Jesuiten 2016-3

Mein Feind 2016/3 ISSN 1613-3889 Jesuiten

Titelfoto: Kerzenlicht in einem Spalt der Berliner Mauer © DiaDienst Ausgabe September/2016 Jesuiten 1 Editorial Schwerpunkt 2 Der Feind in mir 4 Da lauert am Eingang die Sünde 6 Feindesliebe – zwischen Utopie und Überforderung 8 Der Feind der menschlichen Natur 10 Kieselhärte 12 Ich selber bin mein größter Feind … 14 Mobbing – da hört der Spaß auf 16 Feindbilder 18 Zwischen den Fronten 19 Gott – mein Feind 20 Angefeindet – Einsatz für den Schutz der Schwächsten Geistlicher Impuls 22 Kommt und seht! Nachrichten 24 Neues aus dem Jesuitenorden Personalien 28 Jubilare 28 Verstorbene Medien 29 Michael Bordt: Die Kunst, sich selbst zu verstehen Vorgestellt 30 Kirchenmusik in St. Michael in München 33 Autoren dieser Ausgabe Die besondere Bitte 34 Ego te absolvo 37 Standorte der Jesuiten in Deutschland

EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, haben Sie Feinde? Vielleicht werden Sie schnell abwiegeln und sagen, dass „Feind“ ein ziemlich starkes Wort sei und es nicht treffend beschreibe, wenn Sie an Ihre kleinen und großen Konflikte im Alltag denken. Und sowieso, gehört sich dies auch nicht für gute Christenmenschen, einen oder sogar mehrere Feinde zu haben … Aber vielleicht habe ich doch welche? Jemand, der mir Böses angetan hat und vielleicht wieder antun will. Jemand, mit dem ich nicht mehr reden kann und will. Jemand, den ich nicht mag. Jemand, dem ich nicht traue – und zwar, davon bin ich überzeugt, „zu Recht“ nicht? Es ist ja manchmal auch ganz hilfreich, eine alte Feindschaft gut zu pflegen und zu erhalten: Dann weiß ich, dass der oder die andere böse ist und ich eben gut. Dann fühle ich mich auf der richtigen Seite und sicher, und vor allem brauche ich mich nicht zu verändern. Dann sind die Fronten geklärt und ich (und auch mein Gegenüber) kann mich einrichten. Feindbilder erleichtern das so komplizierte Leben. Und ich kann mir auch noch einreden, dass ich um der Wahrheit willen den Feind, indem ich ihn bekämpfe, ja ganz christlich liebe … Letztlich stellt sich dann auch die umgekehrte Frage danach, wem ich zum Feind geworden bin. Denn dies scheint auf der Hand zu liegen: Habe ich Feinde, dann werde ich wohl auch eines anderen Feind sein. Nicht leicht, mir dies einzugestehen … Im Schwerpunktthema dieser Ausgabe geht es um Feindschaft. Dieses Phänomen hat eine zwischenmenschliche und spirituelle, aber auch eine gesellschaftliche und politische Bedeutung. Unter verschiedenen Aspekten möchten wir zu einer Reflexion des Themas einladen, mit Autoren, die aus ganz unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsbereichen kommen. Auch unser geistiges Erbe als Jesuiten kann viel zu dem Thema beitragen. Wie kann man mit Feindschaften, ohne sie gleich zu verteufeln, kreativ umgehen? Wie können wir in Spannung und doch versöhnt miteinander leben? Wenn Sie durch die Lektüre ein klein wenig mehr zu einem guten Miteinander und zum Frieden finden, hat diese Ausgabe ihren Zweck schon erreicht. Mit dem Thema Feindschaft haben sich auch Schülerinnen und Schüler eines Theaterkurses der Sankt Ansgar Schule in Hamburg auseinandergesetzt. Die dabei entstandenen Bilder begleiten Sie durch unser Schwerpunktthema. Wir wünschen Ihnen, durch die Lektüre den einen oder anderen Perspektivwechsel, auf sich selbst und die Menschen in ihrem Leben! Clemens Kascholke SJ Björn Mrosko SJ 1 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

Der Feind in mir Lüneburg, am 21. April 2015. Vor der vierten großen Strafkammer beginnt einer der letzten Auschwitz-Prozesse. Angeklagt ist der 93-jährige Oskar Gröning, der von 1942 – 1944 in AuschwitzBirkenau tätig war. Er arbeitete an der Rampe, entwendete den ankommenden Häftlingen ihr Gepäck, nahm ihnen ihr Geld und brachte es zur SS nach Berlin. Unter den 60 Nebenklägern, zumeist Holocaust-Überlebende und Angehörige der Opfer, ist auch Eva Maria Kor. Im Mai 1944 wurde sie mit ihren Eltern und drei Schwestern ins Konzentrationslager verschleppt. Nur sie und ihre Zwillingsschwester Miriam überlebten – trotz der grausamen Experimente, die der Lagerarzt Josef Mengele an beiden durchführte. Bis heute weiß sie nicht, welche Mittel ihr damals injiziert worden sind. Ein Tag später. Eva Maria Kor tritt auf. An ihrer Aussage werden sich später manche stoßen und mit Empörung reagieren. Sie erzählt, sie habe abseits der großen Öffentlichkeit dem Angeklagten die Hand zur Versöhnung gereicht. „Ich habe den Nazis vergeben“, sagt sie von sich, auch wenn ihre Vergebung die Täter nicht freispreche. Es ist nicht nur Kors öffentliche Inszenierung und ihre aufdringlich missionarische Haltung, die bei vielen Befremden hervorruft. Die öffentlich geäußerte Vergebungsgeste sei, so kritisieren manche, unanständig. Und wenn nicht unanständig, dann zumindest missverständlich, weil man die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer zum zweiten Mal zu Opfern mache: Wenn sie nicht in der Lage seien, mit dem ihnen zugefügten Leid versöhnt umzugehen, dann sei das ihr eigenes Problem. In einem BBC-Interview erklärt sich Kor ein paar Tage später. Es stimmt, sie habe allen Nazis vergeben, sagt sie, aber nicht, weil diese es verdient hätten, sondern weil sie selbst es verdient hätte. Jedes Opfer habe das Recht, sich von allem zu befreien, was ihm angetan worden sei. Ein freies Leben sei aber nur durch Vergebung möglich. Durch die Vergebung habe sie es geschafft, sich selbst die tägliche Last von Schmerz und Wut von ihren Schultern zu nehmen. Kor, so könnte man es ausdrücken, wollte sich nicht zum zweiten Mal zu einem Opfer machen lassen. Es reicht, was die Nazis ihr und ihrer Schwester, die 1993 an den Spätfolgen der Experimente gestorben war, angetan hatten. Sie wollte sich dadurch nicht ihr Leben zerstören und ihre Identität nehmen lassen. Und das wäre geschehen – und das geschieht bei jedem -, wenn sie ihr Leben in Schmerz, Hass und Wut verbracht hätte. Es stimmt: Hass und Wut zerstören nie das Leben des anderen, des Feindes, sondern zerfressen die eigene Seele, die 2 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016

