Jesuiten 2016-3

Der Feind der menschlichen Natur „Der Feind der menschlichen Natur“. Klingt das nicht martialisch, antiquiert und hölzern? Feind und Kampf sind Ignatius nicht fremd. Er war höfisch gebildet und auch Soldat. Es waren schließlich die „feindlichen Kugeln“, die ihm das Knie zertrümmerten und seine Karriere zerschlugen. Da stand ihm das Schicksal „feindlich“ gegenüber, er hat es als Widersacher, als Durcheinanderbringer erlebt. Ignatius spricht in den Unterscheidungsregeln oft vom Feind, explizit vom Feind der menschlichen Natur. Wenn Natur das Geworden-Sein eines Menschen meint, dann gibt es nach Ignatius eine Kraft, die dieses menschliche So-Sein angreift, es zerstören will. „Nicht brauchen wir die Feinde von außen zu fürchten. In uns selbst ist der Feind eingeschlossen. Ein innerer Krieg wird täglich in uns geführt.“ (J. Cassian) Es gibt die Gegenkräfte in mir, die Vorurteile, Gedanken, Emotionen, die mich angreifen, abwerten und verwirren. Sie sprechen die Sprache der Gewalt und klingen oft glasklar, scharf und sachlich. Ignatius geht es in den Regeln um ein geistliches „Fein-Tuning“. Es gilt, die göttliche Frequenz im eigenen Leben immer sensibler wahrzunehmen. Dazu muss ich die inneren Störfrequenzen kennen, die den Gotteskontakt bedrohen. Dieses geistliche Feintuning ist nicht harmlos. Da wird hart um Frequenzen und hohe Einschaltquoten gekämpft. Ignatius hat auf seinem Pilgerweg nach und nach gelernt, wie sehr sein Wunsch, „Jesus nachzufolgen und den Seelen zu helfen“, mit egozentrischen, selbstherrlichen Vorstellungen vermischt war. Seine Konstruktion einer heiligen Lebensführung scheitert. Seine innere Stimmung kippt in massive Selbstabwertung und maßlose Skrupel. Alles steht auf dem Spiel, seine Gesundheit, seine Beziehungen, seine ganze Existenz. Ruinöse Selbstanklage hält ihn gnadenlos gefangen in narzisstischer Eigendrehung. Ein kluger Begleiter gibt den Anstoß. Er findet in sein Leben. Ignatius kennt die Versuchung, sich dem Hier und Jetzt zu entziehen, um in eigenen Gedankengebäuden und illusionären Idealen zu verharren. Mit dem Mut ehrlicher Selbsterkenntnis hört er die inneren Regungen, lauscht auf ihren Nachklang, denkt Gedanken zu Ende und verspürt, ob sie Gotteskontakt fördern oder eher behindern. Nicht „sich besser zu fühlen, sondern besser zu fühlen“(Simon PengKeller), steht im Fokus seiner Anweisungen. Immer deutlicher spürt er den inneren Kampf, die mühsame Auseinandersetzung und er lernt zu unterscheiden und zu entscheiden, wo er in seiner ganzen Person angegriffen wird, wo seine wunden Punkte liegen, wo sich alle guten Vorsätze ins Gegenteil verkehren und „der Feind der menschlichen Natur“ getarnt als „Lichtengel“ erscheint. Diese innere Aus8 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

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