Jesuiten 2017-1

AKTUELL 24 JESUITEN n MÄRZ 2017 n ÖKUMENE? Scorsese: „Silence“ Ein großartiger Kinofilm und ein noch besseres Gebet Es gab eine ganze Reihe an Gründen, warum ich es kaum erwarten konnte, „Silence“ endlich im Kino zu sehen: Spannung auf den neuesten Film von Martin Scorsese, einem persönlichen und professionellen Vorbild; Freude darüber, dass große Namen aus Hollywood Jesuitenpatres spielen; Neugierde auf das Ergebnis eines jahrzehntelangen Entstehungsprozesses. „Silence“ erzählt den Weg von zwei jungen Jesuiten, die sich auf die Suche nach ihrem verschollenen Novizenmeister machen. Nach Gerüchten, dass dieser vom Glauben abgefallen sei, lassen sie sich in das für Missionare geschlossene Japan schmuggeln. Dort begegnen sie der christlichen Untergrundkirche und erregen bald die Aufmerksamkeit der Religionsverfolgungsbehörden. Am Ende des Films saß ich beeindruckt und emotional tief bewegt im Kinosessel. Vielleicht gefällt mir „Silence“ deswegen so gut, weil er viel mit dem zu tun hat, wie ich bete. Auf mich wirkt der Film wie eine ignatianische Betrachtung. Der Stoff ist jesuitisch, und der Erzählstil unverkennbar ignatianisch. Die Geschichte wird behutsam und mit Sorgfalt erzählt. Glaube und Zweifel werden auf der Leinwand meditiert. Filmmusik kommt nur sehr zurückhaltend zum Einsatz, überlagert fast nie die Geräusche der Natur, sondern umrahmt sie. Alles ist darauf angelegt, den Zuschauer zu beteiligen. Dieser Eindruck ist nicht zufällig, denn Scorsese hat sich für diesen Film gleich von einem ganzen Team von Jesuiten beraten lassen. Die beiden Hauptdarsteller, Andrew Garfield und Adam Driver, haben sich besonders auf ihre Rollen vorbereiten. Für sieben Tage haben sie sich auf Ignatianische Schweigeexerzitien eingelassen. Eine Erfahrung, in der für Garfield die Glaubenssuche seiner Leinwand-Rolle immer mehr zur eigenen persönlichen Suche wurde. Scorsese erzählt ein historisches Drama, das die Frage nach dem Wesen Gottes nicht auslässt, sie aber auch nicht zu beantworten sucht. „Silence“ ist ein großartiger geistlicher Film, der zum Fragen, Betrachten und Beten auffordert. Leopold Stübner SJ

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