Jesuiten 2016-2

Predigen 2016/2 ISSN 1613-3889 Jesuiten

Titelfoto: Ambo und ewiges Licht, Herz-Jesu-Kirche in München © KNA-Bild Ausgabe Juni/2016 Jesuiten 1 Editorial Schwerpunkt 2 Die Predigt der ersten Jesuiten 4 Als Predigten noch ein Event waren 6 Heutige Erfahrungen des Predigt-Hörens 8 Was ich predigen würde – Worte von Laien 10 Der Prediger als Hörender 12 Evangelische und katholische Perspektiven 14 Kurz oder lang? 16 Predigen für Kinder 18 Die innere Armut des Predigers 20 Die Heiligen sprechen lassen Geistlicher Impuls 22 Der eigenen Sehnsucht folgen Nachrichten 24 Neues aus dem Jesuitenorden Personalien 28 Jubilare 29 Verstorbene DVD – Medien 29 Missionare im Gespräch Vorgestellt 30 Schulseelsorge am Aloisiuskolleg 33 Autoren dieser Ausgabe Die besondere Bitte 34 Gute Prediger für den Orden 37 Standorte der Jesuiten in Deutschland

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, manche Gläubige machen ihren Gottesdienstbesuch davon abhängig, ob sie eine gute Predigt erwarten dürfen. Und es stimmt: Die Rolle der Predigt wird bereits in der frühen Kirche als ein zentrales Element der Glaubensunterweisung betrachtet. Doch kann man fragen: Wie wichtig ist die Predigt eigentlich? Und warum? Der heilige Ignatius gibt seinen Jesuiten mit auf den Weg, dass eine Predigt nicht nur belehren, sondern vor allem das Herz bewegen soll. Die Zuhörer sollen bewegt werden, Gott zu suchen und ihr Herz für Gott zu öffnen. Dabei sieht sich Ignatius in eine lange Tradition gestellt, welche bereits für die ersten Christen in der Antike eine bedeutsame Rolle spielte. Wenn Sie einen Gottesdienst besuchen, dann sollten sich kaum Überraschungen einstellen. Die Liturgie ist einheitlich und die liturgischen Elemente, wie z.B. die Tagesgebete, die Lesungs- und Evangelientexte sind überall gleich. Und das ist gut so, wenn die Liturgie mit Liebe gestaltet ist. Doch nach der Verkündigung des Evangeliums erhält der Gottesdienst spätestens durch die Predigt eine individuelle Note. Und Ihr Herz wird bewegt: Vielleicht langweilen Sie sich? Vielleicht ärgern Sie sich auch über den Prediger? Oder fühlen Sie sich angesprochen und nehmen etwas mit für den Alltag? Jeder Gottesdienstbesucher hat schon einmal solche Erfahrungen gemacht. Doch es gibt auch die andere Seite. Der Prediger steht vor der Gemeinde und redet – er hat sich hoffentlich vorbereitet und in der Ausarbeitung überlegt, was und wie er es sagen möchte. Oftmals weiß er jedoch nicht, ob seine Gedanken bei der Gemeinde ankommen. Im Augenblick der Predigt kann er verwirrt sein. Zuhörer sitzen mit geschlossen Augen in den Reihen – schlafen sie oder hören sie konzentriert zu? Warum reden einige miteinander? Andere Male wird der Prediger vielleicht den Eindruck gewinnen: Ja, spitze, die Gläubigen hören wirklich zu, wir sind in einem Dialog! Gläubige und Prediger stehen regelmäßig einander gegenüber, allerdings kommen sie nur selten über die Predigt miteinander ins Gespräch. Was schätzen Zuhörer an Predigten? Was schreckt sie ab? Worüber würden Zuhörende gerne einmal predigen? Wie ergeht es dem Prediger in der Vorbereitung und wie ergeht es ihm mit seiner Rolle als Prediger? Welche Herausforderungen und Freuden nimmt der Prediger wahr? In diesem Heft dürfen Sie sich auf unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen freuen. Christian Braunigger SJ Stefan Hofmann SJ 1 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Die Predigt der ersten Jesuiten „Vorlesung im Messgewand“ – so nannten Seminaristen vor einigen Jahren die Predigten der Jesuiten in den Sankt Georgener Gottesdiensten. Ob zu Recht oder zu Unrecht – man kritisierte die Predigten als zu abstrakt-akademisch, belehrend und zu lang. Dabei gehört das Predigen zu den wichtigsten Aufgaben des Jesuitenordens und wird als Dienst am Wort Gottes in den Gründungstexten noch vor den spirituellen Diensten und den Werken der Liebe genannt. Ignatius und seine Gefährten predigten nach ihrer Priesterweihe so, dass sie auf die Straßen hinausgingen. Sie wollten die Praxis Jesu und seiner Jünger nachahmen. Die ersten Jesuiten predigten auf Marktplätzen, in Hospitälern, Gefängnissen und Gasthäusern. Manchmal waren ihre Methoden so unorthodox (etwa indem sie barfuß und mit Kreuzen auf dem Rücken durch die Straßen liefen), dass sie nicht nur bei offiziellen Stellen, sondern bei Ignatius selbst höchste Missbilligung fanden. Die Predigt der ersten Jesuiten wollte nicht nur belehren, sondern auch die Zuhörer bewegen. Jesuitenpredigten enthielten Worte, die Wirkung zeigten: wie beispielsweise in Genua, wo die Stadt nach der Predigt von P. Laínez ihre Verträge überprüfte, um den Gewinn aus Wucherzinsen einzustellen. Die Predigten sollten aber auch emotional bewegend sein. Aus Schmerz oder aus Freude flossen Tränen, gelegentlich fielen Zuhörer auch in Ohnmacht – immerhin 400 Jahre vor den Beatles. Um Menschen zu bewegen, muss man jedoch auch etwas zu sagen haben. Die Satzungen des Ordens empfehlen deshalb ein gründliches Studium der Heiligen Schrift und entsprechende Predigtübungen. Worüber predigten Ignatius und die ersten Jesuiten? Von Ignatius ist nicht direkt eine Predigt, wohl aber eine „Summe der Predigten von Magister Ignatius über die christliche Lehre“ überliefert. Darin werden die Beichte, die zehn Gebote, die sieben Hauptsünden, die leiblichen und die geistlichen Werke der Barmherzigkeit behandelt. Neben diesen klassischen Themen der Katechese haben die Jesuiten jedoch nicht nur über die Laster und die Heilmittel gegen die Sünde gepredigt. Die positive Lehre sollte die Verkündigung prägen. Das bedeutete, theologische Streitereien mit protestantischen Predigern zu vermeiden. Vor allen Dingen wollten die Jesuiten darüber predigen, wie tröstend, sinnvoll und gut es ist, sich um ein aufrichtiges christliches Leben zu bemühen; Unrecht und Sünde zu vermeiden und sich barmherzig gegenüber den Notleidenden zu zeigen. Bei aller gründlichen Ausbildung zum Predigtdienst war der charismatische Aspekt des Predigens für die ersten Jesuiten ebenso wichtig wie der amtliche. Jesuiten in der Ausbildung und theologisch Ungebildete konnten predigen, wenn sie durch ihr Gebetsleben eine tiefe Vertrautheit 2 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016

mit Gott entwickelt hatten. Ignatius beschreibt die Praxis der Kollegien, die für heutige Verhältnisse von einer großen Offenheit geprägt war: „Und es geschieht häufig, dass die Studenten selber von Gott unserem Herrn mehr Gnade zum Predigen empfangen als die Doktoren, wie in Messina und Palermo. Obwohl es dort Priester – Theologen und Gelehrte! – von den Unseren gibt, predigen andere Leute von den Kanzeln, mit großem Zulauf und großer Zufriedenstellung und großem Gewinn. Und so zeigt sich, dass der Urheber von allem Guten Gott ist und dass von ihm alles ausgeht; und sein heiligster Name wird mehr verherrlicht“. Die ersten Jesuiten glaubten, dass die Erfahrung des Ignatius, von Gott selbst belehrt worden zu sein, auch anderen Menschen zuteilwerden kann, so dass Gott durch ihre Verkündigung und ihr Zeugnis eines guten Lebens viel Gutes bewirken kann. Klaus Vechtel SJ 3 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Petrus Canisius predigt allen Ständen, Pierre Wuilleret, 1635, Fribourg © SJ-Bild/Richard Müller