eigene Identität. Der eigentliche Feind ist nicht immer ein anderer Mensch, der von außen in mein Leben einbricht, um mich zu quälen oder zu zerstören; er kann, selbst wenn der feindliche Mensch schon längst gestorben ist, in mir weiterleben und durch Hass, Ablehnung und Wut täglich neue Nahrung erhalten. Wenn wir Menschen in dem Maße eins mit uns und wir selbst sind, in dem wir lieben und bejahen können, dann ist der größte Feind derjenige, der uns zwingen will, ihn zu hassen. Nicht so sehr den Feind, den Hass muss man bekämpfen. Gegen ihn gibt es nur ein wirksames Mittel: die Vergebung. Ein Mittel freilich, das oft nur mühsam und durch ein schmerzhaftes Erleiden des eigenen Hasses, der eigenen Wut, zu haben ist … Wenn es im Evangelium heißt, dass wir unsere Feinde lieben sollen, dann geht es dabei vielleicht weniger um den Feind als vielmehr um uns selbst. Nur durch Feindesliebe – und das bedeutet, nur durch Vergebung – können wir unsere Identität schützen und bewahren. Können wir zu dem werden, der wir sein möchten. Zu jemanden, der ohne innere Grenzen lieben kann. Michael Bordt SJ 3 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND Eva Maria als Kind in Auschwitz, wo die meisten ihrer Familie in der Gaskammer ums Leben kamen. Auschwitz-Überlebende Eva Maria Kor gibt dem ehemaligen SS Oskar Göring die Hand. Foto: Archiv © EPA/Markus Goldbach

4 Da lauert am Eingang die Sünde Kain und die Urpsychologie der Feindschaft Das Buch Genesis erzählt scheinbar einfache Geschichten, die sich jedoch in komplexen Metaphern tief verborgenen Lebensrealitäten nähern. Nach der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau und nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies erkennt Adam, „Mensch“, Eva, „Leben“, und sie gebiert Kain und Abel. Die ersten Zeugungen der Menschheit enden in der ersten Tötung. Der erste Tod in der Bibel ist gewaltsam, noch dazu zwischen Brüdern, von gleichem Bein und Fleisch. Von der Einheit zwischen Mann und Frau zur Entzweiung zwischen Mann und Mann. Das Thema zwischenmenschlicher Verfeindung betritt die Bühne der Bibel dort, wo es am meisten schmerzt: zwischen Menschen, die einander vom Mutterleib her nahe sind. Das Thema bleibt aber noch bescheiden, hintergründig. Die Worte „Feind“ oder „hassen“ finden sich nicht. Es genügt die Emotion („es entbrannte ihm“) und die Tat („er erschlug ihn“). Dazwischen steht eine dicht metaphorische Psychologie der Gewalttat. Auf Kains „Entbrennen“ hin versucht die göttliche Stimme eine therapeutische Intervention. Gott verbalisiert Kains Emotionen: „Für was entbrennt es dir, und warum fällt dein Gesicht?“ Die Spannung zwischen dem inneren Entbrennen und dem äußerlich verfallenen, gesenkten Gesicht, das sich dem Ausdruck verschließt, birgt Dynamit. Das hebräische Fragewort „für was“ (lamma) fragt janusgesichtig sowohl nach der Ursache („warum?“), über die Kain nachdenken soll, als auch nach der letzten Konsequenz („wozu?“), die bald tragisch deutlich werden wird. Die Gottesstimme schürft in hebräischer Knappheit noch tiefer, hier ausdeutend paraphrasiert: Ist es etwa nicht so? Wenn du gut handelst, kann sich dein Gesicht erheben, kommunizierst du offen und frei. Wenn du jedoch nicht gut handelst, dann wartet am Eingang, an der Öffnung, am Ventil deiner zum Bersten geladenen inneren Spannung, die Sünde. Sie will dich begierig verschlingen. Du bist in Gefahr! Du musst sie beherrschen! Kain antwortet nicht. Sein Gesicht bleibt zum Boden hin begraben. Kain nimmt Abel mit aufs Feld und erschlägt ihn. Abel heißt „Hauch“. Kaum hat er die Bühne der Geschichte der Menschheit betreten, da ist sein Leben schon ausgeatmet. Zu Lebzeiten hatten wir kein Wort aus seinem Mund gehört, erst die Stimme seines Blutes schreit zu Gott vom Boden her. Das Urbild der Opfer von Gewalttat wurde tückisch in die Zone der Unhörbarkeit entführt. Der Ackerboden der Menschheit wird erstmals zur kontaminierten Landschaft, deren stummer Schrei das Unterbewusstsein der Menschheit quält. SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

Die Gottesstimme jedoch bleibt dem überlebenden Kain zugewandt. Er ist selbst zum Opfer geworden. Raubtierhaft, begierig, hat die Sünde ihn verschlungen. Er hat sie nicht beherrscht. „Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. Du hast mich heute vom Angesicht des Bodens verjagt, und vor deinem Angesicht muss ich mich verbergen; rastlos und ruhelos werde ich auf der Erde sein, und wer mich findet, wird mich erschlagen.“ Das „Gesicht“ enthüllt sich als Leitwort: Da Kain sein Gesicht vor seinem Bruder verborgen hat, fühlt er sich nun vom Angesicht Gottes und der Erde vertrieben. Jedoch, wie Gott Adam und Eva vor der entdeckten Nacktheit schützte und sie mit Fellen bekleidete, so schützt er nun Kain mit einem Zeichen, damit er nicht erschlagen werde. Seither lebt die Menschheit, vom Mutterleib des Lebens, Evas, her geschwisterlich verbunden, mit der schrecklichen Möglichkeit zu töten, mit dem kauernden Raubtier am Ventil unverbalisierter Aggression. Seither bleibt uns nur, auf die geheimnisvolle, innere Stimme zu hören, und rechtzeitig das Gesicht zueinander zu erheben. Dominik Markl SJ 5 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND © Sankt-Ansgar-Schule / Kamphues

