Jesuiten 2017-1

Die „Friedliche Revolution“ als Frucht der Ökumene Es ist der 9. Oktober 1989 in Leipzig. Die Lage ist angespannt, denn die SED plant die Demonstration im Anschluss an die Friedensgebete blutig niederzuschlagen. Trotzdem demonstrieren 70.000 Menschen und tragen zum Sturz des SED-Regimes der DDR bei. Ausgangspunkt dieser Bewegung waren die ökumenischen Friedensgebete seit Beginn der 80er Jahre. Zu einem Abend in der Katholischen Studentengemeinde kommt von der evangelischen Seite der damalige Superintendent und Pfarrer der Nikolaikirche, Friedrich Magirius, und von der katholischen Seite Dr. Georg Pohler, ein damals wie heute politisch engagierter Christ. An diesem Abend wird mir deutlich, dass im ökumenischen Diskurs zu oft die trennenden Elemente im Vordergrund stehen, jedoch selten, wie Ökumene gelebt und fruchtbar werden kann. Einige Wochen später erklären mir die beiden Herren, wie sie persönlich Ökumene zu Zeiten der DDR erlebt haben. Georg Pohler: „Als Christen litten wir unter der Ideologie des Staates, daher tat man sich mit Christen anderer Konfession zusammen, die in die gleiche Richtung dachten. Egal ob während der Schulzeit, während dem Studium oder im Arbeitsleben, haben sich die Christen gesucht. Wenn man sich zum Beispiel in einer Schulklasse als einzigen Katholiken sah, da tat es gut weitere Christen in der Klasse zu haben.“ Im Anschluss an den 2. Weltkrieg verhinderte das Regime Initiativen zur Versöhnung. Friedrich Magirius engagierte sich in den 60er Jahren bei Aktion Sühnezeichen und erfuhr, dass „das Regime keine Notwendigkeit zur Versöhnung mit den kommunistischen Ländern sah; wir waren ja alle schon Brüder. So organisierten wir ökumenische Sommerlager innerhalb der DDR, welche erste gelebte und konkrete Erfahrungen von Ökumene waren.“ Zu Beginn der 80er Jahre drängte es Christen zunehmend, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren. So entstanden ökumenische Arbeitsgruppen, die sich u.a. für Menschenrechte, Friedensdienst und Umweltverbesserungen einsetzten. Ab Ende 1982 begann die Friedensdekade in der Nikolaikirche. In der Friedensdekade wurde jährlich an zehn aufeinanderfol6 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2017 n ÖKUMENE? Gemeinsam als Gemeinschaft vorangehen und sich gegenseitig brüderlich stärken

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