Jesuiten 2019-2

9 JESUITEN n JUNI 2019 n KIRCHE DER FRAUEN beteiligt an wichtigen Entscheidungsprozessen, kann gestalten und arbeite verantwortlich in diözesanen Projekten und Gremien mit. Über die wachsende Zahl an Frauen in kirchlichen Führungspositionen freue ich mich, das Einzelkämpferdasein der ersten Jahre hat ein Ende. Aber vielen Frauen geht es in der katholischen Kirche anders. Frauen wird „noch immer kein gleichwertiger Platz in der Kirche eingeräumt“. So lauteten die Rückmeldungen aus etlichen Ländern im Vorfeld der Jugendsynode im Vatikan. Es ist mir wichtig, mich für eine gerechtere Kirche einzusetzen. Als wirkungsvoll erlebe ich das Engagement in einem kirchlichen Mentoringprogramm für Frauen. Wo Frauen in Führung kommen, werden alte Muster unterbrochen. Bestimmte Themen werden nicht mehr nur von Priestern verhandelt. Gerade im Umgang mit der Missbrauchskrise erweist sich das als zwingend notwendig. In meiner Führungsrolle bin ich in den letzten Jahren noch wachsamer und kritischer gegenüber jeglicher Form von Machtausübung geworden. Wer leitet braucht Macht, muss aber auch sein Leitungshandeln kritisch reflektieren und hinterfragen lassen. Ich bemühe mich um einen vertrauensvollen, beteiligenden und verlässlichen Führungsstil. Zugleich möchte ich angesichts der weltweiten Fälle von Machtmissbrauch in der katholischen Kirche zu einem Weg der Erneuerung beitragen. So gestalten wir in unserem Bistum z.B. Modelle der geteilten Leitung. Männer und Frauen werden mit der Gemeindeleitung beauftragt. Grundlegend dafür ist eine „Kultur der Achtsamkeit und Beteiligung“, besonders im Umgang mit Macht. Selbst Kollegen sahen mich verwundert an. „Was? Du? Als Frau im Vatikan?“ Diese Frage begleitete mich als ARD-VatikanKorrespondentin nach Rom. Und sie sollte immer wieder auftauchen, bis heute. Auch als Chefredakteurin der Münchner Kirchenzeitung ernte ich bei anderen mitunter verwunderte Blicke. Viele Menschen reiben sich die Augen, wenn eine Frau in der katholischen Kirche in leitender Funktion tätig ist. Denn sie haben uralte Klischees und Vorurteile vor Augen. Dabei sieht die Realität doch schon lange anders aus: Vieles, was in der Kirche passiert, wird von Frauen gemacht, organisiert, mitgetragen. Ohne kirchlich engagierte Frauen würde die Kirche nicht existieren. Auch deshalb gehen Geistliche mit Frauen in Leitungspositionen in der katholischen Kirche viel entspannter um, als viele Menschen „draußen“ denken. Es ist nichts Ungewöhnliches: Im Erzbischöflichen Ordinariat in München sind bereits die Hälfte der Ressort-Chefs weiblich. Kardinal Reinhard Marx ist es ein Anliegen, Frauen zu fördern. Deshalb ist das Erzbistum München und Freising auch für mich ein Glücksfall. Mein Anliegen ist es, kirchliche Belange nicht nur aus gläubiger oder allgemein gesellschaftspolitischer Perspektive journalistisch aufzuarbeiten, sondern auch als Frau und Katholikin. Und so führe ich mein Team: Auf der einen Seite entschlossen agieren, situationsbezogen reagieren, und dabei auf jeden einzelnen Mitarbeiter eingehen, ihn nach seinen Stärken einsetzen. Woran es noch mangelt, und zwar überall, ist ein Netzwerk von Frauen, das sich gegenseitig unterstützt und nicht be- und verhindert. Denn nicht selten sind es Frauen, die andere Frauen am beruflichen Aufstieg hindern. Susanne Hornberger, Chefredakteurin der Münchner Kirchenzeitung

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