Feindesliebe – zwischen Utopie und Überforderung „In anderen Religionen wird ebenfalls geliebt. Aber die Liebe, die ich bei vielen Christen wahrnehme, geht über das Maß hinaus, auf das ein Mensch auch ohne Gott kommen könnte: Ihre Liebe macht keinen Unterschied“, schreibt Navid Kermani in seinem Buch „Ungläubiges Staunen“ über die christliche Liebe. Von dieser Liebe, die der Muslim Kermani als grundlegend für das Christentum betrachtet, lesen wir in der Bergpredigt. Jesus fordert dazu auf: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen” (Mt 5,44). Was hat es also auf sich mit der Feindesliebe? Und was soll an der Feindesliebe eigentlich so erstrebenswert sein? Eine Antwort auf diese Fragen fand ich vor einigen Jahren, als ich in Jerusalem war. Ich hatte mich mit Pater Doan, einem Mitbruder aus Vietnam, zum Kaffee verabredet. Eigentlich wollten wir ein Treffen mit ihm und einer Gruppe von Theologiestudenten vorbereiten. Doch dann kam alles anders. Pater Doan erzählte mir von seinem Leben. Es war im Jahr 1981. Vom Generaloberen unseres Ordens war er für eine neue Aufgabe nach Vietnam geschickt worden. „Was immer geschehen mag – vergiss nicht, dass du für die Sache Jesu lebst“, gab ihm Pater Arrupe mit auf den Weg. Für Pater Doan waren die Worte wie ein Vermächtnis. Eines Tages bekam er Besuch von Soldaten. Die Bibel wurde auf den Tisch gelegt und an der Stelle aufgeschlagen, wo Jesus zur Feindesliebe auffordert. „Glaubst du das?“, wurde Pater Doan angeschrien. „Ja“, war seine Antwort. „Wir bekämpfen unsere Feinde. Wir lieben sie nicht“, musste er sich ein weiteres Mal anschreien lassen. Pater Doan wurde verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Zwölf Jahre! … Ein Wort – zwölf Jahre Gefängnis. „Was immer geschehen mag, vergiss nicht, dass du für die Sache Jesu lebst.“ In dieser Gewissheit lebte Pater Doan. Bei unserem Treffen sagte er mir, dass er damals nie Angst hatte. Was ihn so ruhig sein ließ? „Die Gewissheit, dass Gott nicht nur mich, sondern auch die liebt, die mich hierher ins Gefängnis gebracht haben“, sagte er. Damals habe ich verstanden: Wem es geschenkt ist, gottbezogen zu leben wie Pater Doan, der erfährt, was Jesus in seinem Leben selbst erfahren hat, nämlich, dass die Liebe Gottes „keinen Unterschied“ macht, sondern allen gilt, auch den Sündern und Feinden. Das heißt nicht, dass Gott die Sünde deshalb gutheißen würde. Andererseits heißt dies aber auch nicht, dass den Sündern wegen ihrer Schuld die Zuwendung Gottes entzogen wäre. In einer zerrissenen Welt, wie die, in der wir leben, sind wir heute mehr denn je aufgerufen, uns der Liebe Gottes gegenüber zu öffnen, uns von ihr durchdringen zu lassen, damit Gott auch von unseren Feinden erfahren werden kann. Wilfried Dettling SJ 6 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

7 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND © Sankt-Ansgar-Schule / Kamphues

Der Feind der menschlichen Natur „Der Feind der menschlichen Natur“. Klingt das nicht martialisch, antiquiert und hölzern? Feind und Kampf sind Ignatius nicht fremd. Er war höfisch gebildet und auch Soldat. Es waren schließlich die „feindlichen Kugeln“, die ihm das Knie zertrümmerten und seine Karriere zerschlugen. Da stand ihm das Schicksal „feindlich“ gegenüber, er hat es als Widersacher, als Durcheinanderbringer erlebt. Ignatius spricht in den Unterscheidungsregeln oft vom Feind, explizit vom Feind der menschlichen Natur. Wenn Natur das Geworden-Sein eines Menschen meint, dann gibt es nach Ignatius eine Kraft, die dieses menschliche So-Sein angreift, es zerstören will. „Nicht brauchen wir die Feinde von außen zu fürchten. In uns selbst ist der Feind eingeschlossen. Ein innerer Krieg wird täglich in uns geführt.“ (J. Cassian) Es gibt die Gegenkräfte in mir, die Vorurteile, Gedanken, Emotionen, die mich angreifen, abwerten und verwirren. Sie sprechen die Sprache der Gewalt und klingen oft glasklar, scharf und sachlich. Ignatius geht es in den Regeln um ein geistliches „Fein-Tuning“. Es gilt, die göttliche Frequenz im eigenen Leben immer sensibler wahrzunehmen. Dazu muss ich die inneren Störfrequenzen kennen, die den Gotteskontakt bedrohen. Dieses geistliche Feintuning ist nicht harmlos. Da wird hart um Frequenzen und hohe Einschaltquoten gekämpft. Ignatius hat auf seinem Pilgerweg nach und nach gelernt, wie sehr sein Wunsch, „Jesus nachzufolgen und den Seelen zu helfen“, mit egozentrischen, selbstherrlichen Vorstellungen vermischt war. Seine Konstruktion einer heiligen Lebensführung scheitert. Seine innere Stimmung kippt in massive Selbstabwertung und maßlose Skrupel. Alles steht auf dem Spiel, seine Gesundheit, seine Beziehungen, seine ganze Existenz. Ruinöse Selbstanklage hält ihn gnadenlos gefangen in narzisstischer Eigendrehung. Ein kluger Begleiter gibt den Anstoß. Er findet in sein Leben. Ignatius kennt die Versuchung, sich dem Hier und Jetzt zu entziehen, um in eigenen Gedankengebäuden und illusionären Idealen zu verharren. Mit dem Mut ehrlicher Selbsterkenntnis hört er die inneren Regungen, lauscht auf ihren Nachklang, denkt Gedanken zu Ende und verspürt, ob sie Gotteskontakt fördern oder eher behindern. Nicht „sich besser zu fühlen, sondern besser zu fühlen“(Simon PengKeller), steht im Fokus seiner Anweisungen. Immer deutlicher spürt er den inneren Kampf, die mühsame Auseinandersetzung und er lernt zu unterscheiden und zu entscheiden, wo er in seiner ganzen Person angegriffen wird, wo seine wunden Punkte liegen, wo sich alle guten Vorsätze ins Gegenteil verkehren und „der Feind der menschlichen Natur“ getarnt als „Lichtengel“ erscheint. Diese innere Aus8 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

einandersetzung lohnt sich. Wenn ich um meine Kernverletzung weiß, meine Verwundbarkeit akzeptiere, die „Achillesferse meiner Seele“ kenne, werden mich weder Erfolg, noch Misserfolg, weder Schwäche noch Kraft aus der Bahn werfen. Indem ich die zerstörerischen Stimmungen wahrnehme und ans Licht bringe, gewinne ich Bodenhaftung und erfahre, dass die Gnade auf unserer menschlichen Natur aufbaut. Die bedingungslose Zuneigung Gottes, die Gnade ist für Ignatius ausreichend präsent, um „allen Feinden“ zu widerstehen: spürbar als der „gute Geist“; der nach Geduld, Trost, Hoffnung und innerem Frieden klingt, inmitten aller Turbulenzen. Ignatius gewinnt Mut zum Wagnis, Mut zur Freiheit, Mut zur Zuversicht. So kann er über die innere Natur staunen, wie über den Sternenhimmel. „Was ist das für ein neuartiges Leben, das wir jetzt beginnen?“ Gabriela Grunden 9 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND © Sankt-Ansgar-Schule / Kamphues

