Jesuiten 2019-2

12 JESUITEN n JUNI 2019 n KIRCHE DER FRAUEN SCHWERPUNKT Frauen als Priesterinnen: Ein Gespräch über Gewohnheit und Gerechtigkeit Ansgar Wucherpfennig SJ: „Johannes Paul II. hat 1994 über Frauen im Priesteramt festgehalten: Die Kirche „nimmt für sich nicht die Vollmacht in Anspruch“, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen. Wenn ich es richtig verstehe, ist dies keine ausdrückliche Definition, sondern der Papst hat für die katholische Kirche eine Selbstbeschränkung festgehalten: Gott hat der Kirche bislang nicht die Vollmacht gegeben, Priesterinnen zu weihen. Kann und muss die Kirche dann nicht aber folgerichtig auch Frauen zu Weiheämtern zulassen, wenn sie den Eindruck gewinnt, Gott verleiht ihr die Vollmacht dazu? Pater Luis Ladaria SJ, Präfekt der Glaubenskongregation, hat die Gründe gegen die Priesterweihe von Frauen 2018 in einem Schreiben der Glaubenskongregation noch einmal wiederholt. Aber hilft das ständige Wiederholen der Argumente, wenn das Gespräch in vielen Teilen der Kirche schon lange darüber hinweg ist und die Gesellschaft darüber oft nur noch den Kopf schüttelt?“ Judith Borg: „Mich überzeugen diese Argumente nicht – und haben es auch noch nie. Mir fällt eine Karikatur ein, die ich letzte Woche auf Facebook gesehen habe: die drei Frauen, die Zeuginnen und Überbringer der Auferstehung, stehen vor eben jenen Aposteln, welche die Osterbotschaft bekanntlich für Frauengeschwätz hielten, und bekommen zur Antwort: „So Ladies, Danke fürs Überbringen der Nachricht – ab hier übernehmen wir!“ Die Karikatur trifft den Nagel der Kirchengeschichte auf den Kopf. Das Christentum war schon immer eine Frauenreligion – in der seit ihrer Institutionalisierung die geweihten Männer das Sagen haben. Die Frage nach der Weihe von Frauen ist keine theologische, sie war und ist eine Machtfrage.“ Ansgar Wucherpfennig SJ: „Warum tun sich aber dennoch nicht nur konservative Katholiken oft schwer mit der Vorstellung, dass eine Frau als Priesterin der Messe vorsteht? Ich vermute, das liegt auch an alt hergebrachten Archetypen: Paulus will seine Gemeinde wie eine Braut zu Christus führen und warnt sie davor, sich wie Eva verführen zu lassen. Die Kirche ist für Paulus selbstverständlich eine Frau, und Christus als Mann ihr Bräutigam, ergo, so ein gewohnter Schluss: Auch ein Mann muss Christus als Priester vertreten. Es bedarf neuer Erfahrungen, um solche Bilder umzuprägen. Neulich war ich in einem Kindermusical. Da wurde Christus bei seiner Kreuzigung von einem jungen Mädchen gespielt. Mit ihrem einfühlsamen Spiel hat sie die Gemeinde als Jesus überzeugt. Das hat meine Erfahrung von Christus bereichert. Wenn ein Kind im Schauspiel meinem Bild von Christus einen neuen Impuls geben kann, warum sollte das nicht auch gehen, wenn Frauen

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