4 Als Predigten noch ein Event waren Verkündigung in der Frühzeit der Kirche Keineswegs zufällig steht „und Gott sprach“ am Anfang der jüdisch-christlichen Glaubensgeschichte. Wenn Gott sich sprechend durch „das Wort“ erschließt, wird der Glaube an ihn konsequenterweise mit Worten weitergegeben. Von dieser Einsicht waren die nachbiblischen Verkündiger beseelt. Gott, der „viele Male und auf vielerlei Weise zu uns gesprochen hat“, wurde in der Ausbreitung des Christentums in menschlicher Sprache weitergegeben. Dabei konnte die Zusage „wer euch hört, hört mich“ von Predigern und Zuhörern erfahren werden. Augustinus prägte dafür die Formel: „Christus verkündigt in der Predigt Christus“. Dass Gott im Hier und Heute spricht, wurde am deutlichsten im Gottesdienst erlebt. Dort wurde nach jüdischem Vorbild aus der Heiligen Schrift vorgelesen. Sonntags wurden diese Lesungen auf den christlichen Alltag hin interpretiert. Der General-Schlüssel, mit dem die Frühe Kirche die Texte der Bibel liest und deutet, ist Jesus Christus. Aber es ist nicht einfach die Glaubensverkündigung, die die frühchristliche Predigt zu einer Erfolgsgeschichte werden ließ. Vielmehr wurden die sogenannten Kirchenväter wegen ihrer Vorliebe, sich sprachlich an der Gegenwartskultur ihrer Zeit auszurichten, zu einem Stadtevent. Wenn Johannes, der wegen seiner Predigtkunst den Beinamen Chrysostomus – Goldmund – erhielt, predigte, dann war klar, dass er entsprechend den Regeln antiker Rhetorik neben gutem Stil und stringenter Argumentation die Spannung zwischen Glaubenslehre und Erheiterung seiner Zuhörerschaft zu gestalten wusste. Deshalb waren seine Predigten ein Ereignis, das man sich nicht entgehen ließ, selbst wenn man nicht getauft war. So lässt Chrysostomus keinen Zweifel daran, dass die Hilfe für Bedürftige keine Obergrenzen kennt: „Wenn wir einen Ungläubigen im Unglück sehen, sollen wir ihm Gutes tun und überhaupt allen Unglücklichen ohne Unterschied helfen, besonders aber dem Gläubigen, der in der Welt lebt.“ Solche Worte wurden im kaiserlichen Byzanz als skandalös empfunden. Der Prediger wurde verbannt. Dieser Universalismus bleibt auch angesichts des aktuellen Flüchtlingselends eine Herausforderung. Durch Predigten gelang es, der sich entwickelnden Theologie eine Form zu geben. Darüber hinaus wurden christliche Lebensvorstellungen in einer religiös vielschichtigen Welt – der säkularen Gesellschaft von heute nicht unähnlich – überzeugend vorgestellt. Der äußerlichen Gelehrsamkeit und leeren Geschwätzigkeit heidnischer Redner wird die angeblich schlichte Beredsamkeit und der bescheidene Lebensstil der christlichen SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Prediger gegenübergestellt: nicht wie Philosophen, sondern wie Fischer. Weisheit sei wichtiger als perfekter Stil. Predigt war in der frühen Christenheit mehr als Glaubensinformation, sie wollte Zeugnis sein und zu eigener Glaubenserfahrung befähigen. Ein derartiges Verständnis von Verkündigung gefiel dem Ordensgründer Ignatius. Hauptaufgabe der Jesuiten ist der „Dienst des Wortes“ bzw. der Dienst am Wort. Sowohl in der Darlegung einer Sache (narratio) als auch in der Beweisführung (argumentatio) sollen Jesuiten Herz und Verstand überzeugen. Deswegen nennt Ignatius in den Exerzitien Hieronymus, Augustinus und Gregor den Großen namentlich als Vorbilder. Ihre Verkündigung sei „positiv“, und es sei ihnen mehr eigen, „das Gemüt anzuregen, um in allem Gott Unseren Herrn zu lieben und Ihm zu dienen“. Das ist die ignatianische Übersetzung des Predigtideals der Kirchenväter: belehren, dabei erfreuen und trösten und so zu einem Lebenswandel motivieren, in dem das Wort Fleisch wird. Stephan Ch. Kessler SJ 5 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN © KNA-Bild Franz von Assisi predigt den Vögeln, Giotto di Bondone, Basilika San Francesco

Heutige Erfahrungen des Predigt-Hörens Wenn die Sonntagspredigt mit den Worten „Morgens, wenn Sie in Ihr Badezimmer gehen...“ beginnt oder mit Dinosauriern oder mit Conchita Wurst, dann spüre ich, wie es in mir einen Ruck gibt und ich ganz Ohr bin. Das ist eine freudige Überraschung, dass mir die Lesung und das Evangelium so erläutert werden. Bei solchen Predigten merke ich oft, wie ich wach mitgehen kann. Wenn die Bibeltexte dagegen hoch theologisch erläutert werden, dauert die Predigt eine gefühlte Ewigkeit. Die genannten „Querschläge“ sind mir als Denkanstöße in Erinnerung geblieben, und ich muss selbst jetzt noch lächeln, wenn ich an die Aussagen über das Badezimmer oder die Dinosaurier denke und versuche, die Verknüpfungen mit Jesus in Erinnerung zu rufen. Diese Predigten führen mich zur Neugier, was mir das Wort Gottes noch alles sagen kann? So finde ich Gott im Alltag, in den Themen, über die man redet. Durch diese nicht ganz so legalen Predigten lerne ich außerdem, mich anzunehmen. Hier darf ich, so wie ich bin, und mit meiner Realität vor Gott anwesend sein. Margot Brandes 6 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Was kann mir das Wort Gottes sagen?