Kieselhärte Manchmal weiß mein Feind gar nicht, dass er (oder sie) mein Feind ist. Er fügt mir Schmerzen zu und merkt gar nicht, dass er mir Schmerzen zufügt. Ich stehe dann oft vor der Frage, ob es klug ist, meinem Feind zu zeigen, dass er mir wirklich weh tut – oder ob ich damit einen Fehler mache, weil ich ihm genau dadurch, dass ich ihm oder ihr meine Schmerzen zeige, das Futter gebe, das er braucht, um weiter zubeißen zu können. Mein Feind labt sich sozusagen an meinem Blut – deswegen gebe ich ihm keins. Ich mache mein Gesicht „hart wie einen Kiesel“ (Jes 50,7). Ich gebe meinem Feind nicht die Bedeutung in meinem Leben, die er vielleicht gerne hätte, und zeige ihm zugleich nicht, dass er zurzeit mehr Bedeutung in meinem Leben hat, als mir lieb ist. Mir geht es zum Beispiel schon oft bei Mails so: Ein Kollege, eine Angestellte, ein Vorgesetzter oder wer auch immer schreibt mir eine emotionale Mail, in anmaßendem Ton, mit Beschimpfungen oder Unterstellungen; ich kann die ganze Nacht nicht schlafen und wälze meine Gedanken, wie ich eine messerscharfe Mail zurückschreiben könnte. Oder im beruflichen Alltag: Eine Person intrigiert gegen mich, ich weiß es, und muss es dennoch für mich behalten, um Dritte zu schützen; jeden Morgen, wenn ich aufstehe, schleppe ich mich zur Arbeit, denn ich weiß, dass ich der Person begegnen werde und dann ein sachlich-freundliches Gesicht zeigen muss. Oder ein Geschäftspartner überzieht mich mit Klagen, um möglichst viel Geld aus mir herauszupressen; ich träume schon wochenlang vor dem Verhandlungstermin Alpträume über alles, was passieren kann und weiß, dass die unendliche Geschichte auch nach dem nächsten Verhandlungstermin weitergehen wird. „Kieselhärte“ des eigenen Gesichts in der Konfrontation mit meinem Feind ist für mich eine Form der gewaltfreien Kommunikation in einer anstrengenden, mir aufgebürdeten Konfliktsituation, der ich – aus welchen Gründen auch immer – nicht entweichen kann. Kieselhärte des Gesichts ist nicht aggressiv, sondern hält den Feind auf Distanz. Sie zermürbt den Feind dadurch, dass sie seine Aggression aushält, ohne zurückzuschlagen. Der Feind findet an mir seine Grenze. Das ist ein Dienst an ihm und oft auch an der ganzen Gemeinschaft, an dem ganzen Betrieb. Meine Erfahrung darüber hinaus ist: Im Aushalten des Feindes wachse auch ich selbst. Am Ende darf ich auf meine „Bedränger“ schauen, nicht hochmütig und besserwisserisch, sondern dankbar. „Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken.“ (Ps 42,12) Klaus Mertes SJ 10 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

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Ich selber bin mein größter Feind … … singen „Die Toten Hosen“, und sie erkennen es am Spiegelbild, „das alles nachmacht und nicht verschwindet“. Das erinnert an kleine Kinder, die hinter dem Spiegel nach der im Spiegel gesehenen Person suchen, die über das Imitationsverhalten des vermeintlich anderen Kindes irritiert sind und darauf ängstlich oder beschämt reagieren. Spätestens mit zwei Jahren ist diese Phase jedoch vorbei, die Kinder ‚identifizieren‘ sich mit dem Spiegelbild. Warum singen nun Erwachsene über diese kindliche Fremdheitserfahrung, die sie doch schon längst überwunden haben? Wahrscheinlich weil wir dieses Befremden angesichts unseres Spiegelbildes nie ganz loswerden. Wichtiger als spiegelnde Gegenstände aus Glas oder Metall, dessen glänzende, glatte Fläche unser Spiegelbild auf uns zurückwirft, sind andere Menschen als „Spiegel“. Der Kinderarzt und Psychoanalytiker Donald W. Winnicott bezeichnet den Blick der Mutter als „Vorläufer des Spiegels“: Das Kind erblickt im Gesicht der Mutter sich selbst. Ein Lächeln wird mit einem Lächeln beantwortet, ein Schmerz mit Schmerz oder Mitleiden der Mutter. Schon bevor mit den glänzenden Metall-, später Glasspiegeln auch das Wort ins Deutsche eindrang (speculum/-a, daher unser Wort „Spiegel“), nannten die Germanen diese merkwürdigen Instrumente Schattenschalen, Schattenbehälter (althochdeutsch scū-kar). Neben dem kosmetischen Aspekt hatte der Spiegel von Anfang an einen moralisch-symbolischen. Jemandem den Spiegel vorhalten heißt noch heute, ihn mit seinen Schattenseiten zu konfrontieren. C.G. Jung hat dem Schatten einen zentralen Platz in seiner Analytischen Psychologie gegeben, was insofern erstaunlich ist, als wir ihn ja bewusst eher peripher, im Rücken wahrnehmen. Den persönlichen Schatten, die Summe meiner ungelebten Möglichkeiten, der guten und der schlechten, der hellen und der dunklen, kann ich nicht abschütteln. Er ist gewissermaßen ein lästiger, mich verfolgender Doppelgänger auch dann, wenn ich ihn selbst gar nicht wahrnehme, schmerzlich aber, wenn mir jemand den Spiegel vorhält und mich mit meinen Schattenseiten konfrontiert, schmerzlich vor allem, wenn es die unangenehmen und peinlichen sind. Wir können durchaus sagen, dass mein persönlicher Schatten mein größter Feind ist. Wie also mit dem persönlichen Schatten umgehen? „Integrieren“, sagen manche, aber das ist zu leicht und wird der Hartnäckigkeit dieses Feindes nicht gerecht. Eher schon: ihn kennenlernen, um ihn so weit anzunehmen, wie mir das möglich ist. Wie geht das im Alltag? Es kommt vor, dass mir jemand den Spiegel vorhält, 12 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

mir so richtig die Meinung sagt. Wenn ich gut drauf bin, kann ich mir das Feedback anhören, ohne es abzuschmettern. Es gibt aber noch eine stillere und einfachere Methode, die sich das Phänomen der „Projektion“ zunutze macht (projícere „hinauswerfen“: ich werfe meinen Schatten auf andere und nehme ihn dort wahr). Die stille Schattenerkennungsmethode geht so: Ich nehme wahr, was mich an Menschen meiner Umgebung nervt, was ich ihnen immer schon einmal sagen wollte, wofür ich ihnen gern den Spiegel vorhalten würde … Ich muss mich dann nur noch fragen, inwieweit ich diese nervenden oder unangenehmen Eigenschaften habe, und schon bin ich dem eigenen Schatten auf der Spur, durch Rücknahme der Schattenprojektion. Es hilft, wenn ich Mt 7,5 bedenke und meditiere: „Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen“. Eckhard Frick SJ 13 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND © Sankt-Ansgar-Schule / Kamphues

