Jesuiten 2016-4

DER NEUE GENERALOBERE Padre Arturo: humorvoll, freundlich, kompetent Als ich Anfang der 90er Jahre zum Studium nach Venezuela kam, wurde heftig im ganzen Land über einen möglichen Militärputsch spekuliert. Als Neuankömmling fragte ich den landesweit anerkannten Politologen und meinen Kommunitätsoberen Arturo Sosa SJ nach diesen Putschgerüchten und bekam als Antwort: „Da gibt es eher einen Militärputsch in Deutschland als in Venezuela.“ Ich war beruhigt. Einige Wochen später fragte Arturo beim Abendessen in die Runde: „Wisst ihr, ob morgen eine Militärparade angesetzt ist? Da sind so viele Militärfahrzeuge auf den Straßen.“ Nach kurzem Nachdenken wurde diese Frage in der Runde verneint. Drei Stunden später, es war der 4. Februar 1992, wurden wir von Maschinengewehrfeuer geweckt. Unter Anführung des damaligen Oberstleutnants und späteren Präsidenten Hugo Chávez versuchten die Putschisten vergeblich, den Präsidentenpalast einzunehmen, der ca. 800m von unserer Kommunität entfernt ist. Gemeinsam mit Padre Arturo haben wir noch oft im Nachhinein über diese Geschichte gelacht. Das ist eine Charaktereigenschaft unseres neuen Pater Generals: Er hat Humor und kann auch über sich selbst lachen. Von 1991 bis 1997 lebte ich mit Padre Arturo in einer Kommunität in Caracas. In der Kommunität war er mein Oberer und im Sozialzentrum Centro Gumilla mein Chef. Während meines zweiten Aufenthaltes von 2000 bis 2007 in Venezuela war er die ersten Jahre mein Provinzial vor Ort, bevor er in Táchira die katholische Universität neu gründete und aufbaute. Arturo ist auf nationaler Ebene sehr bekannt und präsent in den venezolanischen Medien. Trotzdem ist er nie „abgehoben“, sondern blieb für alle immer Padre Arturo, ein Name, den er ja auch als Generalsobere der Gesellschaft Jesu behalten möchte. Er hat eine große Fähigkeit, mit anderen Menschen in Beziehung zu treten. Er lässt sich immer ganz auf sein Gegenüber ein, egal ob er mit unserer Köchin Mercedes Kochrezepte austauscht, mit dem Präsidenten der Republik hohe Politik diskutiert, dem Kleinganoven im Barrio ins Gewissen redet oder einen schwierigen Mitbruder besänftigt. Auch als Professor, Provinzial oder Universitätsrektor hat er den Kontakt zu den Armen nie abreißen lassen. Immer hatte er ein pastorales Standbein unter den marginalisierten Bewohnern der Barrios. Die Nähe zu den Armen, der Dienst am Glauben sowie die Förderung der Gerechtigkeit im Kontext der kulturellen Vielfalt durchziehen sein Leben. Das Thema seiner ersten Predigt als Generaloberer – „Glauben heißt: Das Unmögliche versuchen, das Unmögliche hoffen“ – hat er als Oberer, Werksdirektor und 24 JESUITEN n DEZEMBER 2016 n GENUG

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