Jesuiten 2019-1

z.B. bei den Cum-Ex-Geschäften, die den Fiskus um Milliarden Euro schädigen, durch das Ausnutzen von Schlupflöchern in Gesetzen die dahinterstehende Absicht in ihr Gegenteil verkehrt. Abergeister sind Teil menschlicher Strategien. Sie brauchen allerdings einen Nährboden, auf dem sie sich wohlfühlen. Der Umfang ihres Auftretens hängt in erster Linie vom „Betriebsgeist“ ab. Er entscheidet maßgeblich darüber, inwieweit sie durch geduldete Handlungsweisen legitimiert oder animiert werden. Besonders gut können die Dämonen in einem „Dasmachen-alle-so-Biotop“ gedeihen. Die fünf Versuchungen des Journalismus 1. Nicht frei zu sein Wer sagen will, was ist, muss frei sein: frei vom Druck, eine Geschichte schneller liefern zu müssen, als sie gut sein kann; frei von einer Meinung, auf deren Bestätigung die Recherche allein aus ist; aber auch frei vom anmaßenden Glauben an einen Journalismus, der frei ist von Subjektivität. 2. Bequem zu sein Die Suche nach dem was ist, ist anstrengend. Eine gute Erzählung allein ist noch kein Journalismus. Nur wer doppelt Fakten prüft, Gegenpositionen einholt, Plausibilitäten checkt, widersteht der Versuchung. 3. Zu nah dran zu sein Die Nähe zu den Mächtigen ist kein Selbstzweck. Nur wer sie nutzt, um Neues und Relevantes zu erfahren, betreibt Journalismus. Wer zu nah dran ist, sieht nicht mehr das Ganze. Nähe ist nötig, darf aber nicht in Abhängigkeiten führen. 4. Zu weit weg zu sein Internet und soziale Netzwerke gaukeln oft eine Nähe zu Menschen und Ereignissen vor, die gar nicht existiert. Guter Journalismus entsteht erst vor Ort und in echter Begegnung. 5. Nicht neugierig zu sein Journalismus fängt mit Neugier an. Nur wer wirklich sucht, kann etwas finden. Wer im immer gleichen Saft von Themen und Thesen schmort, der langweilt mit der Zeit. Stefan Leifert 3 JESUITEN n MÄRZ 2019 n ABERGEISTER

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