Mobbing – da hört der Spaß auf Im Gespräch mit einem Tätertherapeuten Was genau ist Mobbing? Wie unterscheidet es sich von einem gewöhnlichen Streit? Mobbing ist ein Phänomen, das überall dort vorkommen kann, wo es Gruppen gibt – in der Schule, in Vereinen, Freizeitgruppen und am Arbeitsplatz. Betroffen sind alle Altersgruppen. Mobbing in den Neuen Medien und sozialen Netzwerken wird als Cybermobbing bezeichnet. Durch die neuen Formen digitaler Kommunikation in fast allen Lebensbereichen kommt dieser Art des Mobbings eine zunehmende Bedeutung zu – dabei trifft das Opfer besonders hart, dass einmal veröffentlichte Bilder, Kommentare oder Schmähungen nicht mehr aus dem Internet entfernt werden können. Streit zwischen Jugendlichen ist notwendig, um Grenzen sozialen Verhaltens auszuprobieren, den Status in einer Gruppe festzustellen oder gegenläufige Interessen miteinander zu vereinbaren. Er kann von den Jugendlichen oft selbst gelöst werden. Mobbing ist im Gegensatz dazu ein systematisches, vorsätzliches, regelmäßiges, dauerhaftes, schädigendes Verhalten gegen eine Person. Es basiert auf einem Machtgefälle zwischen dem Mobbenden und seinem Opfer, das diese Situation nicht alleine auflösen kann. Was können Sie uns über die Täter sagen? Ein Motiv für Mobbing ist, dass Gewalt grundsätzlich als Konfliktlösungsstrategie akzeptiert wird. Mobbende erleben Befriedigung aus der Dominanz über das Opfer und steigern so ihren Selbstwert. Eifersucht, Konkurrenz oder einfach nur Langeweile können weitere Gründe sein. Manchmal haben die mobbenden Personen selbst Erfahrungen als Mobbingopfer gemacht und versuchen durch den Wechsel auf die Täterseite ihre Angst vor weiteren Attacken gegen sich zu kontrollieren. Die Mobbingdynamik beinhaltet außerdem auch das Umfeld von Helfern und Möglichmachern. Die Helfer ahmen das Verhalten des Mobbenden nach und nehmen so auch an seinem Erleben von Macht und Stärke teil. Das Unrechtsbewusstsein darüber wird umso kleiner, je normaler der Akt des Mobbens ist, je häufiger dies geschieht und je größer die Gruppe der Mobber ist. Der mobbende Hauptakteur bezieht wiederum die Legitimation seines Verhaltens aus dem ihm/ihr helfenden Umfeld und der Tatsache, dass niemand dagegen etwas tut. Wie kann Mobbing gestoppt und wie können Gruppen vor Mobbingdynamiken geschützt werden? Mobbing hört nicht von selbst auf. Sobald Mobbing erkannt wird, muss zuerst der Täter gestoppt werden, wenn nötig auch durch Ausschluss. Meist ist dazu die Intervention Erwachsener notwendig. Dann kann dem Opfer zur Seite gestanden werden. Hier ist es wichtig, Jugendliche in ihrem Erleben ernst zu nehmen, das Mob- 14 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

bing als Unrecht zu bewerten und Schutz zu gewährleisten. Eine wichtige Rolle beim Beenden von Mobbing kommt dem Umfeld zu. Die mobbende Person benötigt für ihr Verhalten die Helfer und Möglichmacher. Sobald diese nicht mehr ihre Rollen erfüllen, sinkt die Motivation des Täters. Geschehen kann dies zum einen mit Konfrontationsgesprächen der verantwortlichen Erwachsenen mit der mobbenden Person, der gleichzeitigen Aufarbeitung in der Gruppe durch Aufklärung des Sachverhalts, der Diskussion über die Haltung zur Gewalt, Gruppengemeinschaft und Zivilcourage. Inhalt sollte hier auch sein, welche Folgen Mobbing für die Betroffenen haben kann. Präventiv ist das Thema Mobbing in Form von Projekten in den Gruppen gut vorzubereiten. Noch wichtiger erscheint jedoch, dass die verantwortlichen Erwachsenen solcher Gruppen durch Fortbildungen Kenntnisse über das Thema erhalten haben und die Kompetenz besitzen, Mobbing zu erkennen um im Bedarfsfall richtig intervenieren zu können. Uwe Ladleif arbeitet als Tätertherapeut mit grenzverletzenden Jugendlichen; u.a. berät er auch die ignatianischen Schulen und die KSJ Hamburg zur Gewaltprävention und Intervention. Die Fragen stellte Björn Mrosko SJ. 15 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND © Sankt-Ansgar-Schule / Kamphues

Feindbilder Feinde können bedrohlich sein. Feindbilder hingegen machen das Leben leichter. Einige Feindbilder haben Konjunktur: „der Islam“, „die Flüchtlinge“. Sie leugnen Vielfalt und verzerren die Wirklichkeit radikal: Völlig unterschiedliche Menschen werden in einen Topf geworfen, als „anders“ gekennzeichnet und mit negativen Bewertungen versehen. Unter dem Schlagwort „der Islam“ finden sich dann alle Muslime wieder – ob Schia, Sunna, liberal, konservativ – sowie alle, deren Name „irgendwie so klingt“ oder die „irgendwie so aussehen“, zusammen mit internationalen Terrorbrigaden. Dass viele von ihnen in Deutschland aufgewachsen sind, Christen oder aufrechte Atheisten sein mögen, oder vor eben solchen Terroristen geflüchtet sind, tut nichts zur Sache: Fakten und Differenzierungen kommen gegen Gruppenkonstruktionen kaum an. Dabei wissen die meisten Menschen aus Erfahrung, dass Vorurteile – sogar positive – kränkend sind: Wir wollen als Individuum wahrgenommen werden. Die Überzeugung von der Einzigartigkeit und dem Wert jedes Menschen ist in den Menschenrechten wie auch im christlichen Glauben verankert. Dem widerspricht es, Menschen pauschal auf eine Gruppenzugehörigkeit zu reduzieren. Alter, Bildung, Einkommen, politische Einstellung, Humor: Unterschiede innerhalb einer Gruppe und Gemeinsamkeiten zwischen Gruppen werden ignoriert. Dabei mag eine Berliner Frauenrechtlerin mit einer Anwältin aus Teheran spontan mehr Gemeinsamkeiten finden als mit einem Formel-Eins-Fan aus der sächsischen Schweiz. Eine niederbayerische Mutter hat sofort einen Draht zu einem jungen Afghanen gefunden, der auch aus einem Dorf in den Bergen stammt. Unsere Kategorien des „Fremden“ sind flexibel, ja willkürlich. Auch ohne Dämonisierung birgt die Fixierung auf „die Anderen“ für alle eine Gefährdung. Nachrichten über ein Prozent der Bevölkerung – die angekommenen Asylsuchenden im Jahr 2015 – und diejenigen, die gegen sie Stimmung machen, haben andere Themen in den Hintergrund gedrängt: die Schere zwischen Arm und Reich, Finanzkrise, Globalisierung, sexualisierte Gewalt in Familien oder den Hass auf Homosexuelle in manchen christlichen Kreisen, deutsche Waffenexporte und die Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Stimmen da die Maßstäbe noch, was für die Gesellschaft als Ganzes wirklich wichtig ist? Schusswaffeneinsatz gegenüber Flüchtlingen wird diskutiert, Empathie als emotionale Erpressung gebrandmarkt, die rassistische Beleidigung eines gebürtigen Berliners und Nationalspielers wird mit Einladungen in Talkshows honoriert. Dieses Diskussionsklima ermutigt jene zur Gewalt, die sich als „Vollstrecker“ einer schweigenden, aber vermeintlich zu- 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

stimmenden Mehrheit zu sehen. Die offiziellen Zahlen der vorurteils-getriebenen Angriffe sind höher als je zuvor, und sie werden immer brutaler. Aus den „Anderen“ wird schnell ein Feindbild, wenn die Grenzen zwischen Skepsis, Abwertung, Ausgrenzung und Gewalt fließend werden. In diesem verrohenden Klima hilft es, hin und wieder das „Autopilotprogramm“ des Gehirns auszuschalten, das unwillkürlich nach Bestätigung von Vorurteilen sucht und abweichende Informationen ignoriert – Nachrichten bewusst wahrnehmen und sich erinnern, dass es „die Anderen“ nicht gibt. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst arbeitet in Berlin mit jungen Syrern zusammen, die durch den Krieg persönliches Leid erfahren haben, und die trotzdem an der Vision des Friedens und des Miteinanders festhalten. Ihre Zuversicht und Initiative ist ein großes Geschenk. Wo immer wir heute Positionen erkennen, die der Ausgrenzung und Spaltung den Weg ebnen, müssen wir den Mund aufmachen. In jedem Dialog muss erkennbar bleiben, welche Positionen aus christlicher und menschenrechtlicher Sicht nicht verhandelbar sind. Dass die vermeintlich „Fremden“ tatsächlich unsere Nächsten sind, gehört dazu. Dorothee Haßkamp 17 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND © Sankt-Ansgar-Schule / Kamphues

