Jesuiten 2015-3

Wie stehen wir vor Gott? Herr erbarme Dich Pater Josef Grotz hatte da seine ganz eigene sympathische Ansicht. Ich kann mich noch gut an seine letzte Messe in der Marienkapelle in Würzburg erinnern, bei der er mit verschmitztem Lächeln das Kyrie anleitete: „Ja Jesus, jetzt stehen wir vor dir. Mit all dem, was wir mitbringen und all dem, was wir falsch gemacht haben. – Pause – Bist selber schuld, du hast uns ja so geschaffen, das hast du jetzt davon – Pause – und du wolltest es genau so, weil wir dir so passen. Darum sind wir auch sicher, vor deinen Augen Gnade zu finden und danken dir dafür.“ Josef lebte ganz aus dem Vertrauen, dass Gott Liebe ist – und je älter er wurde, desto überschwänglicher und länger konnte er davon sprechen. Diesen Gott der Liebe erlebte Josef auch als Begleiter in schlimmen Zeiten. Viele Dinge in seinem Leben liefen quer. Er durchlitt im Krieg die Schuld des Tötens, der Härte und der Zurückweisung, und doch war diese Zeit für ihn auch voller Gotteserfahrung. Ihn trieb das Gefühl um, als Theologe gescheitert zu sein, und wusste doch genau, dass dies erst seine von ihm heiß geliebte Tätigkeit in Würzburg im Priesterseminar, der Telefonseelsorge und in der Marienkapelle ermöglichte. Er verzweifelte am Orden und seiner Lebensform und fand doch im Orden die Quelle seiner Spiritualität, Vorbilder, Rückhalt und Freunde. Er durchlitt Krankheiten und den Tod vieler Bekannter und fand gerade darin Sinn und Hoffnung. Gott erlebte Josef dabei als forderndes Gegenüber, das ihm half, durch diesen Dschungel einen Weg zu finden. Er schrieb in seinem Lebensrückblick: „Ja, Herr, so hast Du mich zappeln und suchen lassen, wo ich Dich doch schon gefunden hatte. Du hast mir klargemacht, dass unser Suchen-Müssen kein Ende findet. Bei allem Suchen, das zum Finden wird, kann es nie zum Besitzen werden. Immer neu bist Du für eine Überraschung gut. Immer wieder reißt Du uns heraus aus falscher Selbstsicherheit, erinnerst uns, dass wir 4 Schwerpunkt Jesuiten n September 2015 n Messe feiern Gott ist immer neu für eine Überraschung gut. Immer wieder reißt Er uns heraus aus falscher Selbstsicherheit.

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