Bei einem etwas ungewöhnlichen Anlass wurde mir zum ersten Mal bewusst, welche Überzeugungskraft ein Prediger entfalten kann: Ein stadtbekannter Lebemann war verstorben, und unser Heimatpfarrer predigte eindringlich von der späten Reue des eigentlich herzensguten Sünders. Zum Schluss der Predigt war die sehr zwielichtige Trauergemeinde zu Tränen gerührt und fest entschlossen, fortan ein anständiges Leben zu führen – auch wir Ministranten schnieften und schnäuzten in unsere Taschentücher. Ich erlebte viele große Predigten unseres Pfarrers und war erstaunt, als er mir Jahre später erzählte, er habe während seiner Kaplanszeit enorme Schwierigkeiten beim Predigen gehabt. Er habe begonnen, sich vorzustellen, dass seine Zuhörer Freunde seien, welchen er in einem kurzen Brief mitteile, was ihm am Herzen liege: „Freunde verzeihen Formfehler, zu lange und zu kurze Briefe – aber sie merken sofort, wenn mich das Thema nicht interessiert.“ Ich habe viele gute und schlechte Predigten gehört, aber letztlich ist eines entscheidend: Wenn sich ein Pfarrer genug Zeit nimmt, um seine Gedanken zu ordnen, und herausstreicht, wovon sein Herz erfüllt ist, merken wir Zuhörer das und sind ihm dankbar – als Freunde, die sich mit ihm über kluge Einsichten freuen. Stefan Einsiedel 7 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Wenn sich ein Pfarrer genug Zeit nimmt, merken wir das und sind ihm dankbar. © SJ-Bild/Christian Ender

Was ich predigen würde … Worte von Laien Gott eine Stimme geben Seit unser Sohn verliebt ist, läuft sein Handy heiß. So viel Neues kann es gar nicht geben. Aber von ihr hören, sie hören, in Verbindung sein… macht ihn glücklich. Das Handy überbrückt die Zeit bis zum Wiedersehen. Von einer Predigt erwarte ich nicht unbedingt immer neue Informationen über Gott. So viel Neues, dass es Sonntag für Sonntag zehn Minuten füllt, kann es gar nicht geben. Aber ich möchte, dass die Predigt mich glücklich macht. Oder jedenfalls, dass sie mir hilft, die Zeit zu überbrücken – die Zeit bis zum Wiedersehen. Gott teilt sich mit, nicht etwas über ihn, sondern sich selbst. Jesus ist sein Wort. Das will ich hören. Natürlich braucht das Wort Gottes eine Stimme, eine menschliche Stimme. Das Wort Gottes braucht Worte, die gesprochen werden. Diese Worte sind nicht Gottes Wort, aber ich möchte, dass sie Jesus Stimme geben, ihn tönen lassen: Gotteswort im Menschenwort. Es stört mich nicht, dass es Menschenwort ist. Es stört mich nicht, wenn der Prediger rhetorisch nicht sehr begabt ist, es stört mich nicht, wenn er anders denkt als ich. Aber es macht mich ärgerlich, wenn ich nur ihn höre, wenn er über sich selbst spricht, während er über Gott redet, wenn er theoretisiert. Er weiß Gott nicht besser als ich, nicht besser als die anderen Hörerinnen und Hörer des Wortes, und er möge auch nicht so tun. Mit „Gott-Wissern“, „GottBesitzern“, „Gottes-Willen-Kennern“ tue ich mich sehr schwer. Ich will spüren, dass der Prediger Jesus mag, dass er mit ihm spricht, dass er persönlich einen Weg mit Jesus geht, dass er sich von Jesus formen lässt, dass er glücklich ist, wenn Gott spricht, dass er glücklich ist, Gottes Wort in seinen Worten sagen zu dürfen. Und weil ich sonntags gerne ein wenig faul bin und nicht ständig kritisch achtsam sein will, ob die Stimme, die ich höre, wirklich dem Jesus der Evangelien eine Stimme gibt, bin ich darauf angewiesen, dass sich der Prediger sorgfältig in das Wort Gottes, das er auslegt, vertieft hat – in theologischer, auch exegetischer Anstrengung und in geistlicher Aneignung. Die Predigt überbrückt ja nur die Zeit bis zum Wiedersehen. Wenn der Prediger mich also zu Gott hin bewegt, wenn er mir gar Raum, Zeit, Anstoß gibt, Gott selbst zu suchen und zu finden, dann macht mich seine Predigt glücklich – auch wenn er vielleicht ganz traurige Dinge sagt. Peter Hundertmark 8 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Wer ist dieser Jesus? Was tut er heute? Schlägt man etwa den Anfang des Markusevangeliums auf, wo vom Beginn des Wirkens Jesu berichtet wird, stößt man auf die Worte: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ (Mk 1,15) Und keine zehn Verse später steht über Jesus, dass er in der Synagoge lehrte – und zwar so, dass die Menschen betroffen waren (Mk 1,21). Offensichtlich waren Verkündigen und Lehren nicht zwangsläufig dasselbe. Ähnliches findet sich auch bei Matthäus (Mt 4). Man liest von Paulus und Barnabas, dass sie das Wort Gottes verkündigten und lehrten (Apg 15,35). Was und wie predigen? Nun macht es wohl Sinn, zu Leuten, die mit Heiliger Schrift und Gottesdienst vertraut sind, anders zu reden, als zu jenen, die es nicht sind. Wer sind die Zuhörenden, wo stehen sie? Kennen sie den lebendigen Jesus Christus persönlich und hat er einen Platz in ihrem Alltag? Haben sie echte Fragen? Sind sie bereit zu lernen? Wenn ja, dann kann man lehren. Wenn nicht, dann wäre es eher angesagt, zuerst zu verkündigen. Ich glaube, dass Paulus auf seinen Missionsreisen genau so gearbeitet hat und genau diese Überlegungen relevant bleiben. Was hat Jesus verkündigt? Was war seine Botschaft? Über diese Frage nachzudenken, eröffnet mir ein Universum an Impulsen. Ein Trampelpfad der Ideen führt mitunter dahin, dass Jesus Christus selbst die gute Botschaft ist: Gott ist als Mensch zu uns Menschen gekommen, zu unserem Heil und unserer Erlösung. Wenn wir ihn sehen, sehen wir den Vater (vgl. Joh 14,9). Wenn Jesus voll Erbarmen ist, ist der Vater voll Erbarmen. Wenn Jesus menschenfreundlich ist, heilig, interessiert an uns – dann ist es auch der Vater! Was bedeuten dann das Heil und die Erlösung, die Gott uns anbietet? Ich würde mit anderen gerne darüber nachdenken, was man sich unter diesen – mitunter alltagsfremden – Begriffen vorstellen kann. Und wie können diese in meinem Leben real werden? Ein weiterer gedanklicher Trampelpfad könnte sein, dem Wirken des Heiligen Geistes in der Apostelgeschichte nachzuspüren: Was haben diese Erzählungen mit der konkreten Manifestation vom nahenden Himmelreich zu tun? Was ist mit Heilung und Wundern, Befreiung und Charismen in der Kirche heute? Wenn Christus lebendig ist – und das glaube ich – und wir jetzt in der Gemeinschaft der Heiligen und Märtyrer leben, welche Konsequenz hat das für mich – und für die Kirche? Darüber würde ich gerne reden – oder auch hören: Wer ist dieser Jesus? Was tut er heute? Ruth Brožek 9 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Der Prediger als Hörender Kurz nach der Priesterweihe wurde mir eines sehr schnell klar: In den meisten Gottesdiensten, denen ich vorstand, war ich einer der Jüngsten. Was hat diese Einsicht für Konsequenzen, wenn man vor einer Gemeinde steht und predigt? Da hat man seine ganze Theologie und Philosophie, eine Menge Elan und Begeisterung für die Arbeit und einiges an Idealen – und vor einem sitzen Menschen mit viel mehr Lebenserfahrung und wollen zuhören. Kann es die Aufgabe des Predigers sein, den Menschen von seinem Wissen, seinen Einsichten und (echten oder vermeintlichen) Weisheiten mitzuteilen? Nach einer Messe kam ein Gottesdienstbesucher zu mir und bedankte sich für die Predigt mit den Worten: „Ich hatte das auch schon so gedacht, aber mir haben immer die Worte dafür gefehlt.“ Wäre es nicht brillant, wenn der Prediger dabei hilft, dass die Menschen zu einem Vokabular finden, mit dem sie ihre eigenen Glaubens- und Lebensfragen stellen und miteinander nach Antworten suchen können? Wenn er nicht den großen Weisen vom Berg spielt, der den anderen das Leben und Gott erklärt, sondern wenn er ein Gespür für die Fragen derer entwickelt, die vor ihm sitzen – und eben keine Antwort darauf gibt? Wenn ich heute vorne stehe, dann sehe ich junge Menschen vor mir, die mit Herausforderungen zu ringen haben, die mir als Ordensmann erspart bleiben: die Sorge für eine Familie, die Angst um den Arbeitsplatz (oder davor, keinen zu bekommen), die Gestaltung der Partnerschaft und die Erziehung der Kinder, all das prägt ja das Leben und auch die eigene Spiritualität. Oder die alten Menschen, die oftmals schon Situationen durchleben mussten, über die ich predigen zu dürfen glaubte – es wäre unehrenhaft, so zu tun, als könnte ich diesen Menschen etwas übers Leben erzählen, so als hätte ich ihnen etwas voraus. Genauso unehrenhaft wäre es aber, sich ins bloß luftig irreal Spirituelle zu verabschieden. Es gehört zur Arbeit des Predigers, zu verstehen, für welche Fragen, welche Nöte die Menschen, mit denen er zu tun hat, Worte, Ideen, Anregungen brauchen. Er ist niemals Anführer, manchmal Begleiter, immer Lernender. Der hörende Prediger ist derjenige, dem die Bitte aus einem der Schweizer Hochgebete in Fleisch und Blut übergegangen ist: „Mache uns offen für die Menschen um uns, dass wir ihre Trauer und Angst, ihre Hoffnungen und Freuden teilen und ihnen den Weg weisen zum Heil.“ Ansgar Wiedenhaus SJ SCHWERPUNKT 11 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Papst Franziskus während der Predigt, Petersdom in Rom © KNA-Bild