Zwischen den Fronten Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst arbeitet im Libanon in einer Region, wo nur wenige andere Nichtregierungsorganisationen arbeiten wollen. Es handelt sich um eine Gegend, die als unsicher für Ausländer angesehen wird. Denn sie können schnell zu lukrativen Zielen für Entführer werden. Aber auch die Libanesen selbst meiden Baalbek. Der Libanon ist klar entlang religiöser Linien aufgeteilt oder besser gesagt: zerteilt – Christen und Muslime unterschiedlichen Bekenntnisses. Parallel und teilweise noch tiefer trennend verlaufen dazu die Zugehörigkeiten zu den politischen Parteien. Überall dazwischen leben die Flüchtlinge, und der JRS versucht, sie so gut es geht zu erreichen. Das bringt mich als deutschen Leiter des JRS Libanon zwischen alle Stühle – was aber nicht einmal eine unkomfortable Situation ist. Ich kann zumindest mit allen Seiten reden. Reden, ja, aber werde ich verstanden? Hoffentlich! Aber verstehe ich die Situation? Nur bedingt. Es gibt feine Regeln und Verhaltensweisen, die zu beachten sind. Kleinigkeiten können schnell zu Verstimmungen führen. Ich kann mich aus den religiösen und politischen Schwierigkeiten heraushalten, bin aber stark dem „Clash of Cultures“, dem Zusammenstoßen der Kulturen, ausgesetzt. In einer solchen Situation kann man nur arbeiten, wenn man gute lokale Mitarbeiter und Projektpartner hat, die sich in der Mitte bewegen. Mitarbeiter können wir gezielt rekrutieren und schulen. Aber mit Projektpartnern ist das schwieriger. Hier heißt es, Kompromisse einzugehen. Aber wie weit kann man gehen? Einerseits sind da die Flüchtlinge und andererseits die Geldgeber, die ihre Standards haben. Versteht der Partner, dass wir aus christlichen Werten heraus handeln und dass das Geld, das wir verwalten, das Geld der Armen ist? Dass es nicht genug ist, wenn die Kinder zur Schule gehen, sondern dass es auch wichtig ist, dass der Unterricht ohne Gewalt verläuft? Dass es unethisch ist, wenn wir Geld von den Flüchtlingen annehmen? Dann erlebe ich auch den Luxus, dass ich immer nur für einige Stunden dort bin. Schwieriger ist es für meine Projektleiterin, die täglich ihren Weg finden muss – und ihn auch findet. Meine Rolle ist, ihr bedingungslos den Rücken zu stärken. Ich nutze meine Autorität – auch die als Priester. Es muss sein. Ein weiterer Kompromiss. Zum Glück bekomme ich genug Rückmeldungen, so dass ich nicht den sicheren Pfad verlasse. Aber all diese Schwierigkeiten sind nichts im Vergleich mit dem, was die Flüchtlinge aushalten müssen. Stefan Hengst SJ 18 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

Gott – mein Feind Zwei, die miteinander ringen, sind sich sehr nah, ob sie das wollen oder nicht. Auf vielerlei Weise nimmt mich die – wenn auch ungewollte – Beziehung zu einem, der mein Feind ist, in Beschlag. Eine Feindschaft zu ‚pflegen‘, kostet viel Kraft und Energie, körperlich und mental. Im Alten Testament wird von einem Ringkampf erzählt, in dem Jakob eine ganze Nacht lang mit einem Mann ringt, den er später als Gott selbst identifiziert. Diese Begegnung, diese ausgetragene Feindschaft, verändert Jakob sehr stark. So stark, dass der, mit dem er ringt, ihm einen neuen Namen, eine neue Identität gibt: Israel, Gottesstreiter. Das Streiten mit Gott wird zum Identitätskennzeichen. Und damit ist letztlich auch die Gottesbeziehung des Israel bezeichnet. Wenn ich mit jemandem eine Feindschaft austrage, dann bin ich mit ihm in Beziehung. Ich stelle mich ihm und fliehe nicht. Ein Grund dafür, mich einer Beziehung nicht zu stellen, sondern die Flucht zu ergreifen, kann die urmenschliche Empfindung der Scham sein. Es ist das Gefühl des ‚Ich bin nicht gut genug‘. Es ist die Angst, es nicht wert zu sein, geliebt zu werden, mit Anderen verbunden zu sein, dazuzugehören. Und zwar weil ich etwas getan habe oder nicht geschafft habe zu tun, weil ich ein Ideal verfehlt habe, ein Ziel nicht erreicht habe. Gott kann dann zum Feind werden, wenn ich mich wegen falscher religiöser Ideale in dem Scham-Netz verfange, das mein Denken und Fühlen womöglich schon seit Kindheitstagen beherrscht. Wenn meine alten SchamBotschaften, die ich einmal gelernt und internalisiert habe, sich auf meine Gottesbeziehung stürzen und sie mir kaputt reden: „Du hast es nicht verdient, dass Gott dich liebt. Du gehörst nicht zu denen, die eine Berufung haben. Das bist Du nicht wert.“ Was bleibt einem da anderes als die Flucht vor Gott? Wenn ich mich aus der Beziehung zu Gott zurückziehe und mit niemandem über das rede, was mich beschämt, dann verstärkt das die Scham. Sie isoliert mich, und so wird meine Angst, es nicht wert zu sein, in Beziehung zu stehen, bestätigt. Scham ist ein soziales Geschehen. Sie entsteht in Beziehungen. Und so heilt sie auch am besten in Beziehung. Indem ich darüber rede. Mit mir selbst, wenn ich darauf reflektiere, was passiert ist. Mit vertrauten Menschen, von denen ich weiß, dass sie mir mit Empathie begegnen. Und mit Gott. Und sei es zuerst in Feindseligkeit und mit dem Schmerz ringend. So wie Jakob, der am Ende des Ringens mit Gott sagt: „Ich lasse Dich nicht los, wenn Du mich nicht segnest.“ Gunnar Bauer SJ 19 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

