Jesuiten 2017-2

Frans van der Lugt Projekt in München Wer an einem sonnigen Tag im Hof der Flüchtlingsunterkunft in München-Ramersdorf auf einer Holzbank sitzt, wird freundlich gegrüßt von allen Bewohnerinnen und Bewohnern, die vorübereilen: Manche sind auf dem Weg zum Einkaufen, andere kommen gerade vom Sprachkurs zurück, eine Mutter hat ihr Kind von der Schule abgeholt. Mehrere Mädchen versammeln sich aufgeregt im Hof, weil es am Nachmittag zum Kletter-Spielplatz mit einem Verein aus der Nachbarschaft geht: „Diesmal schaffe ich es bis ganz oben!“, versichert ein mutiges Mädchen aus Afghanistan. Die Atmosphäre ist entspannt und freundlich. Das ist kein Zufall: Das Team des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes, der hier im Herbst 2016 die Asylsozialberatung für rund 160 Asylsuchende übernommen hat, bemüht sich, die Menschen miteinander und mit ihrer Umgebung in Kontakt zu bringen. In einer Lebenslage, die von Warten, existenzieller Unsicherheit und Fremdbestimmung geprägt ist, versucht das Team neben der eigentlichen Beratungsarbeit so viele Gestaltungsräume wie möglich anzubieten. Die Unterkunft selbst wird von der Landeshauptstadt München getragen. Einzelne Projekte, die zum Beispiel die kreative Bearbeitung der Fluchterfahrungen fördern, werden zudem vom katholischen Hilfswerk Misereor finanziell unterstützt. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (Jesuit Refugee Service, kurz: JRS) hat in München nun nicht nur neue Mitarbeitende und einen neuen Arbeitsbereich. Neu ist auch die enge Zusammenarbeit mit zwei anderen jesuitischen Werken: Mit der Hochschule für Philosophie München und dem dortigen Institut für Gesellschaftspolitik hat der JRS das „Frans van der Lugt Projekt“ gegründet. Benannt ist das Projekt nach einem 2014 im syrischen Homs ermordeten Jesuiten, der in der Region als Mann der Versöhnung und des Friedens galt. Das Projekt will nicht nur Kontakte zwischen Studierenden und Geflüchteten fördern, es soll auch den Erfahrungen und Anliegen von Flüchtlingen gesellschaftlich mehr Gewicht verleihen. So ist im nächsten Semester ein Seminar geplant, das untersucht, wie Geflüchtete ihre Teilhabe selbst gestalten. Schon die Fragestellung bricht mit der verbreiteten Wahrnehmung von Flüchtlingen als Menschen, die etwas „empfangen“ und „sich anpassen“ und schärft den Blick dafür, wie sie ihr Leben aktiv gestalten und was sie alles in die Aufnahmegesellschaft einbringen können. Der internationale Auftrag des Jesuit Refugee Service ist ein dreifacher: „accompany, serve, advocate“ – Flüchtlinge zu begleiten, ihnen zu Diensten zu sein und für ihre Rechte einzutreten. „In Deutschland ist der JRS seit langem stark in der Rechtshilfe 30 VORGESTELLT JESUITEN n JUNI 2017 n JOSEF

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