Jesuiten 2016-1

Hilfe im Alter Natürlich brauche ich jetzt, da ich alt geworden bin, für dies und das auch Hilfe. Mir kommt das aber nicht viel anders vor als in der aktiven Zeit. Auch dort war es für mich immer wieder notwendig, mir Hilfen zu suchen und Hilfe anzunehmen. Was sich im Alter ändert, ist, dass mein alter Leib nicht mehr so will wie früher, und das anzunehmen fällt nicht leicht. Meine Nerven, mein Gedächtnis, meine Spannkraft – alles, was ich mir über Jahre durch viel Training und mit viel Freude aufgebaut habe, schwindet mehr und mehr. Habe ich mich früher einfach auf meinen Körper verlassen, so beweist er mir jetzt immer wieder von neuem, wie ich ihm und seinen Launen ausgeliefert bin. Ja – das ist vielleicht die stärkste Veränderung: Ich brauche für alles viel mehr Zeit als früher. Anfangs war ich wütend, später lernte ich mir Hilfen zu organisieren, so dass ich manches Defizit ausgleichen konnte. Heute genieße ich meinen eigenen, langsameren Rhythmus und erlebe ihn als einen heilsamen Abstand zum Getriebensein so vieler meiner Mitmenschen. In meiner Umgebung erlebe ich viele hilfreiche Menschen, die gerne und schnell dabei sind, mir schwierig erscheinende Tätigkeiten abzunehmen. Und doch möchte ich gerne das, was ich noch selber tun kann, auch selber tun. Es kommt etwa bei Tisch vor, dass meine Tischgenossen mir nacheinander Dinge reichen, die ich mir gerne selber nehmen möchte und auch nehmen kann, wenn man mir die Zeit dazu ließe. Überhaupt ist mir meine Selbstbestimmung sehr wichtig. Ich komme mit mir selber ganz gut zurecht. Die Hilfe von Ärzten, die ich jetzt regelmäßig aufsuchen muss, tut in der Regel gut. Bisweilen nagt in mir der Kummer, dass ich von ihnen abhängig bin. Hilfe, die ich wirklich brauche und mich unterstützt, kann ich gut annehmen. So ist es gut, wenn mich jemand bei Arztgängen begleitet oder fährt, wenn die Wege zu weit sind. Die Nähe von mir vertrauten und verbundenen Menschen gibt mir Geborgenheit, die ich genieße. Ich kann deshalb meinen jüngeren Mitbrüdern nur wünschen, dass sie gute Freundschaften pflegen und auch die Beziehung zu den Mitbrüdern am Ort. Im Übrigen sehe ich mein Altwerden als den Weg, den Gott mich jetzt führt. Dabei sind mir vertraute Gebete und die Heilige Kommunion ein großer Trost. Ich weiß, dass ich sterben muss und dass dieser Schritt durch eine Tür führt, hinter die noch niemand geschaut hat. So bitte ich Gott jeden Tag darum, dass er barmherzig mit mir ist und mich nicht verlässt – oder vielmehr, dass ich ihn nicht verliere. Um Vertrauen und ums Gebet bitte ich, dass ich endlich mein Leben Gott, der mich von Kindheit an getragen hat, in Frieden zurückgeben kann. Markus Franz SJ 9 JESUITEN n MÄRZ 2016 n DER BARMHERZIGE SAMARITER

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