Jesuiten 2016-2

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, manche Gläubige machen ihren Gottesdienstbesuch davon abhängig, ob sie eine gute Predigt erwarten dürfen. Und es stimmt: Die Rolle der Predigt wird bereits in der frühen Kirche als ein zentrales Element der Glaubensunterweisung betrachtet. Doch kann man fragen: Wie wichtig ist die Predigt eigentlich? Und warum? Der heilige Ignatius gibt seinen Jesuiten mit auf den Weg, dass eine Predigt nicht nur belehren, sondern vor allem das Herz bewegen soll. Die Zuhörer sollen bewegt werden, Gott zu suchen und ihr Herz für Gott zu öffnen. Dabei sieht sich Ignatius in eine lange Tradition gestellt, welche bereits für die ersten Christen in der Antike eine bedeutsame Rolle spielte. Wenn Sie einen Gottesdienst besuchen, dann sollten sich kaum Überraschungen einstellen. Die Liturgie ist einheitlich und die liturgischen Elemente, wie z.B. die Tagesgebete, die Lesungs- und Evangelientexte sind überall gleich. Und das ist gut so, wenn die Liturgie mit Liebe gestaltet ist. Doch nach der Verkündigung des Evangeliums erhält der Gottesdienst spätestens durch die Predigt eine individuelle Note. Und Ihr Herz wird bewegt: Vielleicht langweilen Sie sich? Vielleicht ärgern Sie sich auch über den Prediger? Oder fühlen Sie sich angesprochen und nehmen etwas mit für den Alltag? Jeder Gottesdienstbesucher hat schon einmal solche Erfahrungen gemacht. Doch es gibt auch die andere Seite. Der Prediger steht vor der Gemeinde und redet – er hat sich hoffentlich vorbereitet und in der Ausarbeitung überlegt, was und wie er es sagen möchte. Oftmals weiß er jedoch nicht, ob seine Gedanken bei der Gemeinde ankommen. Im Augenblick der Predigt kann er verwirrt sein. Zuhörer sitzen mit geschlossen Augen in den Reihen – schlafen sie oder hören sie konzentriert zu? Warum reden einige miteinander? Andere Male wird der Prediger vielleicht den Eindruck gewinnen: Ja, spitze, die Gläubigen hören wirklich zu, wir sind in einem Dialog! Gläubige und Prediger stehen regelmäßig einander gegenüber, allerdings kommen sie nur selten über die Predigt miteinander ins Gespräch. Was schätzen Zuhörer an Predigten? Was schreckt sie ab? Worüber würden Zuhörende gerne einmal predigen? Wie ergeht es dem Prediger in der Vorbereitung und wie ergeht es ihm mit seiner Rolle als Prediger? Welche Herausforderungen und Freuden nimmt der Prediger wahr? In diesem Heft dürfen Sie sich auf unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen freuen. Christian Braunigger SJ Stefan Hofmann SJ 1 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

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