Jesuiten 2017-2

Schauplatz Himmel „Den Schauplatz bereiten“, das ist eine Gebetsweise, die der Hl. Ignatius in seinen Exerzitien üben lässt. Worum geht es dabei? Ignatius will, dass ich mir die biblische Geschichte, die es zu betrachten gilt, so lebendig wie möglich ausmale. Eigentlich geht Ignatius noch weiter! Er lockt mich mit einer Tarnkappe auf die Bühne des erzählten Geschehens, damit ich unbemerkt alles möglichst direkt miterleben kann. Zuerst schaue ich mir die Szenerie an, ob Landschaft, Haus oder Raum, wo das Ganze spielt. Dann sehe ich mir Details genauer an, z.B. den Raum, in dem gleich der Erzengel Gabriel Maria fragen wird, ob Gott in seinem Heilsplan mit ihr rechnen kann. Ist es ein heller oder dunkler Raum, mit oder ohne Mobiliar? Ich sehe die beteiligten Personen, z.B. was Maria gerade macht, bevor Gabriel bei ihr eintritt. Ich schaue, wie Maria reagiert, und höre, was die beiden miteinander sprechen, und lasse alles auf mich wirken. Ignatius vertraut darauf, dass dieses Schauen innerlich Wirkung zeigt. Ich liebe diese Weise, die Bibel zu betrachten! Letztlich habe ich sie schon vor meiner Bekanntschaft mit ignatianischen Exerzitien praktiziert. Mein Aha-Erlebnis bestand darin, dass Ignatius diese Weise der Bibellektüre als Gebet gelten lässt. Wo ich vorher dachte, nun verlier dich mal nicht im Detail, da ermutigt mich Ignatius, meine Phantasie zu beflügeln. Doch so sehr ich dieses Vorgehen liebe – ein Schauplatz, den Ignatius in nicht nur einer Betrachtung bereiten lässt, stellt mich immer wieder vor eine große Herausforderung. Ich zögere, ihn auszumalen, weil es gar nicht so leicht ist, aber auch, weil ich ein Kind meiner Zeit bin: Ich meine den Schauplatz Himmel. In der „Betrachtung, um Liebe zu erlangen“, eine sehr wichtige Betrachtung im Exerzitienbuch, sagt Ignatius: „Sehen, wie ich vor Gott, unserem Herrn, stehe, vor den Engeln, vor den Heiligen, die für mich eintreten.“ (EB 323) Gewagt! Sehr gewagt, in einer Zeit, in der wir selbst an Kirchendecken keinen Himmel mehr wünschen. Jenseitsvorstellungen, wir fürchten sie als billige Vertröstung. Himmelsbilder, ein Ablenkmanöver, die Erde gilt es im Blick zu behalten. Meine innere Stimme als Kind des 21. Jahrhunderts rät mir: „Spar dir die Ausmalung! Ist nicht so wichtig, als überholte Bildwelt stehen lassen, sich auf den nachfolgenden Inhalt konzentrieren.“ Doch dann erinnere ich mich, dass ich meine Gelübde als Jesuit auch unter einem offenen Himmel abgelegt habe. Ich sagte damals für alle laut vernehmlich: „Ich gelobe feierlich dem allmächtigen Gott, vor seiner jungfräulichen Mutter, allen Heiligen des Himmels und allen Anwesenden beständige Armut, Keuschheit und Gehorsam.“ Wieder die ganze himmlische Corona! Also, meine Gelübdeformel ist mir für 22 JESUITEN n JUNI 2017 n JOSEF GEISTLICHER IMPULS

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