Jesuiten 2017-3

Ignatius, der Kardinalshut und die Kirchenpolitik Als sich im Sommer 1552 abzeichnete, dass Papst Julius III. dem Anliegen Kaiser Karls V. nachkommen würde und Franz Borja, einen Jesuiten aus dem spanischen Hochadel, zum Kardinal machen wollte, war für Ignatius sofort klar: Er würde alle Hebel in Bewegung setzen, um die Gefahr eines solchen Kardinalshutes zu verhindern. Sein beständiges Anliegen war es, „mit großer Sorgfalt die Ehrsucht auszuschließen, die Mutter aller Übel in jedweder Gemeinschaft.“ Die ersten Gefährten legten in den Ordenssatzungen fest, „keine Prälatur oder Würde zu erstreben noch der Wahl ihrer Person für ein derartiges Amt, soweit es an ihnen liegt, zuzustimmen“. Dennoch kamen Ignatius Zweifel, was den „Hut“ für Borja anbelangte. Neben dem befürchteten geistlichen Schaden kamen ihm auch andere, positive Gründe, die es nahelegten, nicht einzuschreiten. Der Brief an Borja, in dem er sein inneres Ringen offen mitteilt, berichtet detailliert: In seinem Anliegen zu finden, was mehr zur Ehre Gottes dienen würde, ließ Ignatius drei Tage lang Gebete halten und Messen feiern. Lange Zeit kommt ihm der Gedanke: „Was weiß da ich, was Gott unser Herr tun will?“ Erst am dritten Tag findet er „zu dem ruhigen und sanften Urteil, die Sache, soweit sie an ihm liege, zu verhindern“. Sonst könne er keine gute Rechenschaft vor Gott ablegen. Nach diesem Bericht formuliert Ignatius einen Gedanken, der mir für jede kirchenpolitische Polarisierung sehr hilfreich zu sein scheint. Er schreibt: „Gleichwohl hielt und halte ich fest: Wenn es der Wille Gottes ist, dass ich mich darin einsetze und sich andere für das Gegenteil einsetzen, so gäbe es keinen Widerspruch. Denn es kann sein, dass der gleiche göttliche Geist mich dazu aus den einen Gründen und andere aus anderen zum Gegenteil bewegt, so dass verwirklicht wird, was der Kaiser angezeigt hat: Gott unser Herr möge in allem tun, wie es immer sein größerer Lobpreis und Ruhm ist.“ Ignatius’ Deutung seiner Auseinandersetzung um den Kardinalshut hat kirchenpolitisch vermutlich nicht viel Aufsehen erregt. Sie würde auch heute nicht genügen, wenn es darum geht, die verschiedenen Auseinandersetzungen zwischen „progressiven“ und „konservativen“ kirchlichen Positionen geistlich anzugehen. Dennoch: Würde uns der Gedanke des Ignatius angesichts der einen oder anderen innerkirchlichen Polarisierung nicht gut anstehen? Stefan Hofmann SJ SCHWERPUNKT 15 JESUITEN n SEPTEMBER 2017 n POLARISIERT © jock+scott/photocase.com

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