Jesuiten 2019-1

Ja, aber – Nein! Abergeister in der Jugend Wer bin ich? Wer will ich sein? Wer kann ich sein? Wer muss ich sein? Diese Fragen stellen sich gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders dringlich, geht es bei bedeutenden Entscheidungen im Leben doch um die eigene Identität. Bei meinen eigenen Überlegungen als junge Frau drückte sich die Suche nach der Lebensgestalt in folgenden Fragen aus: Möchte ich als Erzieherin arbeiten? Oder besuche ich noch die Berufsoberschule, um das Abitur nachzuholen? Möchte ich dann Psychologie oder Theologie studieren? In welche Lebensform werde ich gerufen: in eine Partnerschaft oder in eine Ordensgemeinschaft? Beim Abwägen der Vor- und Nachteile, beim Erspüren wohin es mich zieht, sind verschiedene Stimmen laut geworden, darunter auch die ABERgeister: Ja, aber du hast doch schon einen Beruf. Ja, aber was machst du dann mit dem Theologiestudium. Ja, aber du findest nicht den richtigen Orden. Ja, aber du willst dich doch nicht wirklich an einen Menschen binden. Das „Ja, aber“ scheint auf den ersten Blick noch zustimmend, doch im Grunde ist diese Aussage als „Nein“ gemeint. So kommt der ABERgeist daher: Zunächst bringt er mit dem „ja, aber“ begründete Einwände, jedoch mit dem Ziel, von den bisherigen Überlegungen weg zu führen oder eine Entscheidung zumindest unnötig zu verzögern. Ein weiterer übler, häufig auftretender und äußerst wirksamer ABERgeist ist das Vergleichen. Dieser macht einen durch das Vergleichen mit anderen, die vermeintlich kreativer, intelligenter oder liebenswürdiger sind, klein und hindert daran, den eigenen Weg weiterzugehen. Ablenkungen durch vermeintlich wichtige Tätigkeiten sind ebenfalls eine Erscheinungsform des ABERgeistes. Sie können die ernsthafte Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensfragen hervorragend verhindern. „Ich erlebe immer mehr Freiheit, wenn ich wirklich nur für den heutigen Tag, oder besser, für das sorge, was JETZT dran ist und dass es gut ist, auf die Gefühle zu achten und sich vom ABERgeist nicht zu oft ablenken zu lassen und diesen liebevoll anzuschauen, um besser zu verstehen, worum es wirklich geht.“ Diesen Tagebucheintrag habe ich auf meinem Pilgerweg auf den Spuren des Heiligen Ignatius in Spanien gemacht. Meine Erfahrung war, dass der ABERgeist seine hemmende Macht verliert, wenn ich ihn wahrnehme und sein Motiv durchschaue. Mit einem entschiedenem „trotzdem“ lässt er sich auch gut in die Schranken weisen. So habe ich mich dem ABERgeist zum Trotz dafür entschieden, das Abitur nachzumachen, 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2019 n ABERGEISTER

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==