Jesuiten 2019-1

Spitze Steinchen in den Seelenschuhen Kampfplatz Seele - auf einem Quadratmeter: Der Gebetsplatz des Ignatius von Loyola befindet sich direkt neben einem Loch im Boden seiner Zelle, das ihn in seiner Verzweiflung zum Suizid versucht: „Dabei hatte er nun viele Plagen mit Skrupeln auszustehen. Zwar war seine Generalbeichte … mit so viel Sorgfalt und sogar schriftlich … vorbereitet gewesen. Aber immer wieder glaubte er, einige Dinge nicht gebeichtet zu haben, und das bedrückte ihn sehr.“ So heißt es in seiner Autobiografie, im sogenannten Pilgerbericht (PB Nr. 22). Immer wieder geht er beichten, aber die Skrupel verlassen ihn über Monate hin nicht. Gibt es das denn heute noch? „Alle (!) machen Fehler! Ich nicht!“ Tragen die Abergeister von heute eher das Gewand von Unschuldswahn, fehlendem Sündenbewusstsein, ja von Skrupellosigkeit? Was sind Skrupel? Das lateinische Wort „scrupulus“ bedeutet „spitzes Steinchen“ – ein gutes Symbol für das stechende Gefühl der Angst und Unruhe aus übertriebener Genauigkeit heraus. Außerdem war ein Skrupel früher die kleinste Gewichtseinheit für Arzneimittel, ca. 1,25 Gramm. In der Seelsorge habe ich immer wieder Menschen getroffen, die sich Vorwürfe machten, dass sie im Rahmen der Krankheit, des Sterbens oder des Tods eines Angehörigen etwas falsch gemacht oder unterlassen hätten. Von außen war da kein Fehler zu erkennen, aber diese Menschen kamen von den quälenden Gedanken und Gefühlen nicht los: „Hätte ich doch …!“ „Hätte ich doch nicht …!“ Bedrückend – darin gefangen zu sein, etwas falsch gemacht, jemandem etwas vorenthalten zu haben, nicht noch sorgfältiger vorgegangen zu sein … 8 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2019 n ABERGEISTER

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