Evangelische und katholische Perspektiven So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber aus dem Wort Gottes (Röm10,17) Da sind wir nun. Mal wieder. Mein Bildschirm und ich. Die Aufgabe ist definiert. Die Vorarbeiten sind erledigt. Der Countdown läuft. Ich setze an, schreibe, lösche, stehe auf, gehe umher, rastlos. Ich setz’ mich wieder hin, blätter’, lese, pule, klicke, tippe, ... gucke. Es dauert. Manchmal bis weit in die Nacht. „Quälst Du Dich?“ „Ja. Schon.“ „Ich denke, Du kannst das. Das kann doch nicht so anstrengend sein!“ Ist es aber. Und es ist in Ordnung. Es gehört für mich zum Predigtschreiben dazu. Predigtschreiben ist für mich, als arbeitete ich an einer Übersetzung. Dabei ringe ich mit all den Redewendungen, die mir den Kopf verstopfen, mit Übertragungsvarianten, die nur so ungefähr stimmen, mit den Grenzen meines Verstandes, meiner Erfahrung und meiner Kreativität. Meine Übersetzung soll korrekt und präzise sein, nicht zu technisch, aber auch nicht zu simpel. Ich gebe mein Bestes, denn schließlich übersetze ich nicht irgendwas. Ich übertrage heilige Texte. Ich versuche jahrtausendealte Erfahrungen der Menschen mit Gott in unsere Lebenswirklichkeit einzutragen. Ich versuche, diese in alte Sprache und Bilder verpackten Erfahrungen freizulegen, zu erklären, zu versprechen, damit ihre Gültigkeit, ihre Verheißung, ihre Mahnung, ihre Sehnsucht, ihre Kraft und ihr Trost spürbar werden. Diese Berührung konkurriert mit der Gleichgültigkeit und der Ahnungslosigkeit. Sie ist wichtig, um an Gott glauben zu können. D.h. um unser Leben und unser Sterben mit all unserem Tun, unseren Erfolgen und unserem Scheitern im Lichte des Heilsgeschehens durch Jesus Christus begreifen zu können. Insofern hat die Predigt, wie es schon Paulus (Röm 10,17) wusste, für den Glauben eine identitätsstiftende und -fördernde Funktion. Deshalb steht sie im Zentrum des Gottesdienstes. Da sind wir nun. Mal wieder. Mein Bildschirm und ich. Die Aufgabe ist definiert. Die Vorarbeiten sind erledigt. Der Countdown läuft. Ich setze an, schreibe, lösche, stehe auf, gehe umher, rastlos. Und was, wenn ich es nicht schaffe, diese Übersetzung? Wenn ich nicht vermittle und berühre, sondern langweile oder sogar verärgere? Was, wenn mir nichts mehr einfällt, wenn meine Zweifel mich blockieren? Dann bleibt mir darauf zu vertrauen, dass das Wort Gottes für sich wirkt: stark und mächtig. Eva Jain 12 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Warum Predigen ein bisschen wie Fußball ist ... Wenn ich gefragt werde, ob ich die Predigt im katholischen Gottesdienst für wichtig halte, so antworte ich mit einem entschiedenen „Jein“. Ich finde es irritierend, wenn mir Gläubige sagen, dass sie nicht mehr in eine bestimmte Gemeinde gehen, weil dort die Predigten so schlecht sind. Eine derartige Haltung irritiert mich, weil es so klingt, als wäre die Predigt das Wichtigste im katholischen Gottesdienst. Ist sie aber nicht. Das Wichtigste am Gottesdienst ist die Beziehungspflege: mit meinen Mitchristen, indem wir uns versammeln, und mit Gott, indem wir ihm gemeinsam danken und uns in Erinnerung rufen, was er für uns getan hat und tut. Wer wegen einer schlechten Predigt wegbleibt, der scheint mir wie ein Fußballfan, der nur dann ins Stadion geht, wenn seine Mannschaft gut spielt. Vielleicht hilft dieses Bild auch, um besser zu verstehen, welche Aufgabe dem Prediger zukommt und warum die Predigt auch nach katholischem Verständnis ein wichtiges Element des sonntäglichen Gottesdienstes ist. Ein guter Prediger ist wie ein Fernsehkommentator oder Stadionsprecher. Er kommentiert das Spielgeschehen auf dem Feld, gibt Hintergrundinformationen und unterhält die Zuschauer einfach, wenn es streckenweise nicht so spannend ist: Das Wichtigste im Gottesdienst ist das „Spiel“, die Interaktion zwischen Gott und Mensch. Und damit diese Beziehung reifen kann, braucht es Kommunikation. Das Hören und Antworten auf das Wort Gottes ist deshalb wesentlich. So wie ein guter Kommentator den Spielverlauf nachvollziehbarer macht, so macht ein guter Prediger das Wort Gottes verstehbarer, z.B. indem er kulturgeschichtliche Hintergründe liefert oder mal eine exegetische Zeitlupe einspielt. Am bedeutsamsten ist aber, dass ein Prediger „bezeugt“, d.h. dass er seine Leidenschaft für Gott erfahrbar macht, sein Ergriffensein durch das Wort Gottes. Und manchmal geht es vielleicht auch einfach darum, die Gemeinde zu ermutigen, wenn das gehörte Wort allzu dröge erscheint. Der Predigt kommt eine unersetzbare Funktion in der wöchentlichen Versammlung der Gemeinde zu. Wie gepredigt wird, ist nicht unwichtig: So wie die Predigt der Kommunikation der Menschen mit Gott im besten Fall dient, so kann sie diese im schlimmsten Fall behindern. Und dennoch bleibe ich bei meinem „Jein“, denn bei aller Liebe für gute Predigten: Ins Stadion geht man wegen des Spiels und der Mannschaft, nicht wegen des Stadionsprechers! Patrick Zoll SJ 13 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Kurz oder lang? Kurze Predigten haben Vorteile Eine zeitlich begrenzte Ansprache trägt dem veränderten Erfassungsverhalten des modernen Menschen Rechnung. Durch die Fülle der Informationsangebote und der weit verbreiteten Reizflut hat der Mensch von heute eine neue Art entwickelt, die Dinge wahr- und aufzunehmen. Das Erfassungsvermögen unserer Zeitgenossen hat sich nicht – wie oft behauptet – verringert, es hat sich diversifiziert. Aus diesem Grund müssen Lehrende von heute viel Energie in die Methodenvielfalt des Unterrichtes legen. Diese Methodenvielfalt steht dem Prediger in aller Regel – und aus meiner Sicht: Gott sei Dank – nicht zur Verfügung. Deshalb könnte eine kurz gehaltene Predigt eine wichtige Anpassung der Verkündigung an die veränderte Wirklichkeit der Menschen sein. Die knapp gehaltene Verkündigung ist auch für den Prediger ein Gewinn. Eine gekürzte Redezeit zwingt ihn zur Prägnanz, thematisch wie rhetorisch, was nicht selten mehr Vorbereitungszeit benötigt. Die thematische Prägnanz ist notwendig, weil die Kurzansprache nur Zeit für einen Gedanken lässt. Gemäß Lk 10,42 (Maria-Martha-Erzählung) muss derjenige, der nur wenige Minuten hat, das „eine Notwendige“ identifizieren und benennen, was jetzt zu verkündigen ist. Die minimierte Zeit setzt voraus, dass ich das gewählte Thema wirklich zu Ende gedacht und durchmeditiert habe. Nur, was ich klar habe, kann ich auch klar benennen. Rhetorische Prägnanz wiederum ist gefordert, weil es gilt, in der Kürze das Entscheidende auch sprachlich auf den Punkt zu bringen. Die kurze Predigt lebt von einer Methode, die den scherzhaften Namen „Bikini-Methode“ trägt: Sie ist kurz, knapp und deckt das Wesentliche ab. Diese Reduzierung führt zu einer Verknappung der Aspekte und zu Verkürzungen. Das ist der zu zahlende, aber sich lohnende Preis der kurzen Predigt. Schließlich hat von einer kurzen und prägnanten Predigt, die einen Gedanken markant herausarbeitet, auch der einzelne Zuhörer etwas. Ihm wird etwas vorgelegt, was in ihm – gerade durch die verkürzende und einseitige Darstellung – eine Regung auslöst, egal ob Zustimmung, Skepsis oder Ablehnung. Diese Regung ist der Türöffner für das eigene Weiterbedenken. Das ist eine Chance. Denn bekanntlich „sättigt nicht das Vielwissen die Seele, sondern das Verkosten der Dinge von innen“ (Ignatius von Loyola). Eine solche Sättigung der Seele ist ein bedeutender Bestandteil einer guten Verkündigung. Gregor Giele 14 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Was eine lange Predigt gut macht … Selbstverständlich kann man auch allein und nur für sich selber predigen. Normalerweise aber wird eine Predigt vor anderen Menschen gehalten. Vor ihnen wenigstens, ob für sie, ist schon eine Frage. Eine Predigt nimmt also die Zeit anderer in Anspruch. Daher sollte sich jeder gut überlegen, ob das, was er zu sagen hat, auch wert ist, andere mit ihrer Zeit dafür bezahlen zu lassen. Wenn nichts Bemerkenswertes zu sagen ist, sollte wenigstens nur kurz gesprochen werden. Dann ist die Sache für alle Beteiligten rasch ausgestanden. Was aber, wenn einer viel zu sagen hat? Auch dann sollte er imstande sein, es kurz zu sagen. Warum aber kann eine gute Predigt auch lang sein? Eine kurze Predigt gleicht dem in einem Restaurant nach der Bestellung bereits fertig servierten Essen. Die Gänge des Menüs müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt sein. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Aber alles wird für den Gast verborgen in der Küche zubereitet. Bei einer langen Predigt kommt der Koch aus der Küche an den Tisch des Gastes und bereitet das Essen vor dessen Augen vor. Das dauert, bietet aber ganz eigene Genüsse. Die Qualität einer langen Predigt hängt daher eng mit dem Predigtstil zusammen. Es gibt eine Art des Predigens, die nicht fertige Gedanken serviert, sondern die Zuhörer an einer Suchbewegung teilhaben lässt. Wer sich als Prediger auf so etwas einlässt, muss selber ein Suchender sein und den Mut haben, dieses Suchen vor allen anderen aufzuführen. „Aufführen“ deswegen, weil es bei dieser Form des Predigens um eine sprachliche Performance geht. Wichtig ist die Art und Weise, wie ein Inhalt entwickelt wird, wie er nach und nach entsteht. Eines ist eine unerlässliche Bedingung für diese Art des Redens: Ich muss den Mut haben, zu scheitern. Ohne gute Vorbereitung darf sich ohnedies niemand auf so ein Abenteuer einlassen – auch der Koch wird sein Handeln gut geprobt haben. Aber im Moment des Predigens muss ich alles Fertige vergessen und mich im Sprechen auf die Suche nach dem machen, was bereits vorher durchdacht worden ist. Die Gedanken werden nun im Reden verfertigt, es kommen neue dazu, das scheinbar Fertige erweist sich als Ausgang neuer Suchbewegungen und die Hörenden finden im Prediger jemanden, der sie einlädt, einen gemeinsamen Weg zu gehen. Jesus hat den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus lange gepredigt. Und gut. Gustav Schörghofer SJ 15 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