Angefeindet – Einsatz für den Schutz der Schwächsten Nein – auf Anhieb fallen mir keine Menschen ein, die ich als Feinde bezeichnen würde. Mit Blick auf meine Arbeit als Präventionsbeauftragte und Geschäftsführerin einer Fachstelle für Kinder- und Jugendschutz im Erzbistum Hamburg eine sehr merkwürdige Überlegung. Ich hätte nie diesen Ausdruck für Menschen gewählt, die mir mit Widerstand begegnen oder diese als Widersacher in meiner Arbeit bezeichnet. Aber ja, ich erfahre Anfeindungen, weil ich für die katholische Kirche arbeite und mich in dieser für die Prävention von sexueller Gewalt einsetze. In meiner Arbeit in einem Themenfeld, was per se Widerstände und Ablehnung hervorruft, begegnen mir nicht nur Beschimpfungen von Betroffenen. Auch von Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche, Kollegen und Mitarbeitern, für die ein solches Geschehen in kirchlichen Institutionen unbegreiflich ist oder es einfach nicht wahrhaben wollen, begegnen mir offene Widerstände, Boykotte, ja auch Anfeindungen. Ich höre oft: „Aber, nehmen Sie das nicht persönlich. Sie sind nicht gemeint, ich bin nur so wütend.“ Aha, ich soll dann differenzieren, aber mein Gegenüber nicht? Angefeindet zu werden, ist dennoch eine sehr persönliche und verwirrende Erfahrung zugleich, gerade, wenn man sich für grundlegende Menschenrechte und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einsetzt. Ich fühle mich oft an eine autobiographische Beschreibung von Mary Robinson erinnert. Sie beschreibt ihre Irritation darüber, wie sie als Präsidentin von Irland während ihrer zwei Amtszeiten eine allseits geachtete und respektierte Persönlichkeit war, die ein Höchstmaß an Sicherheit genoss, aber in ihrer Position als UN-Hochkommissarin für Menschenrechte plötzlich in Situationen geriet, denen sie schutzlos ausgeliefert war. Sie geriet sogar vor Augen begleitender Sicherheitskräfte in Lebensgefahr, ohne dass diese eingriffen. Sie erlebte Anfeindungen und wurde auf unterschiedliche Weise in der Ausübung ihres Amtes blockiert. Wir wissen heute, dass der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen immer mit krimineller Energie verbunden ist. Diese ist manipulativ, destruktiv, verletzend, unheilvoll und führt zu einer Spirale der Gewalt. Diese ist der eigentliche Feind. Auch die Offenlegung von sexueller Gewalt in einer Institution, ist mit vielerlei Dynamiken verbunden und ruft negative Gefühle auf allen Seiten hervor. Ich musste in all dem lernen, mit Anfeindungen, Boykotten und Abwertungen umzugehen. Auch war es ein Lernprozess, die eigenen Gefühle der Verletzung, der Wut wahrzunehmen, zuzulassen und dem Impuls, sich zu wehren, nicht nachzugeben, stattdessen die Herausforderung anzunehmen, gedul20 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND

dig und beharrlich in der Sache bleiben. Das geht nur, indem es Verbündete gibt, mit denen gemeinsam nach Wegen der Veränderung und Aufarbeitung gesucht werden kann. Und – es geht nur in dem tiefen Bewusstsein, dass ich mich hier in den Dienst der Geringsten stelle, dass es mein Auftrag, vielleicht auch meine Berufung ist, an der wundesten Stelle der Kirche meinen Dienst zu tun. Auch wenn die gegenwärtige Gewaltspirale mich manchmal im eigenen Glaubensvollzug innerlich verstummen lässt. Fakt ist, ich setze mich für grundlegende Menschenrechte ein, nämlich die Würde und den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung von Schutzbefohlenen. Nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht muss ich mir eingestehen, dass dies auch Feinde macht. Mary Hallay-Witte Präventionsbeauftragte im Erzbistum Hamburg 21 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND Warum es Institutionen so schwer fällt, mit sexuellem Missbrauch umzugehen. In: Schweigebruch, hg. von M. Hallay-Witte und B. Janssen, Freiburg 2016, S. 136 ff. © Sankt-Ansgar-Schule / Kamphues

Kommt und seht! Mit dieser Einladung Jesu beginnt der Bericht über sein öffentliches Leben im Johannesevangelium. In einer Einführung (Prolog) wird vorher vom schöpferischen Wort gesprochen, dem wir in der Person Jesu begegnen. Ähnlich wie in den anderen Evangelien kommt dann Johannes der Täufer in den Blick. Eine Abordnung aus Jerusalem ist bei ihm und fragt: „Wer bist du?“ Mit einem Satz des Propheten Jesaja antwortet er: „Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft.“ Danach soll er seine Taufpraxis rechtfertigen. Jetzt wird der Text ganz aktuell: „Ich taufe mit Wasser“, sagt Johannes, „mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt.“ Das ist unsere Situation. Mitten unter uns lebt der Auferstandene, den wir in der Regel übersehen. Am nächsten Tag geht Jesus nochmals zu Johannes, der über ihn sagt: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt.“ Am dritten Tag wiederholt er diese Aussage. Zwei seiner Jünger hören dies und gehen Jesus nach. Er fragt sie: „Was wollt ihr?“ Die beiden antworten: „Wo wohnst du?“ Wohnen kann unterschiedliches bedeuten. Ich höre: „Wo ist dein persönlicher Schutzbereich, dein Lebensmittelpunkt?“ Luther übersetzt: „Wo bist du zur Herberge?“ Wir stellen uns in Mitteleuropa Wohnen meist nur in einem Haus – also mit einer Wohnadresse – vor. In unserer Rechtsordnung können Wohnungslose beim kleinsten Verdacht inhaftiert werden, da ihnen ein Gerichtstermin nicht zugestellt werden kann. Jesus antwortet mit keiner Ortsangabe, sondern lädt die beiden Männer zu sich ein: „Kommt und seht!“ Das ist ein großer Schritt, Fremde einzuladen und sie zu bitten, sich aufmerksam umzusehen. Nachdem Jesus die ersten Phasen seiner Menschwerdung in geschützten Räumen durchlief, spricht er jetzt diese Einladung aus. Ein neues Kapitel in seinem Leben ist aufgeschlagen. Wir müssen unser Schutzbedürfnis und das der Gemeinschaften, in denen wir leben, ernst nehmen und die dazugehörenden Räume des Vertrauens. Auch später zog sich Jesus in die Berge zurück, um die Einheit mit unserem Vater lebendig zu halten. Ebenso lädt er uns ausdrücklich zu diesem vor der Öffentlichkeit verborgenen Gespräch mit der Basis unseres Lebens ein. Doch wenn wir dem Auferstandenen in uns nicht das Wort verbieten, kann er uns auch spontan durch wildfremde Menschen einladen, diese Grenze zwischen öffentlich und privat zu überschreiten, in einer Notlage vielleicht oder aus einem Liebesimpuls heraus. Das Brotbrechen, dieses Teilen des Lebens, ist dann aus der Sicht vieler unvernünftig. Doch ist es gut, den inneren Impuls zu bemerken und ihm manchmal ohne langes Abwägen zu folgen. 22 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND GEISTLICHER IMPULS

Als die beiden Männer Jesus nachgingen, sahen sie vielleicht den Wegabschnitt, an dem Jesus Menschen begegnete. Lebte er dort vielleicht obdachlos? Die beiden blieben nur einen Tag. Doch dieser kurze Besuch hatte einschneidende Folgen für alle drei. Andreas, einer von den beiden, geht zu seinem Bruder Petrus und sagt ihm: „Wir haben den Messias, den Gesalbten, gefunden.“ Jesus ruft sie aus ihrem Alltag heraus und sie schließen sich ihm an. Mit der offenen Einladung – Kommt und seht! - tritt Jesus ins Licht der Geschichte und wir hören sein Wort. Der Same seiner Botschaft war in der verborgenen Zeit seines Lebens herangewachsen. Die beiden Jünger des Johannes öffnen uns mit ihrem Interesse ein neues Kapitel der Weltgeschichte. Wann und in welchen Schritten ist es uns möglich, Fremde zu uns einzuladen? Was werden sie sehen und mit welchen Menschen werden sie uns bekannt machen? Das Interesse der beiden Jünger des Johannes und die offene Einladung Jesu hatten überraschende Folgen. Auch wir werden von Jesus eingeladen, Schritte ins Leben zu gehen. Oft haben sie nicht vorhergesehene Folgen in unserer Beziehung zu anderen Menschen und zu Gott, der oder die mit uns solidarisch mitgeht. Jesus wurde mit der Auferstehung ein Teil unseres Lebens. Christian Herwartz SJ © baona/iStock.com

