten Jahres erreichten zwei junge syrische Brüder – der 19jährige Samir und der 16jährige Khaled - nach langer, beschwerlicher Flucht Deutschland. Sie beantragten Asyl. Von der sogenannten Dublin-Verordnung hatten sie noch nie etwas gehört: Diese besagt, dass Flüchtlinge ihr Asylverfahren dort betreiben müssen, wo sie erstmals EU-Boden betreten haben – in ihrem Fall war das Ungarn. Während Khaled in einer Jugendeinrichtung betreut wurde, erhielt Samir im März einen Abschiebebescheid. Obwohl sein Anwalt vor Gericht auf Menschenrechtsverletzungen in Ungarn und auf die schützenswerte familiäre Bindung hinwies, sollte er nach Ungarn zurückgeschoben werden und sein jüngerer Bruder allein in Deutschland bleiben. Ungarn ist berüchtigt für seine von Regierungsseite geschürte Fremdenfeindlichkeit, außerdem drohen Flüchtlingen dort Haft oder Obdachlosigkeit. Hinzu kam die beabsichtigte Trennung der beiden Brüder. Die Jugendeinrichtung informierte deshalb den Jesuiten-Flüchtlingsdienst (Jesuit Refugee Service - JRS), der Samir in ein Kirchenasyl in einer Münchner Pfarrei vermittelte. Laut Dublin-Verordnung muss eine Rückschiebung innerhalb von sechs Monaten erfolgen, sonst geht die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf den Staat über, in dem sich der Flüchtling aufhält. Kirchenasyl soll diese Frist überbrücken, um in Einzelfällen eine Rückschiebung und die damit verbundenen Härten zu verhindern. Für die Gemeinde und den JRS waren diese Härten im Fall der syrischen Brüder offensichtlich. Wenige Wochen später wurde jedoch auch dem 16-jährigen Khaled ein Abschiebebescheid zugestellt. Wie schon bei Samir sah das Gericht keine Mängel im ungarischen Asylsystem, und überraschenderweise wurde nun doch der familiären Bindung Schutzbedürftigkeit eingeräumt: Beide sollten zusammen abgeschoben werden. In dieser Situation schützte das Kirchenasyl des älteren Bruders auch den jüngeren. Eines von weit über 100 Kirchenasylen, in denen der JRS beratend, vermittelnd und – dank Spenden – auch finanziell unterstützend tätig geworden ist. Eine von mehreren hundert Geschichten, die hinter der bundesweit rasant gestiegenen Zahl von Kirchenasylen stehen. Waren es 30 Vorgestellt Jesuiten n September 2015 n Messe feiern Kirchen schützen Flüchtlinge vor drohenden Menschenrechtsverletzungen.

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