Predigen für Kinder „Stellt Euch einmal vor …“ – so beginne ich meine Predigt in den Schulgottesdiensten vor Kindern und Jugendlichen. Sie sind aufgeweckt, interessiert, voller Erwartungen an die Schule und an das Leben, geprägt durch die neuen Medien und die Welt der Bilder. Sie bringen ihre Vorstellungskraft mit in den Gottesdienst, den wertvollen Raum des inneren Selbst, mit all seinen Gefühlen, Hoffnungen, Träumen und Ängsten. Nicht selten ist er von trivialen Bildern wie vollgestellt, fixiert auf die schnellen Abwechslungen und knalligen Farben der Unterhaltungsindustrie. Doch es ist auch der Raum, in dem sie die eigene Freiheit, die Größe des Menschen und Heilung erfahren können. Die ersten Jesuiten predigten auf den Plätzen von Vicenza, indem sie mit dem Birett winkten und die Leute riefen. Sie hatten Erfolg, denn ihre Methode war denkbar einfach, erwachsen aus dem Geist der Exerzitien des heiligen Ignatius: Sie halfen den Menschen dazu, die eigene Phantasie und Vorstellungskraft zu benutzen, weil sie erfahren hatten, dass die Bilder, die uns innerlich prägen und leben lassen, entweder zur Entfremdung im Glauben führen oder in uns heilsam wirken und neue Möglichkeiten eröffnen können. 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Die Gleichnisse Jesu haben als frohe Botschaft auch für Kinder und Jugendliche ihre Kraft.