NACHRICHTEN Neues aus dem Jesuitenorden Priesterweihe in Innsbruck Am 17. September werden sechs junge Jesuiten in Innsbruck von Bischof Manfred Scheuer (Linz) zu Priestern geweiht: Markus Dreher (* 5. September 1975) aus dem württembergischen Bad Saulgau absolvierte 1995 das Abitur und war in der kirchlichen Jugendarbeit tätig. Bis 1996 betreute er Jugendliche mit schwierigem sozialem Hintergrund im Schloss Heudorf. Danach studierte er Physik an der Universität Konstanz und promovierte dort 2008. Daneben engagierte er sich in der katholischen Hochschulgemeinde. Nach dem Eintritt ins Noviziat der Jesuiten 2008 studierte er jeweils drei Jahre Philosophie in München und Theologie in London. Nach der Priesterweihe wird er ein Aufbaustudium im Bereich der Philosophie der Physik beginnen. Stefan Hofmann (* 8. Mai 1978) stammt aus Wackersdorf in der Oberpfalz. Auf das Abitur 1997 folgte der Zivildienst als BRK-Krankenpfleger in Schwandorf. Ab 1998 studierte er an der Uni Regensburg, absolvierte zwischenzeitlich einen Master der Philosophie in Steubenville (USA) und promovierte 2010 in Fundamentaltheologie. Von 2000 bis 2004 war er im Priesterseminar in Regensburg und trat dann 2010 in den Orden ein. Erfahrungen mit der Jugend sammelte er als Religionslehrer in Traubling sowie in der Jugendarbeit in Wien-Lainz. 2014 begann er ein Habilitationsstudium in Tübingen und wird dieses nach der Priesterweihe zum Abschluss bringen. Marco Hubrig (* 28. Februar 1981) wuchs in Dresden auf. Nach dem Abitur und dem Zivildienst im Internat der Dresdner Kapellknaben folgte ein Lehramtsstudium in Dresden sowie ein Theologiestudium in Erfurt und an der Gregoriana in Rom. Von 2004 bis 2010 war er im Priesterseminar der Diözese Dresden-Meißen, bevor er 2010 ins Noviziat der Jesuiten eintrat. 24 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND Markus Dreher SJ Stefan Hofmann SJ Marco Hubrig SJ

2012 war er zwei Jahre als Internatspädagoge im Aloisiuskolleg tätig. Seit 2014 absolviert er ein Aufbaustudium in Psychologie an der Gregoriana in Rom. Nach der Priesterweihe wird er das Studium zu Ende bringen und in der Seelsorge in Rom mitarbeiten. Simon Lochbrunner (* 3. November 1982) wuchs im schwäbischen Kirchheim auf und machte 2002 sein Abitur in Ursberg. Seit seiner Jugendzeit und bis zum Ordenseintritt 2008 arbeitete er auch im elterlichen Biohof in Derndorf mit. Von 2002 bis 2007 studierte er Theologie an der Universität in Augsburg, wo er von 2005 bis 2007 auch im Priesterseminar war. Nach dem Noviziat engagierte er sich in der Jugendarbeit in Hamburg (KSJ). Seit 2013 studierte er Pastoral Counseling in Chicago. Nach der Priesterweihe übernimmt er das Gebetsapostolat der Jesuiten in Deutschland und unterstützt den Novizenmeister in Nürnberg. Hans-Martin Rieder (*29. Juni 1980) war bis über sein Abitur hinaus in Straubing u.a. in der Katholischen Landjugend und in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert. Nach dem Wehrdienst studierte er Finanz- und Wirtschaftsmathematik an der TU München. Von 2006 bis 2009 arbeitete er im Risiko-Controlling der Bayern LB. Parallel dazu studierte er Philosophie an der Ordenshochschule in München. Im Herbst 2009 folgte der Eintritt ins Noviziat, anschließend ein zweijähriges Praktikum in St. Blasien. Das Theologiestudium absolvierte er von 2013 bis 2016 an der Gregoriana in Rom. Nach der Priesterweihe wechselt er als Kaplan nach St. Michael und zur KHG in Göttingen. Gemeinsam mit den fünf deutschen Jesuiten empfängt auch Robert Deinhammer aus der Österreichischen Provinz die Priesterweihe. Der 39-jährige gebürtige Salzburger und promovierte Jurist und Theologe war zuletzt im Theologiestudium in London. 25 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND Simon Lochbrunner SJ Hans-Martin Rieder SJ Robert Deinhammer SJ

36. Generalkongregation Am 2. Oktober beginnt in Rom die 36. Generalkongregation der Gesellschaft Jesu. Rund 200 Delegierte aus weltweit 77 Provinzen und 10 Regionen werden, wie es die Satzungen vorsehen, bei diesem höchsten Beschluss fassenden Gremium der Jesuiten Fragen von zentraler Bedeutung für das Selbstverständnis und die apostolische Sendung des Ordens beraten. Von besonderer Bedeutung wird die Wahl eines neuen Generaloberen des Jesuitenordens sein. Der amtierende Generalobere, Adolfo Nicolás, hatte bereits im Mai 2014 angekündigt, der Kongregation seinen Rücktritt vorzuschlagen. Damit wird nach dem krankheitsbedingten Amtsverzicht von Pedro Arrupe und dem ebenfalls altersbedingten Rücktritt von Peter-Hans Kolvenbach (2008) zum dritten Mal in der Geschichte des Ordens ein Generaloberer noch zu Lebzeiten abgelöst, obwohl die Wahl gemäß den Satzungen des Ordens auf Lebenszeit erfolgt. Weitere thematische Schwerpunkte sind voraussichtlich Fragen der Identität des Ordens und seiner Sendung in der Kirche von heute. Deutschland, Österreich und die Schweiz werden durch ihre Provinziäle vertreten sein – Bernhard Bürgler, Stefan Kiechle und Christian Rutishauser –, die Deutsche Provinz hat darüber hinaus zwei weitere Teilnehmer delegiert, Stefan Dartmann (Rom, Germanicum) und Johannes Siebner (Bonn Bad Godesberg). Dänemark Die Verantwortung für das Apostolat der Jesuiten in Dänemark ist am 31. Juli von der Deutschen Provinz auf die Nordpolnische Provinz übergegangen. Dies hatte der Generalobere mit einem Dekret am 8. April 2016 festgelegt. Am 5. September fand anlässlich der Übergabe ein Festakt NACHRICHTEN 26 JESUITEN n SEPTEMBER 2016 n MEIN FEIND Renovierung (Juni 2016) des Sitzungssaales für die Teilnehmer der 36. Generalkongregation © SJ-Bild

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