Die Gleichnisse Jesu sind der erste, hervorragende Ort der Übung der eigenen Vorstellungswelt. Sie haben als frohe Botschaft auch für Kinder und Jugendliche heute ihre Kraft. Manchmal erzähle ich von eigenen Erlebnissen und deute sie im Glauben. Meist ist es besser, von den Erfahrungen anderer zu berichten. Eine gute Geschichte, sei es eine Heiligenlegende oder eine moderne Kurzgeschichte, auswendig und frei erzählt, kann dazu anregen, eigene Gedanken und Bilder entstehen zu lassen. Entscheidend ist, dass es Raum und Zeit gibt für die eigene Phantasie. „Das Herz wird gemeinhin nicht durch den Verstand erreicht, sondern durch die Einbildungskraft.“ (John H. Newman) Ich versuche mehr und mehr, nicht nur den einzelnen Schüler auf seinem individuellen Glaubensweg anzusprechen, sondern ihm auch zu helfen, in seiner Kultur eine eigene Glaubensidentität zu finden. Das ist zuerst die Schul- oder Kollegskultur; dann sind es auch die vielen unausgesprochenen Regeln und stillschweigenden Vereinbarungen in unserer Gesellschaft. Deshalb verwende ich gerne aktuelle Popsongs, denn auch Künstler und Dichter nutzen die Imagination. Diese hilft uns, den Blick zu weiten, Freiheit zu gewinnen, weil wir die Wirklichkeit annehmen, indem wir unsere Möglichkeiten zu handeln vor Gott erwägen. Wer Visionen hat, muss nicht zum Arzt gehen. Durch Bilder geschieht Veränderung. Christian Modemann SJ 17 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN © KNA-Bild

Die innere Armut des Predigers Anlässlich einer Priesterweihe kam ich mit einem Mitbruder beim Essen ins Gespräch. Er bot mir an, die Räume seiner Institution, in der er arbeitete, zu zeigen; ich nahm dankend an. Allerdings hatte er am Abend noch eine Messe mit Predigt. Als wir in seinem Büro waren, meinte ich nochmals, dass ich ihm nicht seine Zeit der Predigtvorbereitung stehlen wollte. „Kein Problem“, sagte er, öffnete eine Hängeregistraturlade, suchte kurz unter den Blättern, holte eine seiner Predigten heraus und meinte: „Die nehme ich. Die Predigtvorbereitung ist fertig, wir können mit der Führung weiter machen.“ So geht es auch. Leider habe ich keinen solchen Fundus, und eine schon gehaltene Predigt will ich auch nicht vorlesen. So bleibt mir vor jeder Predigt nur der mühsame Weg, mich je neu vorzubereiten durch Lesen, Suchen, Nachdenken, Probieren, um einen Geistesblitz flehen oder mit Dankbarkeit an der Gedanken-Perle feilen, die mir plötzlich eingefallen ist. Manchmal fühle ich mich dabei reich, und manchmal merke ich meine „Armut“ deutlich. Bewusst arm: auf Gott vertrauen Es war Routine: Ich versah als Kaplan regelmäßig einen Friedhofsdienst. Vor dem Abfahren zum Begräbnis ging ich auch an diesem Tag nochmals alles durch: Ablauf der Verabschiedung, Einleitung… – Du lieber Schreck! Ich habe ja die Predigt vergessen vorzubereiten! Nach dem ersten Schock fragte ich mich, was ich in 10 Minuten tun könnte: das ausgesuchte Evangelium lesen, die mich ansprechenden Verse kurz bedenken, einen Gedanken daraus fassen, damit einen Gedankengang entwickeln und noch zwei Minuten für den Verstorbenen beten. Und dann ab! In dieser Situation konnte ich nur noch vertrauen, dass Gott für den Rest sorgt. Für die großen Meister wie Ignatius oder Franz von Assisi ist die Ausrichtung auf Gott für das Predigen das Fundament. Nicht die Eleganz der Worte, nicht der Erfolg und auch nicht der zwingende Gedankenschluss stehen im Zentrum, sondern das innere Feuer, das bei den Zuhörenden zündet. „Mit nichts als unserem Atem“ (Hilde Domin), in Ohnmacht und Vertrauen als Prediger „zu der Freude hinzubewegen, die aus dem Geist Gottes kommt“ (Franz v. Assisi). 18 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Predigen ist die Ausrichtung auf Gott.

Schmerzlich arm: Grenzen spüren 1536 schreibt Ignatius, noch nicht Priester, einem Freund darüber, wie er predigen möchte. Unterschrieben ist der Brief mit: „arm an Tugend“ (de bondad pobre). Das kommt mir bekannt vor: Es fehlt das Gute. Es gibt Predigtvorbereitungen, da durchforste ich stundenlang biblische Kommentare, Predigtbücher, theologische und pastorale Literatur, bedenke zum x-ten Mal den Bibeltext, suche Querverbindungen in anderen Gebieten – aber die Leere bleibt. Es gibt Zeiten, an denen ich nicht predigen will: aus Überdruss, aus gefühlter Gottferne, aus Müdigkeit. Vermutlich gibt es dafür noch mehr Gründe. Ich kann es nicht „machen“; das Instrument bleibt stumm. In solchen Momenten hat „in Armut predigen“ für mich einen schmerzlich-persönlichen Sinn. Ich kann es dann nur wieder mit dem ersten Gedsnken ersuchen... Freudig arm: authentisch sein Ein lebenserfahrener Mitbruder sagte einmal: „Wenn du beim Zuhören einen guten Gedanken für dich gefunden hast, dann kannst du den Rest der Predigt schlafen.“ Was für die Zuhörenden gilt, kann ich auch als Prediger beherzigen: Ich muss nicht alles perfekt, vollständig, durchgestylt, makellos vorbereitet und durchgeführt haben. Natürlich soll ich nicht die Hände in den Schoß legen, sondern alle Möglichkeiten und Mittel anwenden, um mit Gott mitzuwirken. Zugleich ist das Wichtigste: mich selber ganz in den Dienst Gottes und der Menschen zu stellen, in der Weise, wie es nur mir möglich ist, d.h. als der, der ich bin. Johannes Herz SJ 19 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN © KNA-Bild

Die Heiligen sprechen lassen „Es ist ein wundervolles Erlebnis, einen neuen Heiligen zu entdecken.“ So schrieb vor einem halben Jahrhundert der Trappist Thomas Merton. Mir haben diese Worte so gefallen, dass ich sie mir gemerkt habe. Vor allem, weil ich damals bereits erfahren hatte, dass die Entdeckung eines Heiligen, den ich vorher nicht kannte, oder treffender, die „Begegnung“ mit ihm (oder ihr) tatsächlich ein tolles Erlebnis ist. Solche „Begegnungen“ haben meinem Leben manches Mal eine neue Wendung gegeben. Mein Eintritt in die Congregatio Jesu (CJ) stand in Zusammenhang mit der „Begegnung“ mit Ignatius von Loyola. Im englischen Jesuiten Robert Southwell fand ich in meinem Noviziat und noch lange darüber hinaus einen inspirierenden Gefährten. Zu meinem jüngsten Weg von der akademischen Forschung und Lehre zur Fortbildung des pastoralen Personals von vier Diözesen trug die „Begegnung“ mit dem Jesuiten Alfonso Salmerón nicht wenig bei. Welche Rolle spielten Predigten für diese „Begegnungen“? Keine. Das heißt aber nicht, dass ich es nicht trotzdem sinnvoll fände, dass mehr über Heilige gepredigt würde. Die Frage ist nur wie. Um diese etwas paradoxe Aussage zu erklären, muss ich zunächst erzählen, worin denn die für mich so wichtigen „Begegnungen“ mit den drei genannten, aber auch weiteren Heiligen bestanden. Ignatius „begegnete“ ich zum ersten Mal, als ich den Pilgerbericht las, den mir eine Provinzoberin der Congregatio Jesu geschenkt hatte. Ich las ihn so intensiv, dass ich ihn fast auswendig hätte nacherzählen können. Mit Southwell kam ich in Kontakt, als ich im „Canisius“ (der damaligen Zeitschrift der Norddeutschen Provinz) sein Gedicht „The Burning Babe“ las. Im Postulat studierte ich dann eine Sammlung von Gedichten von ihm, von denen mich fast alle sehr ansprachen. Salmerón kannte ich natürlich vom Namen her als Gefährten des Ignatius. Zu einer intensiven „Begegnung“ aber kam es erst, als ich in Sankt Georgen an einem Forschungsprojekt über seine Exegese mitwirkte und mich mit seiner Biographie und seinen Schriften näher befasste. An ihm gefiel mir, dass er zwar einer der bedeutenden Theologen seiner Zeit war und am Ende seines Lebens einen großen Kommentar zum Neuen Testament schrieb, aber bis dahin kaum Vorlesungen hielt und fast nichts veröffentlichte, weil er Zeit seines Lebens allen Interessierten in öffentlichen 20 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Es ist sinnvoll, wenn mehr über Heilige gepredigt wird.

Lesungen die Heilige Schrift erklärte. Was heute nicht leicht möglich ist, akademische Theologie auf hohem Niveau vor allem als angewandte Theologie zu betreiben, war für ihn selbstverständlich. In meinem Weg von der Hochschule in die Fortbildung war und ist er mir Vorbild, und ich denke manchmal, dass ihm meine jetzige Tätigkeit vermutlich besser gefällt als die frühere, als ich noch über ihn geforscht habe. Alle meine wichtigeren „Begegnungen“ mit Heiligen haben eines gemeinsam: dass ich über ihre Schriften mit ihren Gedanken und Gefühlen in Kontakt kam. Was zu mir kam, war nicht etwas über sie, sondern von ihnen. Das ist es, was mich berührt hat. Kein Wunder, denn wir lernen ja auch in dieser Welt Menschen kennen, indem sie uns von sich erzählen und über ihren Weg und ihre Erfahrungen sprechen. Über die Kenntnis des Geburts- und Sterbedatums und eine Aufzählung der wichtigsten Stationen im Leben ist vermutlich noch keine Freundschaft entstanden. Warum aber sind es dann oft einzig jene Daten zu den Tagesheiligen, die im Gottesdienst verkündet werden? Ich würde mir wünschen, dass die Heiligen selbst zu Wort kommen, das, was sie berührt und bewegt hat. Denn das ermöglicht eigentlich erst das wundervolle Erlebnis, einen neuen Heiligen zu entdecken. Igna Kramp CJ 21 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Pater Provinzial Stefan Kiechle SJ in St. Michael, München © SJ-Bild/Ender

Der eigenen Sehnsucht folgen Im Herzen jedes Menschen liegt seine ganz eigene Sehnsucht. Sie zu entdecken ist in jedem Leben ein großer Schritt nach vorne. Niemand hat sich diese Sehnsucht selbst gemacht. Sie ist ein persönliches Geschenk, das unser Handeln von innen her bestimmt. Diese persönliche Sehnsucht können wir nicht durch Gedankenspiele ergründen, aber wollen uns doch von ihr leiten lassen. Kein Fremder kann sie mir wie ein Geheimwort zuflüstern. Besonders ist die Sehnsucht für gläubige Menschen die persönliche Richtungsweisung Gottes im Leben. Wie kann ich ihr auf die Spur kommen? Gute Erfahrungen habe ich am Anfang von Exerzitien damit gemacht, nach dem Ärger der TeilnehmerInnen zu fragen oder, wenn jemand keinen Ärger kennt, darum zu bitten, auf die Auslöser ihrer Trauer zu schauen. In beiden Fällen sind sie von einer Situation betrübt, die ihrer Lebenssehnsucht widerspricht. So kann mit der Frage offen angesprochen werden: Wie sollte die Situation sein, mit der Sie zufrieden wären? Auf die erste wie auf die zweite Frage kann jeweils ein Bündel Antworten kommen. Gute Zuhörer und Zuhörerinnen helfen nach zentralen Schlüsselwörtern zu suchen, mit denen der Ärger oder die Traurigkeit und dann die Sehnsucht ausgedrückt wurden. Die Begleiterinnen und Begleiter spüren sofort, wenn die Übenden bei den vorgeschlagenen Schlüsselwörtern innerliche Widerstände spüren. Im nächsten Schritt werden sie aufgefordert, die vorläufigen Aussagen mitzunehmen und auf ihre Stimmigkeit zu prüfen. Die eigene Sehnsucht führt oft mehrere Aspekte zusammen. So können pauschale Aussagen vermieden werden und die Übenden können auch später an der Feinabstimmung arbeiten. Auch im Exerzitienbuch nutzt der Ignatius einen ähnlichen Einstieg in die Übungen. Er formuliert ihn in einem einfachen Gebet, was nicht jedem Übenden heute sofort möglich ist. Doch er ist noch einen Schritt weiter gegangen, der auch für uns sinnvoll ist. Versuchen wir einmal von der gefundenen Sehnsucht her nach dem Namen des Gottes zu fragen, der oder die uns unsere Sehnsucht mit auf den Weg gab. Hagar ist in der Bibel die erste Person, deren persönlichen Namen Gott ausspricht (Gen 16,8). Mitten im heftigen Ärger mit Sarei floh Hagar - verzweifelt und hochschwanger - in die für sie besonders lebensbedrohliche Wüste. Dort spricht sie Gott an: „Du, der Du nach mir schaust.“ Die Frau Abrahams hatte sich sehr abweisend ihr gegenüber verhalten, die den Kinderlosen einen Nachkommen schenken sollte. Mit diesem Namen Gottes und mit einer Verheißung konnte sie sogar wieder an ihren alten Platz zurückkehren und einen vitalen Sohn gebären, der der Vater des arabischen Volkes werden sollte. 22 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN GEISTLICHER IMPULS

Auch Mose lebt mit einer herausfordernden Sehnsucht. Er sucht sein Volk. Mose wurde als kleines Kind inmitten einer Vernichtungsaktion des Pharaos von einer von dessen Töchtern gerettet. Mit 40 Jahren fand er dieses Volk bei harter Fronarbeit, durch die es klein gehalten werden sollte. Vor Wut erschlug Mose einen der Peiniger. Ihm gelang die Flucht in die Steppe. Dort heiratete er und hütete das Vieh seines Schwiegervaters. Seinen Sohn nannte er Gerschom, Gast in der Fremde. Doch mit 80 Jahren machte er sich nochmals auf die Suche und ging über die Steppe hinaus (Ex 3) und bekam von Gott den atemberaubenden Auftrag, sein Volk aus der Knechtschaft zu befreien. Da fragte er ihn in seiner Not: „Wie heißt Du?“ Und er hörte: „Ich bin da und werde da sein. Das ist mein Name.“ Nun hatte er in ihm eine mitziehende Heimat gefunden. Diese Heimat ist jedem Menschen mit dem eigenen persönlichen Namen verheißen, mit dem wir uns auf den Weg machen. Eine junge Frau fand nach Ausgrenzungserfahrungen ihren Gottesnamen in den Straßenexerzitien: „Du, der (und später die) Du mich schön ansiehst.“ - Ich selber fand über meinen Wunsch nach Solidarität seinen Namen: „Du, der Du mit uns Menschen solidarisch bist“ – mitten in einer Gesellschaft, die so stark am Kapital orientiert und damit oft zutiefst unsolidarisch ist. Christian Herwartz SJ © muratart/shutterstock.com

NACHRICHTEN Neues aus dem Jesuitenorden Katholikentag in Leipzig „Seht da ist der Mensch“ war das Motto des 100. Deutschen Katholikentags vom 25. bis 29. Mai in Leipzig. Im Zentrum der Messestadt präsentierten sich rund 250 Organisationen auf der so genannten Kirchenmeile in kleinen und großen weißen Pagodenzelten den rund 40.000 Teilnehmern und Gästen dieses traditionellen katholischen Laientreffens. Unter dem Label „weltbegeistert“ waren erstmals in einer direkten Kooperation das Provinzialat und die Jesuitenmission aus Nürnberg vertreten. Thematisch stand der Auftritt unter dem Stichwort „Engagement für Flüchtlinge“. Koordiniert von Kathrin Prinzing und Thomas Busch (Öffentlichkeitsreferat), informierte ein Team überwiegend junger und kommunikativ engagierter Jesuiten und ihrer Mitarbeiter/innen und Freunde über die Flüchtlingsarbeit des Ordens. Dabei waren natürlich die Verantwortlichen des JRS als Experten besonders intensiv nachgefragt. Aber nicht nur im Zentrum der Messestadt waren Jesuiten zu finden: Auch die Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL) mit Thomas Gertler SJ war mit einem Stand präsent. Dazu kamen zahlreiche weitere bekannte Jesuitenpatres, die das Programm mit geistlichen Angeboten oder als gefragte Diskussionspartner auf Podien und in Gesprächskreisen bereicherten. Der nächste Katholikentag findet 2018 in Münster statt. 24 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN 100. Deutscher Katholikentag in Leipzig © SJ-Bild/Busch

JesWeb in Ludwigshafen Nach 11 Jahren kehrte die Arbeitsgruppe JesWeb (Webmaster und Online-Verantwortliche der Jesuiten) zurück, wo alles begann: in das Heinrich Pesch Haus in Ludwigshafen. Seitdem ist vieles anders geworden – die Zahl der Teilnehmer/innen hat sich auf rund 30 verdoppelt, und aus einer ursprünglich europäischen Gruppe ist eine Konferenz mit einem globalen Profil geworden: Internet-Experten aus den USA, Kanada, Australien, vom Pazifik und erstmals auch aus Indien und Nigeria zeigen, wie der Orden zu einem weltweiten Netzwerk zusammenwächst. Im Mittelpunkt der Arbeit standen auch diesmal der Erfahrungsaustausch und die gemeinsame Weiterbildung in Vorträgen und Workshops. Strategisch ausgerichtet ist die intensive Vernetzung mit anderen internationalen Arbeitsgemeinschaften wie zum Beispiel der Berufungspastoral. Und ganz aktuell war die Vorbereitung auf die MAGIS-Projekte beim Weltjugendtag in Polen und auf die 36. Generalkongregation im Oktober in Rom. Galt das Internet 2005 zum Teil noch als exotischer Zeitvertreib für „Nerds“, so hat sich seitdem doch die Überzeugung durchgesetzt, dass Internet und Online-Kommunikation unverzichtbare Bestandteile der Sendung des Ordens sind. 25 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN José De Pablo SJ (li.), Sekretär der Europäischen Provinzialskonferenz, und Flavio Emanuele Bottaro SJ, Italien, bereiten sich auf die Online-Kommunikation der 36. Generalkongregation vor © SJ-Bild/Benedikt Lavrih

Zurück nach Essen Ludger Hillebrand SJ und Lutz Müller SJ werden im September ihre Arbeit in der neuen Willkommenskommunität in Essen beginnen. Das Bistum stellt dafür ein leer stehendes Pfarrhaus zur Verfügung, unter dessen Dach dann nach der Renovierung die beiden Jesuiten gemeinsam mit einer Gruppe von acht Flüchtlingen leben werden. Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Provinz Die Weichen sind gestellt: Pater Adolfo Nicolás SJ, der Generalobere der Jesuiten, hat entschieden, dass die drei deutschsprachigen Provinzen sowie Litauen und Ungarn zu einer gemeinsamen Provinz zusammengeschlossen werden. Über den Zeitpunkt der Fusion soll der neue Generalobere entscheiden, der von der Generalkongregation im Oktober 2016 gewählt werden wird. Die Provinziäle aus den betroffenen Provinzen begrüßen diese Weichenstellung, weil es in zahlreichen Bereichen wie etwa der gemeinsamen Ausbildung oder der „apostolischen Zusammenarbeit“ bereits gute Erfahrungen der Kooperation gibt. Als einen ersten konkreten Schritt wird es ab September 2016 ein gemeinsames Noviziat in Nürnberg geben. Die „Amtssprache“ der neuen Provinz wird Deutsch sein. NACHRICHTEN 26 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Noviziat: Der ungarische Novizenmeister P. János Lukács (li.) im Gespräch mit seinem deutschen Amtskollegen Thomas Hollweck SJ © SJ-Bild/Ender

Die weltweite Gesellschaft Jesu in Zahlen Wenige Monate vor der 36. Generalkongregation wurde die aktuelle Statistik mit den Zahlen zur weltweiten Gesellschaft Jesu vorgestellt. Der Orden zählt (zum Stichtag 1.1.2016) weltweit 16.376 Jesuiten. Davon sind 11.785 Priester, 1.192 Brüder, 2.681 Scholastiker und 718 Novizen. Das bedeutet einen Rückgang von 351 Jesuiten gegenüber dem Vorjahr und bestätigt somit die Entwicklung seit den 90er Jahren. Das Durchschnittsalter beträgt 57,5 Jahre. Weltweit gibt es zurzeit 77 Provinzen, 4 unabhängige und 6 abhängige Regionen. Zu den afrikanischen Provinzen und Regionen gehören 1.596 Jesuiten (plus 16 im Vergleich zu 2015), zu den europäischen 4.420 (minus 172), zu den asiatischen mit Australien 5.614 (minus 27), zu den lateinamerikanischen 2.219 (minus 88) und zu den US-amerikanischen 2.527 (minus 80). Die Deutsche Provinz der Jesuiten zählt mit 356 Jesuiten 5 Mitbrüder weniger als vor einem Jahr. Konstant dagegen ist die Zahl der Novizen. In den Provinzen, die sich in Zukunft mit der Deutschen Provinz vereinigen werden, weist die Statistik folgende Zahlen aus: Österreich mit 67 Jesuiten, Ungarn 63, die Schweiz 53 und Litauen 36. Personalnachrichten Br. Michael Hainz ist von München nach Leipzig gewechselt. Er hat einen Lehrauftrag an der Evangelischen Fakultät der Universität und übernimmt die Verantwortung für das Wohnprojekt „Freiraum“. P. Stephan Kessler geht nach elf Jahren als Regens in Frankfurt – Sankt Georgen im September nach Köln und wird in St. Peter mitarbeiten. P. Hermann Kügler wird am 1. September 2016 die Leitung der „Offenen Tür“ in Mannheim von P. Lutz Müller übernehmen. Fr. Simon Lochbrunner ist von Pater General zum neuen Direktor des Gebetsapostolats in Deutschland ernannt worden und übernimmt im Herbst 2016 diese Aufgabe von P. Eckhard Bieger. Er wird dabei unterstützt von P. Nguyen Quoc Trieu, der ab September auch in der Jesuitenmission mitarbeiten wird. P. Clemens Maaß wird zum 31. Juli die Leitung der Katholischen Akademie Dresden abgeben. Am 1. September 2016 wird er neuer Leiter der „Orientierung“ in Leipzig. Zusammengestellt von Thomas Busch 27 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

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